Urteile
BGB § 489 Abs. 1
Eine Bausparkasse darf im Regelfall einen Bausparvertrag gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung (nunmehr § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB) nach Ablauf von zehn Jahren nach Zuteilungsreife kündigen.
BGH, Urteil vom 21. Februar 2017 – XI ZR 185/16 – (OLG Stuttgart)
Die Klägerin begehrt in der Hauptsache die Feststellung des Fortbestehens ihres Bausparvertrages.
Am 13.9.1978 schloss die Klägerin mit der Beklagten einen Bausparvertrag über eine Summe von 40.000 DM (= 20.451,68 €). In den dem Bausparvertrag zugrundeliegenden Allgemeinen Bausparbedingungen (im Folgenden: ABB) heißt es auszugsweise wie folgt:
„§ 1 Vertragszweck
(1) Zweck des Bausparvertrages ist die Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweitstellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser Allgemeinen Bedingungen.
§ 5 Sparzahlungen
(1) Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 4,2 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag). Er ist bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme am Ersten jeden Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.
(2) Sonderzahlungen sind grundsätzlich zulässig. Die Bausparkasse kann deren Annahme von ihrer Zustimmung abhängig machen.
(3) Ist der Bausparer unter Anrechnung von Sonderzahlungen mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig und hat er der schriftlichen Aufforderung der Bausparkasse, nicht geleistete Bausparbeiträge zu entrichten, länger als 2 Monate nach Zugang der Aufforderung nicht entsprochen, so kann die Bausparkasse den Bausparvertrag kündigen. …
(4) Ist der Bausparvertrag zugeteilt, so tritt an die Stelle des Rechtes der Bausparkasse, den Bausparvertrag zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13) oder bereitzustellende (§ 14) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen.
§ 12 Zuteilungsnachricht
(1) Die Zuteilung wird dem Bausparer unverzüglich schriftlich mitgeteilt mit der Aufforderung, binnen 4 Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Zuteilung annimmt.
(2) Der Bausparer kann die Annahme der Zuteilung widerrufen, solange die Auszahlung der Bausparsumme noch nicht begonnen hat.
§ 13 Bereithaltung der Bausparsumme
(1) Mit Annahme der Zuteilung stellt die Bausparkasse dem Bausparer sein Bausparguthaben und ein Bauspardarlehen in Höhe des das Bausparguthaben übersteigenden Teiles der Bausparsumme bereit.
(2) …
§ 14 Vertragsfortsetzung
(1) Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Bausparvertrag fortgesetzt.
(2) Setzt der Bausparer seinen Bausparvertrag fort, so kann er seine Rechte aus der Zuteilung jederzeit wieder geltend machen. …“
Gemäß § 6 Abs. 1 ABB ist das Bausparguthaben mit 3% p.a. zu verzinsen, gemäß § 20 Abs. 1 ABB ist das Bauspardarlehen mit einem Zinssatz von 5% p.a. zu gewähren.
Der seit dem 1. 4.1993 zuteilungsreife Bausparvertrag wies am 1.1.2015 ein Bausparguthaben in Höhe von 15.772 € auf. Am 12.1.2015 erklärte die Beklagte unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB die Kündigung des Bausparvertrages zum 24.7.2015.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Kündigung unwirksam sei, weil der Beklagten kein Kündigungsrecht zugestanden habe. Sie hat in der Hauptsache die Feststellung des Fortbestehens ihres Bausparvertrages begehrt. Ferner hat sie nach teilweiser Klagerücknahme die Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 € verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage mit Ausnahme eines Teils der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten stattgegeben und im Übrigen die Berufung zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Übertragung der Beseitigung des Bauwerkschadens auf Architekten
BGB § 307 Abs. 1 Satz 1
Die von einem Architekten als Allgemeine Geschäftsbedingung gestellte Vertragsbestimmung in einem Architektenvertrag:
„Wird der Architekt wegen eines Schadens am Bauwerk auf Schadensersatz in Geld in Anspruch genommen, kann er vom Bauherrn verlangen, dass ihm die Beseitigung des Schadens übertragen wird.“
ist wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 9. April 1981 VII ZR 263/79, BauR 1981, 395).
BGH, Urteil vom 16. Februar 2017 – VII ZR 242/13 – (OLG Oldenburg)
BGB §§ 634, 637, 281, 280 Abs. 1
a) Der Besteller kann Mängelrechte nach § 634 BGB grundsätzlich erst nach Abnahme des Werks mit Erfolg geltend machen.
b) Der Besteller kann berechtigt sein, Mängelrechte nach § 634 Nr. 2 bis 4 BGB ohne Abnahme geltend zu machen, wenn er nicht mehr die (Nach-)Erfüllung des Vertrags verlangen kann und das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist. Allein das Verlangen eines Vorschusses für die Beseitigung eines Mangels im Wege der Selbstvornahme genügt dafür nicht. In diesem Fall entsteht ein Abrechnungsverhältnis dagegen, wenn der Besteller ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck bringt, unter keinen Umständen mehr mit dem Unternehmer, der ihm das Werk als fertiggestellt zur Abnahme angeboten hat, zusammenarbeiten zu wollen.
BGH, Urteil vom 19. Januar 2017 – VII ZR 193/15 – (OLG Schleswig)
Soweit für die Revision von Interesse macht der Beklagte zu 2 widerklagend einen Kostenvorschuss für Mängelbeseitigungsarbeiten an einer Terrasse geltend.
Dem liegt der Bauvertrag vom 2./4. April 2008 über Terrassen- und Maurerarbeiten zwischen den Parteien zugrunde. Die zu verwendenden Platten für die Terrassenanlage sollten mit einer Spezialimprägnierung („Clean Top“) versehen sein, zudem sollten sogenannte „Lichtpunkte“ in die Pflasterung eingebaut werden.
Trotz dreier Nachbesserungsversuche gelang es der Klägerin nicht, die Arbeiten vertragsgerecht herzustellen. Zu einer Abnahme kam es nicht. Vielmehr lehnten die beklagten Eheleute mit Schreiben vom 30.10.2008 weitere Nachbesserungsversuche ab, verbunden mit dem Wunsch, das Vertragsverhältnis endgültig zu beenden. Zu diesem Zeitpunkt waren von ihnen bereits 25.000 € als Abschlag gezahlt worden. Unter dem 9. 12.2010 übersandte die Klägerin ihre Schlussrechnung über weitere 23.796,08 €. Die Beklagten verweigerten unter Hinweis auf erhebliche Mängel, die letztlich dazu führten, dass die Terrasse mit einem Aufwand von mindestens 41.013,60 € neu verlegt werden müsse, die Zahlung.
Die Klägerin hat mit der Klage Zahlung von 23.796,08 € von den Beklagten als Gesamtschuldnern begehrt, hilfsweise Zug um Zug gegen Beseitigung von Zementschleiern und Verfärbungen im Terrassenbelag. Der Beklagte zu 2 hat aus eigenem und abgetretenem Recht der Beklagten zu 1 widerklagend einen Kostenvorschuss in Höhe von 20.000 € verlangt. Für den Fall der Klageabweisung hat er Zahlung weiterer 5.000 € begehrt.
Das Landgericht hat die Klage gegen beide Beklagte abgewiesen und der Widerklage und Eventualwiderklage des Beklagten zu 2 in vollem Umfang stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Es hat die Revision zugelassen mit der Begründung, höchstrichterlich sei bislang ungeklärt, ob und gegebenenfalls in welchen Fällen vor Abnahme einer Werkleistung der Besteller Ansprüche aus den §§ 633 ff. BGB geltend machen könne. Die Klägerin hat gegen die Zurückweisung der Berufung hinsichtlich der Wider- und Eventualwiderklage Revision mit dem Ziel eingelegt, die Abweisung der Widerklage zu erreichen. Den Klageanspruch verfolgt sie in der Revision nicht mehr weiter.
BGB §§ 134, 817 Satz 2 Halbsatz 1; SchwarzArbG § 1 Abs. 2 Nr. 2
Ein zunächst nicht gegen ein gesetzliches Verbot verstoßender Werkvertrag kann auch dann nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG, § 134 BGB nichtig sein, wenn er nachträglich so abgeändert wird, dass er nunmehr von dem Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG erfasst wird.
BGH, Urteil vom 16. März 2017 – VII ZR 197/16 – (OLG Bamberg)
Mietminderung wegen Lärmbelästigung, hellhöriges Gebäude
BGB § 536 Abs. 1
Zu den Anforderungen an die Darlegung eines zur Mietminderung berechtigenden Mangels (hier: Lärmbelästigungen in einem hellhörigen Gebäude).
BGH, Beschluss vom 21. Februar 2017 – VIII ZR 1/16 – (LG Stuttgart)
BGB § 573, § 574, § 574a
a) Dem Zweck des nach § 573 Abs. 3 BGB bestehenden Begründungserfordernisses wird bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs grundsätzlich durch die Angabe der Person, für die die Wohnung benötigt wird, und die Darlegung des Interesses, das diese Person an der Erlangung der Wohnung hat, genügt (Bestätigung der Senatsrechtsprechung, zuletzt Urteil vom 23. September 2015 – VIII ZR 297/14, NJW 2015, 3368 Rn. 11 f. mwN). Dagegen muss die Begründung keine Ausführungen zu Räumlichkeiten enthalten, die für den Begünstigten alternativ als Wohnraum in Betracht kommen könnten.
b) Zu den Voraussetzungen einer zulässigen Wahrunterstellung gehört es, dass die unter Beweis gestellte Behauptung so übernommen wird, wie die Partei sie aufgestellt hat. Das bedingt bei abwägungsrelevanten Umständen, dass diese grundsätzlich auch mit dem ihnen vom Behauptenden beigelegten Gewicht als wahr unterstellt werden (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 11. Oktober 2016 – VIII ZR 300/15, NZM 2017, 23 Rn. 15).
BGH, Urteil vom 15. März 2017 – VIII ZR 270/15 – (LG Baden-Baden)
WEG § 13 Abs. 2 Satz 1, § 14 Nr. 1, § 15 Abs. 2, § 22 Abs. 1
Der nachträgliche Einbau eines Personenaufzugs durch einen Wohnungseigentümer auf eigene Kosten kann grundsätzlich nur mit Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer erfolgen; er begründet in aller Regel – anders als etwa der Einbau eines Treppenlifts oder einer Rollstuhlrampe – auch dann einen Nachteil im Sinne von § 22 Abs. 1 i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG für die übrigen Wohnungseigentümer, wenn der bauwillige Wohnungseigentümer aufgrund einer Gehbehinderung auf den Aufzug angewiesen ist, um seine Wohnung zu erreichen.
Soll der einzubauende Personenaufzug nur einzelnen bau- und zahlungswilligen Wohnungseigentümern zur Verfügung stehen, wird diesen ein Sondernutzungsrecht an dem für den Einbau vorgesehenen Treppenhausteil eingeräumt; hierfür bedarf es einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer.
BGH, Urteil vom 13. Januar 2017 – V ZR 96/16 – (LG Frankfurt (Oder))
WEG § 14 Nr. 1
a) Ein nach § 14 Nr. 1 WEG nicht hinzunehmender Nachteil liegt im Grundsatz auch vor, wenn eine bauliche Maßnahme am Sondereigentum auf den optischen Gesamteindruck des Gebäudes ausstrahlt und diesen erheblich verändert.
b) Diese Feststellung erfordert einen Vorher-Nachher-Vergleich, bei dem in wertender Betrachtung der optische Gesamteindruck des Gebäudes vor der baulichen Maßnahme dem als Folge der baulichen Maßnahme entstandenen optischen Gesamteindruck gegenüberzustellen ist.
c) Auf bauliche Maßnahmen am Sondereigentum, die nur wegen ihrer Ausstrahlung auf den optischen Gesamteindruck des Gebäudes für andere Wohnungseigentümer einen Nachteil darstellen, sind die Vorschriften des § 22 Abs. 2 und 3 WEG entsprechend anzuwenden. Handelt es sich bei der Maßnahme am Sondereigentum um eine Modernisierung oder modernisierende Instandsetzung, genügt es daher, wenn die in den genannten Vorschriften jeweils bestimmte Mehrheit der Wohnungseigentümer zustimmt.
BGH, Urteil vom 18. November 2016 – V ZR 49/16 – (LG Frankfurt am Main)