Nachhaltiges Bauen

Eindrucksvoll präsentiert: Holz und Glas

Die in den letzten Jahren stetig gewachsene Mitarbeiterzahl machte eine Erweiterung für das Landratsamt Schwandorf in der Oberpfalz zwingend notwendig. Mit einem modernen Anbau, der räumlich an den Bestand anknüpft, konnten 74 neue Büroarbeitsplätze geschaffen werden, die sich auf drei Stockwerke aufteilen. Als öffentlicher Bau in einer holzreichen Region steht das Bauwerk jetzt für die gelungene Verwirklichung von Großprojekten mit dem Werkstoff Holz.

Nach einer Bauzeit von rund zwei Jahren konnte das Sachgebiet „4.3 Verkehrswesen, Straßen- und Wegerecht“ in den neuen Räumen für Zulassungs- und Führerscheinstelle einziehen. In den beiden Obergeschossen gehen vor allem die Mitarbeiter des Kreisjugendamts ihrer täglichen Arbeit nach. Geplant hat diese außergewöhnliche Baukonstruktion das Architekturbüro Schönberger Architekten aus Oberviechtach. Umgesetzt wurde das anspruchsvolle Bauvorhaben von der Zimmerei Zisler aus Waldmünchen.

Brettsperrholz für die Obergeschosse

Zunächst wurden das Tiefgeschoss und der Treppenhauskern in Massivbauweise gebaut, anschließend die drei Obergeschosse in Brettsperrholzbauweise errichtet.

„Für dieses Bauwerk haben wir in Absprache mit den Bauherren eine möglichst weitgehende Sichtholzanforderung an die Tragkonstruktion verwirklicht“, berichtet Christian Schönberger, der das Projekt umfassend geplant hat. „Gemeinsam mit der „Ostbayerisch-Technischen Hochschule Amberg-Weiden (OTH) haben wir verschiedene Szenarien berechnet, um mit der eingesetzten Bauteil-Temperierung (Kühlung) - unter geringem Energieeinsatz - auch an warmen Sommertagen angenehme Arbeitsbedingungen zu schaffen.

Verknüpfung beider Gebäudeteile

Der Bestandsbau aus dem Baujahr 1977 ist ein Massivbau mit einer Innenschale aus Beton- bzw. Ziegelmauerwerk mit vorgehängter Klinkerfassade und zeigt seine Materialbeschaffenheit ebenfalls optisch eindrucksvoll. Daran knüpft jetzt der insgesamt viergeschossige neue Baukörper mit den Geschossen TG, UG, EG und erstes Obergeschoss an. Dieser erstreckt sich über eine Breite von ca. 12,50 Metern und ist rund 41,60 Meter lang. Der massive betonierte Treppenhauskern an der Südseite des Neubaus, in dem sich auch der Personenaufzug befindet, erhielt im oberen Bereich eine reine Glasfassade.

Ein besonderer Hingucker – verwirklich durch ein satiniertes Glassystem – ist die Südseite mit den verschiedenen Wappen – hergestellt im Landkreis Schwandorf. Diese wird nachts wirkungsvoll beleuchtet. Durch den Zusammenschluss der beiden Gebäudeteile über einen Verbindungsflur entstand ein kompaktes, in sich funktionales Gesamtgebäude.

Die Wände des massiven Treppenhauses zeigen innen sichtbar ihre Betonoptik. An den Treppenwangen und -stäben kamen zusätzlich geölter Stahl und für die Stufen ein Naturstein, der sogenannte „Oberpfälzer Granit“ zum Einsatz.

Orientierung im Gebäude verbessert

Völlig neu gestaltet wurde die ehemaligen Zulassungsstelle der Landkreisverwaltung Schwandorf. Der bislang 165 Quadratmeter große Einzelraum wurde in einen Flur und sechs getrennte Büroräume aufgeteilt. Diese Maßnahme war die Basis für die Flurverbindung für das Erdgeschoss zwischen Alt- und Neubau. Die ebenerdige neue Zulassungsstelle erhielt einen barrierefreien Zugang. Dieser ist direkt und ohne Hindernisse vom angrenzenden Parkplatz aus zu erreichen. Die offene Gestaltung mit hellen freundlichen Räume punktet zusätzlich durch einen separierten großzügigen Wartebereich.

Das Jugendamt, das bislang mit mehreren Räumen über den bestehenden Gebäudekomplex verteilt war, wurde wieder zu einer Einheit zusammengefügt. Die Räume des Jugendamts befinden sich nun in den beiden oberen Stockwerken des Neubaus und im Bereich der ehemaligen Zulassung im Erdgeschoss des Altbestands in Richtung Foyer.

Diese Neustrukturierung erleichtert durch eine eindeutig erkennbare Funktionsstruktur die Orientierung im Gebäude. Im Neubau wurden Einzelbüros mit jeweils 13,40 Quadratmetern bzw. Doppelbüros mit 20,50 Quadratmetern Fläche für sinnvolle Nutzung aufgeteilt. Auf sichtbare Holzelemente setzte der Architekt auch im Innenbereich. So zeigen sich auch in den Fluren und Büros großflächige Holzkonstruktionen.

Kombination von Holz und Glas

Im ebenerdigen Geschoss (UG) des Anbaus wurde eine Verkleidung aus senkrechten Holzlamellen auf Aluminiumfassadenprofilen und witterungsbeständiger atmungsaktiver Fassadenbahn gewählt. In den beiden oberen Stockwerken erhielten die Lärchenholzplatten eine außergewöhnliche Hülle mit geschuppten vorgesetzten Glaselementen. Die Maßgabe, den Werkstoff Holz auch im Außenbereich wirken zu lassen, führte zu der Überlegung, das Lärchenholz mit dieser hinterlüfteten Glasfassade zu schützen, die selbst entsprechende klimaregulierenden Funktionen unterstützt.

Die Glasfassade als geschuppte Lamellenfassade schützt die Lärchenholzfassade, kühlt im Sommer durch Reflexion und Hinterlüftung und fängt Sonnenenergie im Winter ein.

Schallschutz und bestehender Brandschutz

Der Schallschutz wurde durch die Bodenaufbauten erreicht. Zum Einsatz kamen zementär gebundene Splittschüttung und Trittschalldämmung aus Mineralwolle sowie massiver Zementestrich mit dämpfendem Kugelgarnteppichboden und zusätzliche Dämpfungsauflager zwischen Decken und Wänden - gemäß Bauteiltrennung nach Teil 5 der DIN 4109 - Empfehlungen für erhöhte Anforderungen. Für das Bestandsgebäude gab es bereits ein umfassendes Brandschutzkonzept, das für den Neubau fortgeschrieben wurde.

Ausgeglichener Feuchtehaushalt

Durch diffusionsoffene Oberflächenbeschichtungen der Holzbauteile konnte man die Eigenschaft von Holz, Feuchtigkeit aufzunehmen und auch wieder abzugeben, clever nutzen. Dies dient der Feuchteregulierung auch im Hinblick auf die Konditionierung (Kühlung) der Büroräume und wirkt zusammen mit den Gipsplatten als Puffer. Somit wird die relative Raumfeuchte möglichst gut ausgeglichen. Hierzu wurden zusätzlich für die Wände farbtonbeständige Anstriche gewählt, die auch bei Temperatur-schwankungen langlebig und beständig bleiben. (KEIM Farben). Somit wurde ein ausgeglichener Feuchtehaushalt innerhalb des Gebäudes geschaffen. 

Zukunftsfähiges Energiekonzept

Die ressourcenschonende Vorgehensweise hat man ergänzt durch ein zukunftsfähiges Energiekonzept. Bei der integralen Planung und Umsetzung des Bauvorhabens wurde die Fachabteilung des Landratsamts Schwandorf vom Institut für Ener- gietechnik (IfE) unterstützt.

„Wir haben die Gebäudetechnik minimal gehalten und aufgrund höherer Anschaffungs- und Wartungskosten auf eine Lüftungsanlage verzichtet,“ erklärt Architekt Christian Schönberger. Der notwendige Luftwechsel wird mit Flügelöffnungen zum Querlüften erreicht.

Was die konkrete Umsetzung anbelangt, wurde der Außenwandaufbau in Verbindung mit der Glasfassade derart konzipiert, dass der Einsatz von Holz als Speichermasse sowie zusätzliche Mineralwolledämmung (Schmelzpunkt > 1.000 °C) den sommerlichen Hitzeeintrag reduzieren. Im Winter fällt durch den flachen Sonnenstand die Strahlung tief in die Räume, während im Sommer Raffstore-Lamellen die steilstehende Sonne abfangen. Im Hinblick auf die Raumtemperierung punkten zudem die massiven Bodenaufbauten. Ähnlich den Bauteilaktivierungen beim Massivbau tragen sie ebenfalls zu einer effizienten Wärme- und Kältespeicherung sowie optimalem Trittschallschutz zwischen den einzelnen Arbeitsbereichen bei.

Um das klimatische Raumkonzept weiter zu optimieren, wurde ein modernes Heizsystem etabliert, welches das Gebäude in den heißen Sommermonaten per Fußbodenheizung und Bauteilkühlung ausgleichend temperiert.

Derzeit arbeiten rund 500 Mitarbeiter im Gebäude. Die Gesamtkosten für den Verwaltungsanbau beliefen sich auf rund 6,3 Millionen Euro. Das Bauvorhaben zeigt anschaulich, wie man bestehende Bauten durch neue Strukturen in die moderne Architektur überführen kann.

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