Baukasten-System

Lebenswertes Quartier in Modulbauweise

Premiere bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA): Sie setzt zur Entlastung des Wohnungsmarktes zum ersten Mal auch auf Gebäude in Modulbauweise. Auf einem einst als Militärgelände genutzten Areal in Aschaffenburg entstehen derzeit vier fünfgeschossige „Stadtvillen“ – nahezu baugleiche Punkthäuser mit insgesamt 52 Mietwohnungen.

Die ersten beiden Wohngebäude wurden bereits fertiggestellt, der zweite Bauabschnitt läuft: Bis Anfang 2023 sollen diese beiden Gebäude ebenfalls fertig sein. Der Entwurf der innovativen Fünf-Geschosser stammt vom Essener Büro Koschany + Zimmer Architekten KZA und basiert auf dem gemeinsam mit ALHO entwickelten Baukasten-System, das 2018 als prämiertes Konzept in die Vereinbarungen des GdW-Rahmenvertrags zum seriellen Wohnungsbau aufgenommen wurde. ALHO ist dabei als Totalunternehmerin tätig und schafft nicht nur knapp 4.000 Quadratmeter neue Wohnfläche auf dem Gelände, sondern mit zwei Tiefgaragen auch ausreichend Platz zum Parken. Mitenthalten im beauftragten Leistungsspektrum waren neben dem Hoch- und Tiefbau auch die gesamten Außenanlagen, sowie die technische Ver- und Entsorgung der Gebäude.

Die BImA ist das zentrale Immobilienunternehmen des Bundes. Ihr Portfolio an Grundstücken erstreckt sich auf eine Gesamtfläche von mehr als 450.000 Hektar Land und rund 38.000 Wohnungen. Mit der Wohnraumoffensive von 2018 haben es sich Bund, Länder und Kommunen zum Ziel gesetzt, dem Mangel an Wohnraum in den Ballungsgebieten entgegenzuwirken. Einen wichtigen Beitrag leisten dabei die für Bundeszwecke entbehrlichen Grundstücke im Eigentum der BImA. Die BImA veräußert die für den Bund entbehrlichen Grundstücke, so dass vornehmlich die Kommunen dort neue Wohnungen schaffen können. Als zentrales Immobilienunternehmen des Bundes wird die BImA in den kommenden Jahren durch den Bau neuer Wohnungen auf bundeseigenen Liegenschaften auch selbst dazu beitragen, den Wohnungsmarkt zu stärken und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Baugrund erschließen mittels Konversionsflächen

Die „Spessart-Gärten“ sind der zuletzt freigegebene Teil der ehemaligen Konversionsliegenschaft „Travis Park“, die bis Ende 2007 von den US-Streitkräften genutzt und anschließend von der Stadt Aschaffenburg und der BImA zum Wohngebiet entwickelt wurde. Mithilfe eines Masterplans fand die städtebauliche Neuordnung des Quartiers und das Aufstellen eines Bebauungsplans statt.

Um die neuen Wohnungen möglichst schnell zu realisieren, griff die BImA für die Vergabe der Bauleistungen auf eine Rahmenvereinbarung des „GdW Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen“ zurück. Im Juli 2020 bekam ALHO nach beschränkter Ausschreibung den Zuschlag für die ersten beiden Punkthäuser auf einem rund 2.765 Quadratmeter großen Grundstück südlich der Mattstraße und in unmittelbarer Nachbarschaft zum attraktiven „Stadtgarten Rosensee“. „Mit diesem ersten fertiggestellten Neubauprojekt zeigen wir, dass der Bund in der seriellen Bauweise ansprechende, moderne Geschosswohnungen errichtet. Insgesamt plant die BImA bundesweit den Neubau von 6.000 bis 8.000 Wohnungen, nach Möglichkeit in serieller Bauweise“, erklärt Paul Johannes Fietz, Mitglied des Vorstands der BImA.

Wohnungsmix mit einem „Goodie“ obendrauf

Bei dem Bauvorhaben handelt es um „hochwertigen, familienfreundlichen Wohnungsbau“, wie es die Bauherrin selbst formuliert. Architekturbüro und Modulbauunternehmen orientierten sich bei der städtebaulichen Einbindung, dem Entwurf sowie der Ausstattung der Punkthäuser exakt an den Vorgaben der funktionalen Leistungsbeschreibung, die auch ästhetisch-gestalterische Vorgaben der Stadt Aschaffenburg sowie des rechtskräftigen Bebauungsplans integrierte. Beide Gebäude sollten mit jeweils vier oberirdischen Geschossen (einschließlich EG) ausgebildet werden die zwölf Wohneinheiten beherbergen. KZA und ALHO nutzten die Vorgaben des Bebauungsplans voll aus und setzten den Bauten ein Staffelgeschoss als fünfte Etage obenauf. So konnten mit vergleichsweise geringen Mehrkosten zwei zusätzliche Vierzimmer-Wohnungen mit jeweils knapp 100 m2 „on top“ geschaffen werden: Insgesamt rund 1.800 m2 Bruttogeschossfläche pro Haus.

Die restlichen vier Etagen bieten exakt den Wohnungsmix, den die Bauherrin für die Punkthäuser vorsah: Pro Haus jeweils vier Zwei-, Drei- und Vierzimmerwohnungen, die zwischen 49,00 und 99,00 m2 Wohnfläche variieren, barrierefrei gestaltet und mit Balkon oder Terrasse ausgestattet sind. Jede Wohnung hat zudem einen eigenen PKW- und Fahrradstellplatz in der Tiefgarage sowie einen Mieterkeller. 

Mit Ausnutzung des Bebauungsplans konnte ALHO an dieser Stelle vier Modulgebäude schaffen, die sowohl wirtschaftlich als auch gestalterisch viele Vorteile bieten: Die höhere Ausnutzung der wertvollen Grundstücksfläche mit mehr Wohnfläche und mit den zusätzlichen Staffelgeschossen samt ökologischer Gründächer schafft eine sehr harmonische Eingliederung in die Umgebungsbebauung. Der Entwurf der jeweils zwei „Stadtvillen“ fügt sich nach den Vorgaben des Bebauungsplans in das verspielte und leicht versetzte Band der Baukörper entlang der Straße „An den Spessartgärten“ ein.

Apropos Gründach: Bepflanzte Dächer können bis zu 50 % des anfallenden Regenwassers aufnehmen und später durch Verdunstung in die Atmosphäre zurückführen. Bei starkem Regen entlasten sie die Kanalisation und den Wasserspeicher rund um die Gebäude. Und auch der Einbau oberflächennaher Versickerungsmulden zum Schutz vor Überschwemmungen bei Starkregen war Teil der Bebauungsplanvorgaben in Aschaffenburg, die ALHO zusammen mit einer Tiefbaufirma als Subunternehmerin ebenfalls in Eigenregie umsetzte.

Abwechslungsreiche Fassaden

Die Architekten gliederten die kompakten und klaren Kubaturen der Punkthäuser durch horizontal und vertikal angeordnete Fenster als Lochfassade. Wo immer möglich wählten sie bodengleiche Formate, um viel Tageslicht in die Räume zu holen. Die besondere Flexibilität, die mit der Modulbauweise im Gebäudeinneren möglich ist – übrigens auf jeder Etage unabhängig voneinander – zeigt sich dem Betrachter bereits an der Fassade. Da die Fenster beim modularen Bauen nicht wie sonst aus statischen Gründen stringent übereinander angeordnet werden müssen, platzierten die Architekten sie, der inneren Organisation folgend, entsprechend frei. Außerdem kam ein Balkonsystem zum Einsatz, bei dem die geräumigen Freisitze nicht als separate Tragkonstruktion dem Baukörper vorangestellt, sondern der Fassade an einer filigranen Stahlkonstruktion direkt angehängt sind. Die Architekten ordneten die Balkone zudem nicht direkt übereinander, sondern leicht versetzt an, wodurch ein sehr lebhaftes, abwechslungsreiches und spannungsvolles Fassadenbild entsteht.

Vorteile der Modulbauweise setzen sich durch

„Möglichst schnell, möglichst modern und möglichst nachhaltig. Das ist unser Ziel für die Schaffung bezahlbarer Wohnungen – auch im Kontext der Wohnraumoffensive“, fasst Paul Johannes Fietz die Pläne der BImA zusammen. „Viele Dinge des täglichen Gebrauchs werden nicht individuell, sondern seriell hergestellt – die Autoindustrie ist da ein gutes Beispiel. In Hinblick auf den Wohnraummangel, der vor allem in den großen Ballungsgebieten herrscht, haben wir uns darum gerne der Idee angeschlossen, dieses Prinzip auch auf das Bauen zu übertragen“, so der BImA Vorstand weiter. Und er erklärt auch gleich warum: „Die modulare Bauweise leistet einen wichtigen Beitrag zum wirtschaftlichen und nachhaltigen Bauen, denn sie reduziert sowohl den Zeit- als auch den Energieverbrauch während der Bauzeit auf ein Minimum.“

Für Aschaffenburg bedeutete das: In nur sechs Monaten Bauzeit wurden 52 im ALHO-Werk präzise vorgefertigten Module vor Ort zu zwei fünfgeschossigen Punkthäusern zusammengefügt und anschließend ausgebaut.

Die Vorteile des modularen Bauens gegenüber konventionellen Bauweisen zeigte sich schon gleich zu Beginn der Bautätigkeiten: „Beim Bau der Tiefgarage hatten wir anfangs mit schlechtem Wetter zu kämpfen“, berichtet Beate Schneider, BImA-Projektverantwortliche aus der Portfoliomanagement-Hauptstelle München. „Im Gegensatz dazu ist die Hochbauphase mit den Raummodulen sehr reibungslos verlaufen.“ Und Thies Langholz, Leiter der Wohnraumoffensive bei der BImA, ergänzt: „Hierbei hat sich ein großer Vorteil der Modulbauweise gezeigt: die Vorfertigung der Module in einer trockenen, witterungsgeschützten Produktionshalle. Außerdem hält die nur kurze Montagezeit draußen auf der Baustelle die Belastungen für Anwohnerinnen und Anwohner, etwa durch Lärm und zusätzlichen Verkehr, sehr gering.“

Während der gesamten Planungs- und Bauphase übernahm die „PD, Berater der öffentlichen Hand GmbH“ als Schnittstelle zwischen der Totalunternehmerin ALHO und der Bauherrin BImA wichtige organisatorische Aufgaben: Mit regelmäßig stattfindenden Jour fixe-Terminen und der sicheren Koordination nötiger Entscheidungen sorgte das Unternehmen für einen reibungslosen und zügigen Baufortschritt.

Seit Sommer 2022 sind die ersten beiden Häuser – exakt wie es der Fixtermin vorsah – bezugsfertig. Auf dem benachbarten Baufeld werden gerade die beiden nächsten Gebäude errichtet und auch hier ist man voll im Zeitplan. Die Bauherrin plant eine Vermietung ab Februar 2023 und es spricht nichts dagegen, dass dieses Ziel auch erreicht werden wird.

Weitere Informationen

ALHO Systembau GmbH
Juliane Brendebach, Marketingleitung
51598 Friesenhagen
Telefon 02294 696-177
E-Mail:
www.alho.com

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