In Serie
In konstruktiver Zusammenarbeit haben die Wohnungsbaugesellschaft VONOVIA, der Modulbauhersteller ALHO und das Architekturbüro KZA ein Baukasten-System für den Mehrfamilienhausbau entwickelt. Zu den realisierten Beispielen zählen drei Punkthäuser in Bochum.
Für die Wohnungsbaugesellschaft VONOVIA realisiert ALHO derzeit eine Reihe von Wohngebäuden, die auf einem Baukasten-Konzept beruhen. Das Baukasten-System hat das Unternehmen im Auftrag von VONOVIA gemeinsam mit Koschany + Zimmer Architekten KZA entwickelt. Als eines der ersten Architekturbüros beschäftigte sich das Essener Büro mit der Modulbauweise für den Wohnungsbau und sieht darin viele Vorteile – für die Wohnungswirtschaft und durchaus auch für Architekten und Planer. Nach dem ersten gemeinsamen Projekt in der Dortmunder Imigstraße hat das Team aus Architekten und dem Modulbauspezialisten jetzt drei Punkthäuser in Bochum realisiert. In lockerer städtebaulicher Anordnung auf dem neu erschlossenen, innerstädtischen Grundstück geplant, schaffen die Viergeschosser ansprechenden Wohnraum inmitten spannungsvoll gestalteter Freiraumzonen. Wer immer noch glaubt, serieller Wohnungsbau bedeute gestalterische Einöde, wird eines Besseren belehrt.
ALHO versteht unter seriellem Bauen eine Wiederholung möglichst gleichbleibender Typen. Darin ist auch die Wirtschaftlichkeit des Systems begründet. Der von KZA und ALHO entwickelte „Modulare Wohnungs-Baukasten“ besteht aus einzelnen Modultypen. Diese beinhalten beispielsweise einen Wohnraum und eine Küche, ein Schlafzimmer mit Flur oder ein Kinderzimmer plus Bad. Aus dieser Matrix – einem Kanon unterschiedlicher Module – werden maßgeschneidert für den jeweiligen Standort und nach Vorgabe des gewünschten Wohnungsschlüssels die Wohnungen entwickelt. Im Anschluss entsteht aus diesem individuellen Wohnungsmix heraus das Haus. „Normalerweise arbeiten wir Architekten ja eher umgekehrt – von außen nach innen: Es gibt eine städtebauliche Situation, aus der heraus das Gebäude in seiner Kubatur konzipiert und mit daraus entwickelten Grundrissen versehen eingefügt wird“, erklärt Architekt Axel Koschany. „Beim modularen Bauen ist das eher andersherum. Es beginnt mit durchdachten Grundrissen – am Ende das Wichtigste für die späteren Bewohner. Dabei werden selbst sich gleichende Wohnungstypen auf Grund der immer unterschiedlichen lokalen Vorgaben so gut wie nie in ein und dieselbe Kubatur gezwungen. Das Vorurteil einer Tristesse in Serie oder die Sorge vor der Platte 2.0 sind aus unserer Sicht absolut unbegründet. Zusammen mit ALHO entwickeln wir, was wir ‚Individualität in Serie‘ nennen.“
Punkthäuser spannungsvoll arrangiert
In der Bochumer Kaulbachstraße sind im Zuge der innerstädtischen Nachverdichtung durch VONOVIA drei viergeschossige Punkthäuser mit je 14 Wohneinheiten entstanden. Als städtebauliche Geste und Reaktion auf die an den Nordseiten angrenzende zwei- und drei-geschossigen Nachbarbebauung wurde in Abstimmung mit der Stadt eine Staffelung vorgenommen. Das Vollgeschoss springt im 4. Obergeschoss jeweils 3 m zurück und schafft somit großzügige Dachterrassen. Der Rücksprung ließ sich hervorragend mit der Modulbauweise vereinbaren, da hierfür jeweils nur ein Modul ausgelassen werden musste, die Systematik der Modulbaustruktur ansonsten aber unverändert blieb.
Die Wohnungen weisen unterschiedliche Größen auf: Es gibt sieben Zweiraumwohnungen, zwei Dreiraumwohnungen, zwei Vierraumwohnungen sowie drei Zweiraumwohnungen für Rollstuhlfahrer. Alle Wohnungen sind durchgehend barrierefrei gestaltet. Die Gebäude werden mittig über eine „Gebäudespange“ mit einläufiger Treppe und Aufzuganlage erschlossen. Alle Wohnungen im 1. und 2. Obergeschoss verfügen über vorangestellte Balkone, Terrassen bei den Erdgeschosswohnungen und Dachterrassen bei den Wohnungen im 3. Obergeschoss.
Die lockere Anordnung der Punkthäuser auf dem Grundstück sorgt für ein insgesamt sehr dynamisches Erscheinungsbild. In den trichterförmig zulaufenden Außenraumzonen bleibt viel Platz für unterschiedlich gestaltete Erlebnis- und Erholungsflächen. Hier sind grüne Mietergärten, abwechslungsreiche Spielplätze und weitere Verweilzonen angeordnet.
Dem Vorurteil „Platte 2.0“ entgegengehen
Die Gebäude haben jeweils eine Grundfläche von rund 17 auf 19 m und sind ca. 12,5 m hoch. Inklusive Balkone und Terrassen verfügt jedes Haus über eine Bruttogrundfläche von 1.378 m² und 969 m² Wohnfläche. Die Häuser sind nicht unterkellert, im Erdgeschoss ist ein Technikmodul eingeplant. Alle Wohnungen verfügen über einen ausreichend groß dimensionierten Abstellraum innerhalb der Wohnung. Jedes Gebäude besteht aus 43 Raummodulen. Sie wurden im Werk in sieben Wochen präzise und unter strengen Qualitätskontrollen gefertigt und auf der Baustelle je Haus innerhalb von sieben Tagen zeitversetzt montiert. Die gesamte Bauzeit der drei Gebäude betrug – nachdem der Baugrund mit der Bodenplatte vorbereitet war – nur knapp 20 Wochen.
„Die Modulbauweise kann ihre Vorteile immer dann ausspielen, wenn sich möglichst gleichbleibende bauliche Einheiten wiederholen. Deshalb sprechen wir von seriell-modularem Bauen“, erklärt Michael Lauer, Architekt im Kompetenzcenter Geschosswohnungsbau bei ALHO. Betrachtet man die Produktion der ALHO-Module im Werk mit ihren getakteten und prozessgesteuerten Abläufen, wird die besonders hohe Qualität deutlich, die das Unternehmen bei gleichbleibenden, sich wiederholenden Typen herstellen kann. „Damit diese Modultypen nicht zu uniformen Häusern verbaut werden, arbeiten wir mit Architekten wie KZA zusammen. Sie bringen den kreativen Input, indem sie mit den Bausteinen spielen und deren Potenziale gestalterisch ausschöpfen – eine Zusammenarbeit, die wir als sehr fruchtbar empfinden“, so Lauer.
„Wir brennen für die Idee des modularen Bauens im Kontext des Wohnungsbaus. Das Wichtigste ist, gelungene Referenzobjekte zu realisieren, die 1:1 zeigen: So sieht gutes zukunftsfähiges modulares Bauen aus“, ergänzt Axel Koschany. Das VONOVIA-Gebäude in Dortmund und die drei Punkthäuser in Bochum sind die ersten einer Reihe von Wohnbauprojekten, die aus dem gemeinsamen Baukastensystem von KZA und ALHO noch in diesem Jahr fertiggestellt werden. Mit jedem neuen Bauwerk soll das gemeinsam entwickelte System optimiert und um neue Bestandteile erweitert werden, wie beispielsweise innovative Moduleinheiten für die Technik.
Aus einem Kanon unterschiedlicher Module werden die Wohnungen individuell entwickelt.
Die gesamte Bauzeit der drei Bochumer Gebäude betrug nur knapp 20 Wochen.