Nachhaltiger Wohnraum – bei begrenzten Baukosten
Seit Oktober 2024 ergänzt das Förderprogramm „Klimafreundlicher Neubau im Niedrigpreissegment“ (KNN) die energetische und die soziale Wohnraumförderung. Es verbindet drei wichtige Zukunftsaspekte: reduzierte CO2-Emissionen, optimierte Wohnfläche und begrenzte Baukosten. Fachkräfte stellen die erfolgreiche Umsetzung sicher.
Mit einfachen Standards zu mehr Tempo
Mit dem neuen Förderprogramm stärkt das Bauministerium ein Prinzip, welches beim Bauen lange Tradition hat: die Nutzung einfacher und funktionaler Standards. Dies ermöglicht einen effizienten und nachhaltigen Einsatz von Materialien und Energie, niedrige Baukosten und hohe Geschwindigkeit. Klimaschutz und einfaches Bauen passen sehr gut zusammen. Mit dem Programm wird der Ansatz gestärkt, die Ressourcen Zeit, Geld und Material sinnvoll einzusetzen. Es werden alle Emissionen bewertet, indem Häuser von der Entstehung bis zum Betrieb betrachtet werden. Gleichzeitig gibt es einen vorgegebenen Kosten- und Flächenrahmen, der zur Konzentration auf das Wesentliche motiviert. Bis zu 150.000 neue Wohnungen und Häuser sollen so entstehen. Wer als Planender dem Grundsatz „Weniger ist mehr“ gerne folgt, hat also gute Voraussetzungen, die neue Förderung zu nutzen.
Sozialgerechte Energiewende
Betrachten wir in deutschen Haushalten das Verhältnis von Einkommen und Wohnkostenbelastung gibt es große Unterschiede. Konkrete Zahlen zeigt eine Untersuchung der dena zusammen mit dem Öko-Institut e.V. Werden die deutschen Haushalte nach Einkommen in drei Gruppen aufgeteilt – also in die 30 Prozent mit einem geringen, die mittleren 40 Prozent und die 30 Prozent mit hohen Einkommen – wird deutlich, dass Haushalte mit niedrigem Einkommen einen deutlich höheren Anteil ihres Einkommens für Wohnen samt Energie für Wärme aufwenden, als Haushalte mit höherem Einkommen. Das betrifft sowohl Mieter und Mieterinnen als auch selbstnutzende Eigen-tümer und Eigentümerinnen von Wohnungen und Häusern. Mietende mit niedrigem Einkommen müssen 32 Prozent für Wohnen und Heizen aufbringen. Bei selbstnutzenden Eigentümerinnen und Eigentümern sind es 18 Prozent.
Die Zahlen zeigen, dass eine sozialgerechte Ausgestaltung der Energiewende im Gebäudebereich notwendig und wichtig ist. Die Verbindung von sozialer Gerechtigkeit mit nachhaltigem Einsatz von Ressourcen dient einer fairen Verteilung von Kosten und Nutzen. Mit dem neuen Förderprogramm leistet das Bauministerium einen wichtigen Beitrag für eine sozialgerechte Transformation des Gebäudebereichs.
So funktioniert das Förderprogramm
Die Förderstufe „Klimafreundliches Wohngebäude im Niedrigpreissegment“ wird beispielsweise erreicht, wenn die Effizienzhaus-Stufe 55 erzielt und zusätzlich Anforderungen an den CO2-Ausstoss im Lebenszyklus erfüllt wer-den. Ein weiteres Kriterium ist die Mindestanzahl von Wohnräumen im Verhältnis zur Wohnfläche. Dadurch wird die Schaffung kompakter Wohneinheiten gefördert. Wärmeerzeuger auf Basis fossiler Energie oder Biomasse sind nicht zugelassen und es gilt die Einhaltung eines Grenzwerts für ausgewählte gebäudebezogene Kosten bezogen auf den Gebäudelebenszyklus. Eine feste Kostenobergrenze gibt es dabei nicht. Sie wird unter Berücksichtigung projektspezifischer Faktoren ermittelt, unter anderem wo gebaut, wie geheizt und wieviel Energie benötigt wird.
Die Förderung erfolgt durch zinsverbilligte KfW-Kredite. Gebunden sind alle Angebote an eine Begleitung durch einen Experten bzw. eine Expertin der Energieeffizienz-Expertenliste für die Förderprogramme des Bundes. Damit setzt das Bauministerium in einem weiteren Förderprogramm auf Qualitätssicherung durch hochqualifizierte Fachkräfte.
Gesichertes Know-how für komplexes Zusammenspiel
Auch wenn es grundsätzlich darum geht, einfache Standards zu fördern, sind die Anforderungen im Zusammen-spiel von Energieeffizienz und CO2-Ausstoss im Lebenszyklus durchaus komplex. Sie erfordern ein hohes Fachwis-sen der Beteiligten. Diese Qualifikation zu sichern, ist so sinnvoll wie notwendig. Energieeffizienz-Expertinnen und -Experten sind hier in mehreren Dimensionen gefordert. Es geht darum, Bauende bei einem individuell passenden Vorhaben zu begleiten und gleichzeitig die geforderte Qualität im Rahmen der staatlichen Förderung zu bieten. Der Ansatz der Lebenszyklusanalyse (Life Cycle Assessment, kurz: LCA) ist dabei ein zentraler Baustein. Mithilfe einer LCA lassen sich sämtliche CO2-Emissionen eines Gebäudes während seiner Herstellungs-, Errichtungs-, Nut-zungs- und Entsorgungsphase untersuchen. Dies gewährleistet, dass Neubauten durch geringe Treibhaus-gasemissionen, hohe Energieeffizienz, niedrige Betriebskosten und einen erheblichen Anteil erneuerbarer Ener-gien beim Wärme- und Strombedarf aktiv zum Klimaschutz beitragen.
Die Bedeutung der LCA wird deshalb weiter zunehmen. Bisher bietet die Energieeffizienz-Expertenliste eine spezi-elle Kategorie für Neubauprojekte an. So wird es nachweislich qualifizierten Fachkräften ermöglicht, ihr Knowhow für Verbrauchende sichtbar zu machen. Die Kategorie „Klimafreundlicher Neubau – Wohn- bzw. Nichtwohngebäude“ wurde für das Förderprogramm „Klimafreundlicher Neubau (KFN)“ eingeführt. Expertinnen und Experten, die sich vertieft in das Thema Nachhaltigkeit eingearbeitet haben, können aktuell ihre Zusatzqualifikation zur LCA freiwillig sichtbar machen. Zusätzlich können sie ihr Know-how zum Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) ausweisen.
Ab dem 1. Juli 2025 werden die Anforderungen zur Berechtigung der Begleitung der Neubauprogramme für die Expertinnen und Experten verschärft. Antragstellende dürfen ab diesem Zeitpunkt nur noch von Energieeffizienz-Expertinnen und -Experten begleitet werden, die eine Zusatzqualifikation zur LCA erfolgreich absolviert haben. Der Wissensaufbau der Fachleute für die zusätzlichen Anforderungen der Neubauförderungen wird somit weiter systematisch gestärkt.
Die Anzahl der bundesweit unter www.energie-effizienz-experten.de verfügbaren Fachakteure wächst kontinuier-lich an.
Vom Einfachen das Gute
Der Bedarf nach neuem, bezahlbarem Wohnraum ist groß. Gute und in die Breite übertragbare Ansätze für die drei großen Herausforderungen Bezahlbarkeit, Geschwindigkeit und die Erreichung der Klimaziele können eine große Wirkung entfalten. Dass dies in ausreichender Qualität geschieht, wird durch die Energieeffizienz-Expertinnen und -Experten gesichert.
Gleichzeitig bietet sich die Chance für ein Umdenken. „Vom Einfachen das Gute“ könnte ein neuer Leitsatz für Bauende werden. Motiviert durch die neuen Anreize der Bundesregierung, können skalierbare Standards unter den oben dargestellten Gesichtspunkten etabliert werden und an Attraktivität gewinnen. Reduktion, Fokus auf das Wesentliche und Übertragbarkeit sind keine neuen Werte. Bedeutende Architekten der Moderne wie Mies van der Rohe oder Le Corbusier haben sie hochgehalten und konsequent umgesetzt.