Originelles Treffen in Frankfurt am Main

Netzwerken mit Aufbruchstimmung

Ende Oktober drehte sich im Frankfurter Hotel Radisson Blu alles um das brandaktuelle Thema „Modulares und serielles Sanieren und Bauen“. Vertreter der Industrie und Wohnungswirtschaft trafen sich zum 9. BundesBauBlatt Gipfel – in diesem Jahr erstmals von hd…s agentur für presse- und öffentlichkeitsarbeit mitgestaltet. Die Fachveranstaltung widmete sich Möglichkeiten, Erfahrungen und Praxisbeispielen neuartiger Bau- und Sanierungsweisen, die nachhaltig das Schaffen von dringend notwendigem Wohnraum unterstützen. Ebenfalls im Fokus: aktuelle wirtschaftliche und politische Hemmnisse bei der Umsetzung in der Praxis – besonders vor dem Hintergrund der Erreichung der Pariser Klimaziele.

Ein kurzes Resümee vorab: Entgegen der derzeitig allgemein recht schlechten Wirtschaftsstimmung verlief der exklusive Fachaustausch vor Ort durchweg zuversichtlich, hochprofessionell und inspirierend für alle Beteiligten. Es zeigte sich an beiden Tagen ein starkes gegenseitiges Interesse mit einem ganz klaren Signal in die Zukunft: Fundiertes Know-how und fachliche Expertise, um die vielfältigen Herausforderungen der aktuellen Transformation anzugehen, sind seitens der Wohnungswirtschaft und Industrie vorhanden. Der Weg zur Klimaneutralität ist für alle erkenn- und umsetzbar. Um die Klimawende aber wirklich zu schaffen, muss die Schlagzahl erhöht werden – darin waren sich alle Teilnehmenden einig. Genau hierfür bedarf es allerdings ganz schnell größerer Unterstützung und verlässlicher Förderzusagen seitens der Politik, einhergehend mit Bürokratieabbau im gesamten Bauwesen.

Innovative Energiemodule

Gleich nach der Eröffnung durch die Kooperationspartner Achim Roggendorf, Chefredakteur BundesBauBlatt, und Heike D. Schmitt, Inhaberin hd…s agentur für presse- und öffentlichkeitsarbeit, war ein Elevator Pitch der Start in den Tag für die 40-köpfige Runde. Die Industrie-Partner Daiwa Modular House, Daikin, Kalo, Kalksandstein KS – das Original, Lunos energie-effizient, pre.formance, Salto – inspired access, SSS - Siedle, Maico Ventilatoren, Solarlux und Gerflor hatten jeweils 60 Sekunden Zeit, ihr Unternehmen sowie ihre Produkte und Dienstleistungen dem anwesenden Fachpublikum der Wohnungswirtschaft vorzustellen.

Auftakt zur Vortragsreihe bildete ein aktuelles Praxisbeispiel: die energetische Sanierung mit Energiemodulen in einer Wohnanlage der Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt (NHW) in Maintal. Thorsten Becker, Senior Consultant Real Estate Solutions bei Daikin Airconditioning Germany, berichtete aus Herstellersicht über den innovativen Vorstoß in Richtung  Wärmepumpen-Installation, der als Pilotprojekt in enger Kooperation mit dem größten hessischen Wohnungsunternehmen entstand. Er begann mit der zentralen Frage: Serielles Sanieren – warum ist das wichtig? In einem kurzen Exkurs spiegelte Becker die aktuelle Situation in Deutschland. Derzeit gäbe es mehr als 13,5 Millionen Wohngebäude mit knapp 42 Millionen Wohnungen. Davon seien zwar nur 3,3 Millionen Mehrfamilienhäuser. Sie stellen rund 53 Prozent des Wohnungsbestandes dar – mit sage und schreibe über 21 Millionen Wohnungen. Die größte Aufgabe für alle sei jedoch nach wie vor die Dekarbonisierung und die damit einhergehende Reduktion der Treibhausgasemissionen. Ein schwieriges Unterfangen, denn nur rund 20 Prozent der Gebäude fallen derzeit unter die Energieklassen A und B, über 50 Prozent seien C, D und E, der Rest Altbestand mit schlechten Werten von F bis H.

Erhöhter Handlungsdruck

Becker verwies auf die betriebswirtschaftlichen Folgen: Ungünstige Effizienzklassen bedeuten schon heute eine Abwertung von Beständen am Markt. Banken finanzieren Wohngebäude fast nur noch mit einem gut aufgestellten und nachvollziehbaren Sanierungsfahrplan. Ergo wachse der Handlungsdruck zur Abwendung von Gas und Öl. Eine Neuorientierung sei gefragt, der allerdings zahlreiche Fragen zu Grunde liegen würden und gerade sozial orientierte Wohnungsunternehmen vor große Aufgaben stelle – unter anderem: Abriss und Neubau oder Sanierung im Bestand? Was muss alles zwingend saniert und modernisiert werden? Wie umfassend muss die Modernisierung ausfallen? Ganzheitlich (Dach, Fassade, Haus- und Heiztechnik) oder nur in finanzierbaren Teilen (Defossilisierung im Heizungskeller)? Welchen Techniken führen zur größten CO₂-Einsparung?

Im konkreten Fall berichtete Becker über die energetische Neuausrichtung eines Quartiers im Frankfurter Raum aus den 1960er Jahren. Hier wurden die Wohngebäude – 20 bis 25 Wohneinheiten pro Haus – mit den ungünstigsten Effizienzklassen zur Sanierung ausgewählt und erfolgreich auf effiziente Wärmepumpentechnik umgerüstet. Dabei habe sich herausgestellt, dass seriell vorgefertigte Energiemodule mit Wärmepumpen in Kaskadenschaltung eine wirtschaftlich zielführende Komponente darstellen. Voraussetzung: Der individuelle Charakter und das Umfeld  jeder einzelnen Immobilie sowie Bedürfnisse und Vorbehalte von Bewohnern werden von Beginn an in die Maßnahmen mit einbezogen.

Wie wichtig kontinuierliche Kommunikation mit den Mietern für das Gelingen von Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen im sozialen Wohnungsbau ist, führte auch Karin Hendriks, Leiterin Unternehmensbereich Modernisierung / Großinstandhaltung Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt (NHW), aus. Zudem nutzte sie die Gelegenheit zur detaillierten Vorstellung der NHW-Unternehmens- und Klimastrategien. Die vielstufige und komplexe Herangehensweise zum erfolgreichen, klimaneutralen Umbau des gesamten Wohnungsbestandes stelle alle Beteiligten vor enorme Herausforderungen, die nur gemeinsam und mit Systematik zu bewältigen seien. In ihrem Vortrag „Nachhaltigkeit im Unternehmensbereich Modernisierung / Großinstandhaltung der Unternehmensgruppe Nassauischen Heimstätte | Wohnstadt“ präsentierte sie das umfangreiche Aufgabenportfolio sowie zahlreiche wegweisende Projekte der NHW.

Sven Schubert, Projektmanager für Sonderaufgaben Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt (NHW), widmete sich anschließend der Frage: „Modernisierung: Von der Stange, oder doch Maßkonfektion?“ Anhand der Gebäudetypen im NHW-Portfolio erläuterte er Rahmenbedingungen und Arbeitsschritte, die für Aufstockungen zur Wohnraumgewinnung unumgänglich sind. Unter anderem ging er auf Aspekte des Innenausbaus sowie die Handhabung der Anschlüsse für Ver- und Entsorgungsleitungen ein. Vor dem Hintergrund klimafreundlicher Maßnahmen berichtete er zudem über die Errichtung von Zisternen sowie Anpflanzungen im Außenbereich. Als konkretes Projekt im Segment „Aufstockung“ diente ihm die Fritz-Kissel-Siedlung im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen.

Modular schafft Masse

Thematischer Wechsel vom Bestand zum Neubau mit Modulbauweise dann vor der Mittagspause: Thorsten Schulte, Geschäftsführer der Gewobag EB Entwicklungs- und Baubetreuungsgesellschaft mbH, und Andreas Göbel, Head of Acquisition Daiwa House Modular Europe, stellten Europas größtes modulares Bauprojekt an der Landsberger Allee in Berlin vor. Hier entstehen derzeit auf rund 39.000 Quadratmetern Grundstücksfläche 1.548 Wohn-einheiten mit durchschnittlich 42 Quadratmetern Wohnfläche, davon 1.316 gefördert, in einer Art Lego-Bausystem. Das Mega-Projekt wird – bis auf die Ladenzeile im Erdgeschoss – komplett in vorgefertigter Modulbauweise realisiert. Diese ermögliche eine gleichbleibende Qualität sowie eine hohe Baugeschwindigkeit, die in konventioneller Bauweise kaum realisierbar wäre.

Die Zeitersparnis beim Daiwa-Modulbau liegt bei 50 Prozent und ein Quadratmeter Bruttogrundfläche im Hochbau kostet circa 2.000 Euro. Nicht zuletzt könne in Zeiten des Fachkräftemangels durch die Vorfertigung im Werk Personal auf der Baustelle selbst reduziert werden, da vor Ort weniger Arbeit anfalle. Besonders erfreulicher Aspekt: Daiwa verspricht die Rücknahme von kompletten Gebäuden mit Rückvergütung. Dank der Recyclingfähigkeit der von Daiwa eingesetzten Materialien sichert dies die Baustoffe-Versorgung von morgen.

Bereits Ende 2026 sollen die neuen Wohnungen und Gewerbeflächen sowie ein Kindergarten fertiggestellt sein. 

Business Talk beim Lunch

Die thematische Vielfalt der spannenden Vorträge mit ihrem hohen Innovationspotenzial sorgte für putzmuntere Konversation beim Business Lunch. An den bunt gemischten Tischen förderten Moderatoren mit gezielten Fragen auch beim Essen den Gedankenaustausch. Im Anschluss hieß es dann: „Die Industrie im Gespräch mit der Wohnungswirtschaft.“ Beim Dialog im Fünf-Minuten-Takt bestand für alle Gelegenheit, sich persönlich besser kennenzulernen, auszutauschen und nachzufragen, bevor es am Nachmittag zur Baustellenbesichtigung ins Frankfurter Ostend ging. Dieser Punkt war eine Premiere im Programm des BundesBauBlatt Gipfels und stieß auf großen Anklang.

Der Wachtberger Architekt Prof. Dr. Kay Künzel und Marc Förster vom Hauseigentümer Deutsche Stiftung Denkmalschutz erwartete die Fachrunde vor Ort. Künzel erläuterte mit rheinisch-unterhaltsamer Expertise, wie die serielle Sanierung eines Mehrfamilienhauses im bewohnten Zustand reibungslos funktionieren kann. Das Modellprojekt wurde via BIM durchgängig digital geplant und produziert. Das Holz für die neuen vorgefertigten Fassadenmodule des siebengeschossigen Apartmenthauses aus den 1960er Jahren stammt aus der Region, die Dämmung besteht aus geschreddertem Altpapier. PV-Module auf dem Dach und an der Fassade versorgen die Mieter mit Solarenergie für Heizung, Warmwasser und Haushaltsstrom. Außerdem verfügt das Gebäude über einen Batteriespeicher, eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung sowie rundum smarte Gebäudetechnik. Regen- und Abwasser des Hauses werden in 25.000-Liter -Zisternen aufbereitet und gespeichert. Die Energieversorgung erfolgt per Wärmepumpe. Alle Bewohner sind somit zukünftig vollkommen unabhängig von fossilen Brennstoffen. Das Gebäude erreicht nun KfW-Standard 40 EE – das entspricht höchstem Neubau-Niveau.

Ausgestattet mit umfangreichem neuen Wissen und inspirierenden Eindrücken klang der Tag für alle in der Blasky Rooftop-Bar aus – bei lobenswert leckerem Essen und einem atemberaubenden Blick über die abendliche Frankfurter Skyline.

Austausch: Wer steht wo?

Tag 2 begann mit vier kurzweiligen Zusammenfassungen der moderierten Tischgespräche des Business Lunchs vom Vortag. Diese riefen den Teilnehmern noch einmal die ganze thematische Vielfalt des modularen und seriellen Sanierens und Bauens in Erinnerung. Fragestellungen bei den Tischgesprächen waren unter anderem: Welche Erfahrungen haben Sie bereits mit seriell-modularem Bauen und Sanieren gemacht? Planen Sie diesbezüglich Projekte? Wie schätzen Sie die aktuelle Fördermittel-Situation ein? Und, wie wäre dieses Thema zukünftig noch stärker zu forcieren? Das sich daraus ergebene Stimmungsbild war sehr heterogen.

So konnten manche Wohnungsunternehmen bereits von erfolgreich umgesetzten Projekten berichten, während andere erst Planungen anstreben und somit den fachlichen Input sowie das Networking mit potenziellen Anbietern beim BBB Gipfel sehr schätzten. Auch eine Abgrenzung von seriell und modular schien vielen erwähnenswert. Kritik äußerten jedoch zahlreiche Teilnehmer an der aktuell unzureichenden Förderkulisse und der steigenden Anzahl an Regularien. 

Best Practice aus dem Rheinland

Prof. Dr. Kay Künzel eröffnete im Anschluss die Vortragsreihe des zweiten Tages und präsentierte – nach der Baustellenbesichtigung vom Vortag – ein weiteres seiner innovativen Projekte in serieller Holzbauweise. Auch hier galt sein erklärtes Ziel:  Bezahlbaren und nachhaltigen Wohnraum schaffen. Das Mehrfamilienhaus mit acht barriere-freien Wohneinheiten vereint Okönomie und Ökologie und ist auch im geförderten Wohnungsbau realisierbar. Kritik übte Künzel an den enormen bürokratischen Hürden, die er zur Realisierung seiner Vorhaben stets bewältigen muss.

So seien beispielsweise im Fall des am Vorabend besichtigten Projekts im Frankfurter Ostend eine Wartezeit von 98 Monaten bis zur Baugenehmigung durch die zuständigen Stellen für ihn eine frustrierende Erfahrung gewesen – die Umsetzung der Klimawende unter diesen bürokratischen Hürden kaum darstellbar. Dabei seien die technischen Möglichkeiten längst vorhanden, man müsse nur ins Tun kommen, die Bürokratie reduzieren und adäquate Fördermöglichkeiten für Bestandsmodernisierungen und Neubauten seitens der Politik schaffen.

Passend dazu folgte – nach einem kurzen zweiten Dialogforum – der Vortrag zum am 1. Oktober 2024 neu gestarteten KfW-Produkt „Klimafreundlicher Neubau im Niedrigpreissegment“, dessen Ziel es ist, flächeneffizienter, preisgünstiger und klimafreundlicher zu bauen. Referent Marcus Kaufmann, Prokurist Mittelstandsbank & Private Kunden I KfW-Bankengruppe, präsentierte den Zuhörern unter anderem die Kriterien und erforderlichen Grundrisse, die die Voraussetzung bilden, um die Zinsverbilligungen der KfW-Förderkredite in Anspruch nehmen zu können. Diese sorgten in der Runde allerdings vielseits für Kopfschütteln und Irritationen. Es folgten zahlreiche Nachfragen der Vertreter der sozialen Wohnungswirtschaft in Bezug auf die verhältnismäßig kleinen Wohnflächen sowie die generellen Möglichkeiten der KfW-Förderungen.

Expertise bis zur letzten Minute

Dass in Zeiten knapper Kassen und Wohnraummangel dennoch innovative Wege beschritten werden können, um auf seriellem und modularem Weg klimafreundliche Wohnungen zu schaffen – darüber berichtete Heiko Leonhard, Vorstandssprecher der Düsseldorfer Wohnungsgenossenschaft. Sein Thema: „Eine Genossenschaft auf dem Holzweg“. Er präsentierte anschaulich gelungene Aufstockungen durch Holz-Modulbauweise. Mathias Ponitka, Leiter Team Ankauf und modulares Bauen LEG Immobilien, sowie Andreas Kipp, Leiter Vertrieb und Marketing des von LEG und Rhomberg Group gegründeten Joint Venture Renowate, teilten sich den Schlussvortrag „Die Weiterentwicklung der seriellen Sanierung: Vom Reallabor zur Serie in Mönchengladbach-Haardt“. Im Mittelpunkt stand der Pilot einer erfolgreichen Sanierung von Bestandsobjekten auf Basis des „Energiesprong-Prinzips“, bei der unter anderem mit seriell vorgefertigten (Fassaden-)Elementen gearbeitet wurde.

Am Ende des zweiten Tages waren sich die Anwesenden einig: Beide Gipfel-Tage haben sich dank großen Praxisbezugs gelohnt, den Horizont in puncto seriell-modulares Bauen enorm erweitert und obendrein den Kontakt zu Branchenpartnern ermöglicht. Mit guten Lösungen für die Aufgaben im eigenen Unternehmen ging es Richtung Heimat.

Das Thema für den nächsten BundesBauBlatt Gipfel steht bereits fest: „Kreislaufwirtschaft und UrbanMining“. Erneut darf ein großartiger Austausch mit zahlreichen Fachreferenten aus Forschung, Praxis und Industrie erwartet werden. Save the date: 28. und 29. Oktober 2025, dann erstmals in Heidelberg.

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