Preise für Wohnimmobilien steigen langsamer
In Deutschland stiegen die Wohnimmobilienpreise seit 2000, dem Beginn der Zeitreihen für Hauspreise in der Eurostat-Datenbank, langsamer als in den meisten EU-Ländern. Die Preisentwicklung in den einzelnen Kreistypen ist sowohl im Auf- als auch im Abschwung bisher gleichgerichtet verlaufen.
Preisentwicklung in Deutschland und Europa
In Deutschland stiegen die Wohnimmobilienpreise seit 2000, dem Beginn der Zeitreihen für Hauspreise in der Eurostat-Datenbank, langsamer als in den meisten EU-Ländern. Sie erhöhten sich um durchschnittlich 2,5 % pro Jahr, was im Vergleich mit den Nachbarländern der niedrigste Wert ist. Es ist aber auch im Vergleich mit den nicht an Deutschland angrenzenden Ländern der EU ein unterer Wert, der lediglich von Griechenland (+2,4 % p.a.) und Italien (+1,8 % p.a.) unterschritten wird (vgl. Tabelle 1).
Zur Messung der Wohnimmobilienpreise findet der sogenannte Hauspreis-Index-HPI (house price index) Verwendung, der neben Häusern auch Wohnungen unabhängig vom Verwendungszweck (Selbstnutzung oder Vermietung) umfasst und von Eurostat veröffentlicht[1] wird.
Bei der Wohnimmobilienpreisentwicklung in Deutschland wird der Betrachtungszeitraum maßgeblich geprägt durch die Stagnation während der ersten zehn Jahre. 2010 lag das Preisniveau knapp unter dem Ausgangsniveau des Jahres 2000. Anschließend erhöhten sich die Preise bis 2022 um durchschnittlich 5,7 % p.a., ehe sie im Jahr 2023 um 8,4 % gegenüber dem Vorjahr zurückgingen (vgl. Tabelle 1). Nach diesem ersten Rückgang seit 2007 lag das Preisniveau in Deutschland noch 78 % über dem Niveau des Jahres 2010.
Im zweiten Teil des Betrachtungszeitraums 2010 bis 2023 lag der jährliche Preisanstieg mit durchschnittlich 4,5% zwischen 6,3 % in Tschechien, dem Land mit dem kräftigsten Preisanstieg unter den Nachbarländern, und 2,1 % in Frankreich am unteren Ende, bei einem EU-Durchschnitt von 3 % (vgl. Tabelle 1 und Chart 1). Nicht nur in Tschechien sondern auch in Luxemburg und Österreich war seit 2010 eine Verdoppelung der Preise zu verzeichnen. Darüber hinaus steht an der Spitze der Preisentwicklung Estland, wo sich die Wohnimmobilienpreise seit 2010 verdreifacht haben, bei einem Anstieg von durchschnittlich 9,1 % p.a..
Entwicklung der Hauspreise in den
unterschiedlichen Kreistypen seit 2015
Das Statistische Bundesamt veröffentlicht bei den Wohn-immobilienpreisindizes eine Untergliederung nach fünf siedlungsstrukturellen Kreistypen (vgl. Tabelle 2). Als ergänzende Aufteilung stehen Preisindizes für Ein- und Zweifamilienhäuser (EFH/ZFH) sowie Eigentumswohnungen (ETW) zur Verfügung. Es werden keine Insgesamt-Zahlen für Kreis- bzw. Wohnungstypen veröffentlicht.
In der Gliederung nach siedlungsstrukturellen Kreistypen zeigen zwischen dem 4. Quartal 2015 – dem Beginn dieser Zeitreihe – und dem ersten Quartal 2024 die Metropolen den kräftigsten Anstieg (vgl. Tabelle 2). Dies gilt sowohl für die Preisindizes für EFH/ZFH (+56 %) als auch für die Preisindizes für ETW (+72 %).
An zweiter Stelle standen die dünn besiedelten ländlichen Kreise mit einem Anstieg von +46 % für EFH/ZFH und +56 % im Marktsegment ETW. Das Schlusslicht in der Entwicklung, allerdings mit einem immer noch beachtlichen Anstieg, bildeten die städtischen Kreise mit +27 % für EFH/ZFH und + 36 % für ETW.
Insgesamt haben sich im Vergleichszeitraum seit dem vierten Quartal 2015 die Preisindizes in Deutschland um 41 %. erhöht. Somit bleibt die Entwicklungsrichtung zwischen den Kreis- und Wohnungstypen gleichgerichtet (vgl. Chart 2.)
Die beobachtbare eher gleichförmige Entwicklung der Kreistypen schließt nicht aus, dass bei kleinräumlicher Betrachtung, z.B. in einzelnen Städten bzw. Gemeinden, die Wohnimmobilienpreisentwicklung stärker divergiert als zwischen den fünf siedlungsstrukturellen Kreistypen.
Preisentwicklung der Kreistypen im Auf- und im Abschwung
In Deutschland stiegen die Preise für Eigentumswohnungen in den Metropolen zwischen dem vierten Quartal 2015 und dem zweiten Quartal 2022, dem höchsten Indexwert, um insgesamt 96 %, von denen nach dem Rückgang bis zum ersten Quartal 2024 immerhin noch 72 % übrigblieben.
Der in Deutschland in allen Kreistypen nahezu zeitgleich einsetzende Abschwung zwischen dem zweiten Quartal 2022 und dem ersten Quartal 2024 differierte kaum und lag zwischen -7 % bei ETW in dünn besiedelten ländlichen Kreisen und -12% in ländlichen Kreisen mit Verdichtungsansätzen, sowie -14 % für EFH und ZFH in dünn besiedelten ländlichen Kreisen und -19 % für Häuser in Metropolen. In Deutschland insgesamt erhöhte sich das Immobilienpreisniveau bis zum zweiten Quartal 2022 um 63 %, während anschließend ein Rückgang um 14 % zu beobachten war. Somit lag das Preisniveau noch um 41 % über dem Stand von Ende 2015 (vgl. Tabelle 2).
Abschwung in Deutschland und in vielen
Nachbarstaaten
Die seit mehreren Jahren anhaltende und auch durch die Coronakrise nicht unterbrochene Aufwärtsentwicklung der Wohnimmobilienpreise in Europa - zwischen den Jahren 2019 und 2021 stiegen in jeweils 26 von 27 EU-Ländern die Immobilienpreise - endete zuerst in Deutschland. Hier und in Finnland und Schweden lag das Hauspreisniveau im vierten Quartal 2022 erstmals unter dem Vorjahresniveau. Anschließend folgten die Nachbarstaaten Dänemark, Luxemburg, die Niederlande und später Österreich, Tschechien, die Slowakei sowie Frankreich.
Robustere Wohnimmobilienmärkte mit jahrelangen kontinuierlichen Preisanstiegen gegenüber dem Vorjahr verzeichneten auch im ersten Quartal 2024 Belgien (+3,1 %) und insbesondere Polen (+18 %). In einigen Nachbarländern endete im ersten Quartal 2024 die Phase der Unterschreitung des Vorjahrespreisniveaus: In Tschechien (+ 1,2 %) und den Niederlanden (+3,6 %) lag das Preisniveau wieder über dem Vorjahresniveau.
In zehn EU-Ländern unterschritten die Immobilienpreise 2023 das Vorjahresniveau, während sich der Anstieg in den übrigen 17 Ländern fortsetzte. Welche Gemeinsamkeiten weisen diese zehn Länder der EU auf? Zu diesen zählten neben Deutschland sechs seiner acht EU-Nachbarländer – Belgien und Polen verzeichnen weiterhin kontinuierliche Anstiege – sowie Schweden, Finnland und die Slowakei.
Der Anstieg der Immobilienpreise selbst kann kein entscheidender Faktor sein, da unter den 17 übrigen EU-Ländern einige, wie die baltischen Staaten, sehr große Preisanstiege verzeichneten, während andere, z.B. Italien, ihren Aufholprozess nach den Rückgängen während der Finanzkrise lediglich weiter fortsetzen, ohne das Vorkrisenniveau bereits erreicht zu haben.
Aus Tabelle 1 ist ersichtlich, dass acht der zehn Länder mit Immobilienpreisrückgängen im Jahr 2023 ein im Vergleich zum EU-Durchschnitt höheres Niveau des privaten Konsums auswiesen – zum Zwecke der besseren Vergleichbarkeit gemessen als privater Konsum pro Kopf in Kaufkraftparitäten. Lediglich in Tschechien und der Slowakei – wie auch in allen anderen 2004 oder später beigetretenen Mitgliedstaaten liegt dieses Wohlstandsmaß unter dem EU-Durchschnitt.
Zusammenfassung
Nach einer Phase stagnierender Wohnimmobilienpreise in Deutschland bis 2010 stiegen diese bis 2023 um durchschnittlich 4,5 % p.a. an, was über dem EU-Durchschnitt von 3 % liegt, aber im Vergleich mit den Nachbarländern ein mittlerer Wert ist. Der Preisrückgang 2023 erfasste auf europäischer Ebene neben Deutschland neun weitere EU-Länder, darunter viele seiner Nachbarstaaten, mit Ausnahme von Belgien und Polen.
Die Länder mit Preisrückgängen 2023 zeichnen sich meist durch ein im EU-Vergleich überdurchschnittliches Pro-Kopf-Konsumniveau aus. Das Ausmaß des Immobilienpreisanstieges seit 2010 gab dagegen keinen Hinweis auf sich abzeichnende Preisrückgänge.
Eine Analyse der Preisentwicklung in den fünf siedlungsstrukturellen Kreistypen zeigte, dass die Preisentwicklung in den einzelnen Kreistypen trotz eines unterschiedlichen Ausgangsniveaus sowohl im Auf- als auch im Abschwung bisher gleichgerichtet verlaufen ist.
Verweis[1]) https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/prc_hpi_a/default/table?lang=en