Trauen wir uns endlich wieder zu bauen!

Die Bundes­arbeits­­gemeinschaft Immo­bilien­wirtschaft Deutschland (BID) bezieht Stellung.

„Nicht weil es schwer ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer“, lautet das berühmte Zitat von Seneca. Mit Blick auf den Wohnungsbau trifft das auch zu: Wir leisten uns ein hochkomplexes System mit Anforderungen, Vorschriften und hohen Standards, die uns blockiert haben. Das wissen wir alle. Es traut sich kaum jemand, dieses System umzugestalten. 

Wir leben in Zeiten der vielbeschworenen Polykrisen. An allen Ecken und Enden rumort, klappert und knirscht es – es gibt kaum einen Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge, der nicht unter einem enormen Reformstau ächzt. Alles ist jetzt Krise. Das alles mit viel Geld zuzuschütten, Stichwort: Sondervermögen, ist sicherlich kommod – aber ist es auch klug? 

Was sicherlich nicht so klug war, ist, dass wir vieles auf die lange Bank geschoben haben. Dabei ist die Not groß: Wir stehen vor enormen Herausforderungen, rund 800.000 Wohnungen fehlen im ganzen Land. Bei Bauprojekten für die vielen Menschen ohne eigene bezahlbare Wohnung „redet“ sogar der seltene Lurch mit und beendet potenziell Pläne, bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen zu können. Das ist schlicht inakzeptabel, nicht nur für diejenigen, die keine Bleibe haben. Artenschutz ist wichtig, ohne Frage, aber der Mensch verdient auch Schutz. Wie wäre es mal mit „einfach endlich mal bauen“?

Fakt ist: Der Wohnungsbau trug in den letzten Jahrzehnten signifikant zum deutschen Wirtschaftswachstum bei. Durch die Bereitstellung von geeignetem Wohnraum für alle Bedarfsklassen ist er ein Weichensteller für Wirtschaftswachstum in anderen Branchen, deren Fachkräfte geeignete Wohnungsmöglichkeiten vorfinden müssen, stellte eine Studie im vergangenen Jahr fest.

„Der Wohnungsbau ist ein guter Hebel für einen sofortigen Konjunkturimpuls“, betonte auch Matthias Günther, Leiter des Pestel Instituts, kürzlich.

Die Wohnungs- und Immobilienbranche steht für die Interessen von 6,6 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, von Unternehmerinnen und Unternehmern. Damit ist der Wohnungsbau als Wirtschaftsfaktor auf Augenhöhe mit der Automobilindustrie. Jeder siebte Euro der gesamtwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung steht in Beziehung zur Wohnungsbaubranche – 198,3 Mrd. Euro wurden von ihr im Jahr 2023 erwirtschaftet. Neben den direkten Effekten fielen indirekte Effekte in Höhe von 166,4 Mrd. Euro an. 

Wir brauchen klar formulierte Mindeststandards, die der Gefahrenabwehr, dem Brandschutz und der Statik dienen und im BGB festgeschrieben sind. Nur so kommen wir wieder zu bezahlbaren Standards.

Länder und Gemeinden müssen ein viel stärkeres Interesse am Neubau entwickeln und dies an die nächste Bundesregierung adressieren. Die Länder haben zudem endlich ihre Bauordnungen durchzugehen und unnötige Teile davon abzuschaffen.

Wir müssen die vielen Betriebe und Unternehmen, die oft beschworene Mittelschicht, sichern, damit sie nicht wegbricht. Und wir müssen im Hinblick auf die großen Themen Demografischer Wandel und Altersvorsorge eben auch wieder mehr Menschen Eigentum ermöglichen. 

Das alles kostet kein Sondervermögen, vieles kostet uns nur etwas Mut. „Zukunft wird aus Mut gemacht“, sang einst Nena. Wir haben manches schleifen lassen, auch weil uns der Mut fehlte, Dinge richtig anzugehen. Gehen wir es jetzt an, beherzt und mit Zuversicht.

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