Überraschend unplanbar

„Moment mal!“: Die Bundes­arbeits­­gemeinschaft Immo­bilien­wirtschaft Deutschland (BID) bezieht Stellung.

Wir haben die Zeiten schon lange hinter uns gelassen, in der der berühmte Handschlag unter Kaufleuten ein Geschäft besiegelte. Das mag man bedauern, eines hat sich jedoch seitdem gewiss nicht verändert: Wort zu halten, gilt weiterhin, auch wenn wir es jetzt mit der Hilfe von Juristen absichern.

Planbarkeit und Verlässlichkeit sind unabdingbar, nicht nur, aber vor allem für die Immobilien- und Wohnungsunternehmen. Wir bauen im Wortsinn darauf, dass Zusagen gehalten werden. Denn die Projekte, die wir angehen, brauchen viele Monate, teilweise Jahre, um realisiert zu werden, und auf konstante Parameter sind wir zum Gelingen der Projekte angewiesen. Investitionen über einen langen Zeitraum benötigen verlässliche Bedingungen. Eigentlich eine Binse.

Bedauerlicherweise werden wir immer wieder von Entscheidungen des Bau- und/oder Wirtschaftsministeriums überrascht. Und eben nicht im guten Sinne.

Mustererkennung ist die Fähigkeit, in einer Menge von Daten Regelmäßigkeiten, Wiederholungen, Ähnlichkeiten oder Gesetzmäßigkeiten zu erkennen. Nun, ich erkenne ein Muster im Regierungshandeln. Denn wiederholt wurden wesentliche Änderungen bei Förderungen und Vorhaben überraschend verkündet, mit zum Teil erheblichen Konsequenzen für die Betroffenen. Erinnern Sie sich noch? Über Nacht wurde die KfW-Förderung für den klimafreundlichen Neubau gestoppt. Oder gerade neulich: Montags heißt es plötzlich, ab Mittwoch wird die Förderung der Energieberatungen eingedampft – von 80 % der Kostenübernahme auf 50 %. Das Problem ist nicht (nur) die 30 % fehlende Förderung. Das Problem ist die Unzuverlässigkeit von getroffenen Zusagen. Solche ad hoc-Änderungen bei Förderungen führen zu Verunsicherung, dabei braucht der Markt dringend Planungssicherheit.

Ein weiteres Muster erkenne ich bei der Einbindung der Fachleute aus den betroffenen Branchenverbänden. Einerseits sollen die Weichen gestellt werden für die Zukunft. Die Transformation unserer Wirtschaft benötigt aber Entscheidungen, die auch nach ein paar Wochen noch gelten sollen und nicht nach dem Praxischeck gleich wieder einkassiert werden. Doch dazu benötigen die Expertinnen und Experten eben ausreichend Zeit, um die Gesetztestexte auf Herz und Nieren zu prüfen. Wenn sie das nicht machen, schleichen sich Fehler ein, die sich später rächen können.

Beim Gebäudeenergiegesetz im vergangenen Jahr waren es ein paar Tage über Ostern, die den Verbänden blieben, um das Gesetz zu prüfen und eine Stellungnahme zu produzieren. Dagegen haben wir uns als Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland erfolgreich gewehrt und mehr Zeit erhalten.

Jetzt gab es zur Prüfung der Novelle des Baugesetzbuchs etwas mehr als zwei Wochen – allerdings mitten in der Sommerferienzeit. Das ist bedauerlich, nicht wirklich hilfreich, aber eben leider auch schon erwartbar.

Den Fachexpertinnen und -experten sollte ausreichend Zeit gegeben werden, um ihren Beitrag zu leisten. So werden fachliche Schwächen und Fehler vermieden. Das wäre wesentlich souveräner, Hand drauf.

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