BFW-Präsident: „Verminderter Mehrwertsteuersatz beim Wohnungsbau darf kein Tabu-Thema sein"
Während den Sondierungsgesprächen von CDU/CSU, FDP und B90/Die Grünen bewertet BFW-Präsident Andreas Ibel im Interview den Verlauf der Sondierungsgespräche und blickt auf die kommende Legislaturperiode.
BFW: Der Sondierungsstand zu Finanzen, Haushalt und Steuern liest sich wie eine Wunschliste der Immobilienwirtschaft…
Ibel: …aber Zwischenergebnisse von Sondierungen sind noch lange keine Steuerbescheide oder -gesetze. Zumal die Parteien ja bereits einen Tag nach den Gesprächen unterschiedlicher Auffassung über deren Verbindlichkeit waren! Auch in der vergangenen Legislaturperiode gab es zahlreiche Absichtserklärungen; zur steuerlichen Förderung von Mietwohnungsbau und Gebäudesanierung gab es sogar Gesetzesinitiativen im Bundesrat und Bundestag. Am Ende wurde keines dieser Vorhaben erfolgreich zu Ende geführt. Der Teufel steckt bekanntermaßen im Detail. Das darf sich nicht wiederholen.
BFW: Grundvoraussetzung dafür ist sicherlich, dass nicht nur die Baupolitiker, sondern die gesamte Regierung diese Instrumente wollen. Lässt sich dies bereits erkennen?
Ibel: Drei der sieben steuerlichen Fördermaßnahmen der ersten Arbeitsgruppe betreffen direkt die Immobilienbranche. Wenn dies nicht nur Lippenbekenntnisse bleiben, kann man zu Recht sagen, dass der Ernst der Lage erkannt und gehandelt wird. Aber das allein wird nicht ausreichen.
BFW: Also ist die Wunschliste an die Finanzpolitiker noch länger? Ibel: Das ist nicht der Punkt. Uns geht es nicht nur um die Rahmenbedingungen, sondern auch um das Investitionsklima. Der Immobilienmarkt darf nicht länger die Arena für die Austragung sozialer Konflikte sein: Investor gegen Nutzer, Mieter gegen Vermieter, Besserverdiener gegen junge Familie, Sozialhilfeempfänger gegen anerkannten Flüchtling. Die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Hier dürfen nicht einzelne Akteure gegen andere ausgespielt werden.
BFW: Der Themenblock „Kommunen, Wohnen, Ehrenamt, Kultur, Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen" steht an. Welches sind die drängendsten Probleme?
Ibel: Bezieher geringer und mittlerer Einkommen finden in Ballungsgebieten kaum noch bezahlbaren Wohnraum. Das Placebo Mietpreisbremse, ob nun mit Auskunftsrecht über die Vormiete oder ohne, wird daran nichts ändern. Der stärkere, bzw. solventere Mietinteressent wird sich auch weiterhin durchsetzen. Wir müssen aber bezahlbaren Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten schaffen!
Wir brauchen auch eine deutliche Reduzierung bei der Grunderwerbsteuer, damit mehr Menschen selbstgenutztes Wohneigentum erwerben können. Und warum denkt man bei den Sondierungsgesprächen nicht auch mal über einen verminderten Mehrwertsteuersatz beim Wohnungsneubau nach? Das darf kein Tabu-Thema sein! Es kann doch nicht angehen, dass man für den Bau eines Wohnhauses 19 % mehr Steuern bezahlt – die dann natürlich in die Miete eingehen! – als für den Bau eines Supermarktes.
BFW: Auch wenn die Sondierung zum Klimaschutz vertagt wurde, so gibt es doch eine Einigkeit bei den Zielen. Uneinigkeit herrscht aber über den Weg dorthin….
Ibel: Das entspricht genau der Haltung der Immobilienwirtschaft. Wir wollen endlich wieder über den Weg sprechen können. Bezahlbarkeit, Versorgungssicherheit und Umweltschutz sind drei Ziele, die nicht allein über die Primärenergie abgebildet werden können. Auch die CO2-Emission und Endenergiekosten müssen Beachtung finden! Wir brauchen bei der Energiewende mehr Freiheit, um Innovationen entwickeln und neue Wege gehen zu können. Also weniger Fesseln des Ordnungsrechts. Die Beendigung der EnEV-Ralley und stärkere Konzentration auf die Energieerzeugung wäre dafür ein wichtiges Signal.