Wohnen in Thüringen: Überall bezahlbar, aber unterschiedliche Entwicklungen

Der Verband der Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (vtw) stellte jetzt seinen jährlichen Marktmonitor „Wohnen in Thüringen“ vor. „Überall in Thüringen bieten unsere Mitgliedsunternehmen – die jeden zweiten Thüringer Mieter beherbergen – bezahlbares Wohnen an“, sagte Verbandsdirektor Reinhard Guhr. Die Durchschnittsmiete liegt in Thüringen bei 4,85 €.  Mehr noch: In fast allen Thüringer Regionen (82 % der Kreise) liegen die Mieten noch tiefer, höher lediglich in Erfurt, Jena, Weimar und dem Saale-Orla-Kreis.

Auch die oft thematisierten Neuvertragsmieten (Nettokaltmiete) – für Wohnungssuchende die entscheidende Größe – liegen bei den vtw-Unternehmen zu 77 % unter 6,50 €, nur 2,9 % der Vermietungen über 8 €. Aktuell bedeutet das für Erfurt, Weimar und Jena im Schnitt 5,98 €. Bundesweit zahlen Mieter in Großstädten unter 500.000 Einwohner bei Neuvermietung 7,55 € und selbst in ländlichen Kreisen 6,05 € – bei Großstädten über 500.00 Einwohner sind es sogar 10,39 €.  

Dass die Märkte funktionieren, zeigen auch die hohen Fluktuationsraten – Weimar 8,8 %, Erfurt 9,4 % und Jena 13,1 % – bei durchschnittlich 3,7 % Leerstand (Thüringen gesamt 8,1 %). Sie bedeuten: Es gibt für alle Wohnraum – Fluktuation bricht ein, wenn kein Wohnraumangebot vorhanden ist, in das man ziehen kann. Guhr betont: „Diese Zahlen machen klar – Thüringen hat eine gut funktionierende Wohnraumversorgung. Wir halten es deshalb für fahrlässig, von angespannten Wohnungsmärkten zu sprechen.“ In der Folge komme es zu falschen Lageeinschätzungen, Weichenstellungen und Gesamteindrücken von der Wohnraumversorgung. Die vtw-Unternehmen brauchten keine Mietpreisbremse, sie seien die Mietpreisbremse. „Förderung wird dort benötigt, wo aus niedrigen, nicht durch die Unternehmen verschuldeten Mieten, notwendige Prozesse wie Rückbau oder barrierefreier Umbau nicht gestemmt werden können.“

Im ländlichen Raum setzt so ein Teufelskreis ein. Abwanderung führt zu sinkender Nachfrage – damit zu sinkenden Mieten bei steigendem Leerstand von ca. 10 % bei vtw-Mitgliedern. Es fehlen die Mittel für Instandhaltung und den nötigen bedarfsgerechten Umbau. „Hier hilft uns beispielsweise die Landesförderung für barrierefreie Wohnungen sehr“, so Guhr. „Wir nehmen wahr, dass neben den Metropolen jetzt Klein- und Mittelstädte zu Ankern werden. Unsere Unternehmen fördern dies durch Investitionen in Bestand und Neubau, um die Attraktivität der Region zu steigern.“

Insgesamt bauten vtw-Unternehmen 2016 in Thüringen 614 neue Wohnungen (2015 – 419 Wohnungen)  – mehr als alle anderen Akteure am Thüringer Wohnungsmarkt. Die Gesamtinvestitionen lagen 2016 bei 375 Mio. €, mit steigender Tendenz. Es zeichnet sich der Beginn der zweiten Sanierungswelle ab, die Unternehmen mit niedrigen Mieten vor eine besondere Herausforderung stellt.

Reinhard Guhr fasst zusammen: „Der Thüringer Wohnungsmarkt ist in Bewegung, wir müssen genau hinschauen. Wie hoch steigt der Bedarf in den Städten wirklich, wo müssen wir langfristig stabilisieren – wo gibt es neue Tendenzen. Vor allem brauchen wir Allianzen bei Themen, die Wohnungswirtschaft weder verursacht hat noch steuern kann,  aber austragen muss. Das betrifft insbesondere demografischen Wandel, Flüchtlingsintegration und Wirtschaftsentwicklung.“

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