Doppelte Kosten in Aussicht: Verband Wohneigentum warnt vor Flickenteppich bei der Grundsteuer

Die geplante Grundsteuerreform soll eine Öffnungsklausel haben. Damit soll insbesondere dem Wunsch des Landes Bayern Rechnung getragen werden, ein abweichendes Bewertungsmodell anzuwenden. Das kann zu doppeltem Verwaltungsaufwand führen. Wegen des Länderfinanzausgleichs müssen Länder, die eigene Wege gehen, voraussichtlich die Grundsteuer zweimal berechnen – nicht nur nach ihrem Modell, sondern zusätzlich nach dem Bundesmodell.

Die Antwort des Staatssekretärs Rolf Bösinger aus dem Bundesfinanzministerium auf Nachfrage des Abgeordneten Karsten Klein (FDP) zeichnet ein Bürokratiemonster an die Wand. „Es ist eine Zumutung für den Steuerzahler, wegen der Unfähigkeit der Politiker, eine einvernehmliche Grundsteuerreform zu erarbeiten, unabsehbare Verwaltungskosten bezahlen zu müssen“, protestiert Manfred Jost, Präsident des Verbands Wohneigentum (VWE, www.verband-wohneigentum.de).

Flickenteppich vermeiden

Jost appelliert an die Bundestagsabgeordneten, sich nach der Sommerpause auf ein sozial vertretbares, transparentes, für die Betroffenen nachvollziehbares und bundeseinheitliches Grundsteuermodell zu verständigen. „Mit einem Flickenteppich bei der Grundsteuer ist nach den miserablen Erfahrungen bei der länderabhängigen Grunderwerbsteuer niemandem gedient“, betont Jost. Der Finanzminister und die Bundesländer müssten über ihren Schatten springen und das einfachste, nämlich ein modifiziertes Flächenmodell beschließen.

Modifiziertes Flächenmodell

Anders als beim derzeit von den meisten Ländern akzeptierten wertabhängigen Modell, wird bei sogenannter wertunabhängiger Besteuerung die Berechnung nicht an dynamische Verkehrswertsteigerungen oder Mietwerte gebunden. Die Fläche des Grundstücks und die Fläche der Wohnung werden jeweils mit einem unterschiedlich festgelegten Faktor taxiert. Das ist für den Verbraucher einfach und nachvollziehbar. Weiterer Vorteil: Die erforderlichen Daten könnten in der Frist bis Ende des Jahres 2024 mit relativ geringem Verwaltungs- und Kostenaufwand einmal erfasst werden. Nur bei Änderung physikalischer Flächen wäre eine neue Datenerhebung notwendig. Bei einer wertbasierten Berechnung müsste die Wertentwicklung, das heißt Erträge wie Mieteinnahmen, regelmäßig eingearbeitet werden. Schon das wäre ein gigantischer Verwaltungsaufwand, so Manfred Jost. Es handele sich um wiederkehrende, rechtlich angreifbare Wertermittlungen für 35 Millionen Grundstücke in Deutschland.

Doppelte Erhebung

„Kommt die Öffnungsklausel, drohen ganz offensichtlich zwei Erhebungen. Die einfachere als Besteuerungsgrundlage für den betroffenen Bürger, die komplizierte als Grundlage für den Länderfinanzausgleich. Den Verwaltungsaufwand zahlen in jedem Fall die Bürger. Das lehnen wir ab“, betont der VWE-Präsident.

Anhörung

Vor der Sommerpause hat der Finanzausschuss des Bundestags beschlossen, am 11. September eine Anhörung zur Grundsteuerreform durchzuführen. Dabei geht es zum einen um die künftige Bewertung von Immobilieneigentum als Grundlage der Besteuerung. Hier steht die Frage im Mittelpunkt, ob künftig eine wertabhängige oder wertunabhängige Berechnung erfolgt. Zum anderen steht ein Gesetzentwurf zur Einführung höherer Steuern auf baureife Grundstücke zur Debatte. Damit soll Baugrund mobilisiert werden. Schließlich wird im Rahmen der Anhörung zur Grundgesetzänderung die besagte Öffnungsklausel aufgerufen. Der Verband Wohneigentum wird seine Position erneut in die Debatte einbringen.

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