Grundsteuerreform gleicht einer Black Box
„Moment mal!“: Der Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID) spricht Klartext.
Black Box [Definition Lexikon] „(…) ein Objekt, dessen innerer Aufbau und innere Funktionsweise unbekannt sind“.
Da liegt der Vergleich mit dem Reformvorschlag zur Grundsteuer, den Hessen und Niedersachsen im Auftrag der Länder in den Bundesrat eingebracht haben, doch recht nah. Warum? Über die konkreten Folgen des Gesetzentwurfes für den Steuerzahler wissen wir rein gar nichts. Dieser soll nach offizieller Verlautbarung zwar aufkommensneutral gestaltet werden, die Bürger also im Durchschnitt nicht zusätzlich belasten. Dennoch wurden bislang keine Berechnungen zu den Auswirkungen der neuen Bemessungsgrundlage, dem sogenannten Kostenwert, vorgelegt oder in Aussicht gestellt. Dabei ist die Grundsteuer mit rund 13 Mrd. € jährlich die drittwichtigste Einnahmequelle der Länder und Kommunen. Und gerade die ständigen Anhebungen der Grundsteuer-Hebesätze in vielen Kommunen lassen befürchten, dass diese die anstehende Gesetzesreform für Steuererhöhungen nutzen könnten.
Ein flächendeckender Anstieg der Grundsteuer ist aber vor allem deshalb wahrscheinlich, weil der Kostenwert auf permanent steigende Preisindizes wie Baulandpreise und Baukosten Bezug nimmt. Damit würde der Grundsteuer ein permanenter, hochgradig dynamischer Erhöhungsmechanismus eingebaut.
Voraussetzungen für administrativen Verwaltungsgau
Aber nicht nur die finanziellen, auch die bürokratischen Folgen bieten Anlass zur Sorge. Schließlich ist die Ermittlung des Kostenwerts für 35 Millionen Grundstücke unnötig kompliziert und kaum praktikabel. Bei bebauten Grundstücken werden zusätzlich noch die Art des Gebäudes und das Baujahr berücksichtigt, außerdem fließen Pauschalerstellungskosten in die Bewertung ein. Beste Voraussetzungen also für einen administrativen Verwaltungsgau!
Dabei haben bereits die bisherigen Reformversuche, die auf wertorientierten Bemessungsgrundlagen basieren, gezeigt: Eine adäquate Wertermittlung von 35 Millionen Grundstücken mit unterschiedlicher Nutzungsart und die laufende Aktualisierung dieser Werte ist verwaltungstechnisch kaum zu bewältigen.
BID empfiehlt wertneutralen Reformansatz
Die Bemessungsgrundlage eines Reformmodells müsste, das empfiehlt die BID seit Jahren, die unterschiedlichen Grundstücks- und Nutzungsarten angemessen berücksichtigen. Dennoch dürfe sie nicht zu Mieterhöhungen im vermieteten Bestand oder einer überproportionalen Belastung der selbstnutzenden Immobilieneigentümer führen.
Das 2010 von den Ländern Baden-Württemberg, Bayern und Hessen vorgeschlagene Modell einer vereinfachten Grundsteuer nach dem Äquivalenzprinzip deckt viele BID-Forderungen ab: Hier basiert die Berechnung der Grundsteuer auf den Flächen von Grundstücken und Gebäuden. Ein solches wertneutrales Verfahren wäre weniger verwaltungsaufwändig und leichter nachvollziehbar; das Hebesatzrecht der Kommunen bliebe aber auch hier erhalten. In diesen Modellvorschlag sollten zusätzlich unterschiedliche Gewichtungen bezogen auf die jeweilige Grundstücksart eingearbeitet werden, ohne hierdurch den Verwaltungsaufwand wesentlich zu erhöhen. Warum also eine Reform noch komplizierter und teurer machen, wenn es einfacher und transparenter ginge?
„Über die konkreten Folgen des Gesetzentwurfes für den Steuerzahler wissen wir rein gar nichts.“