Im Norden wird kaum noch gebaut: Hohe Kosten für die Erfüllung der Standards verhindern neue Vorhaben

Alarmierende Zahlen offenbart das Neubaumonitoring des Landesverbands Nord des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW). 2023 wurden kaum noch neue Wohnungsbauprojekte begonnen. In Hamburg gab es einen Rückgang von 85,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, inSchleswig-Holstein von 71,9 Prozent und in Mecklenburg-Vorpommern von 58,4 Prozent. 

Der BFW Landesverband Nord vertritt die mittelständische private Wohnungswirtschaft in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Für sein Neubaumonitoring befragt er einmal pro Jahr seine Mitglieder zu ihren Wohnungsbauaktivitäten. „Das, was wir seit Jahren voraussagen, ist jetzt eingetreten: der faktische Stillstand beim Wohnungsbau“, sagt Sönke Struck, Vorstandsvorsitzender des BFW Landesverbands Nord.

Besonders deutlich wird das mit Blick auf die Baubeginne: 2022 begannen die Mitglieder des BFW Landesverbands Nord mit dem Bau von 5.219 Wohnungen in Hamburg. 2023 waren es nur noch 770 – ein Minus von 85,3 Prozent. In Schleswig-Holstein starteten die befragten Unternehmen im vergangenen Jahr den Bau von 556 Wohnungen (minus 71,9 Prozent), in Mecklenburg-Vorpommern waren es 89 Wohnungen (minus 58,4 Prozent). 

„Dass es 2023 einen starken Rückgang der Baubeginne geben würde, war bereits zu erkennen. Aber dieser drastische Rückgang übertrifft unsere schlimmsten Befürchtungen“, kommentiert Sönke Struck. 

Eine Besserung ist nicht in Sicht, denn auch die Zahl der geplanten Vorhaben ist gering: 2024 wollen die Mitgliedsunternehmen des BFW Landesverbands Nord in Hamburg mit dem Bau von 971 Wohnungen beginnen. Das bedeutet ein Minus von 62 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wobei bereits die Vorjahreszahl eine Halbierung des Wertes von 2022 darstellte. In Schleswig-Holstein sind 2024 Neubauvorhaben für 967 Wohnungen (minus 42,5 Prozent) geplant, in Mecklenburg-Vorpommern für 72 Wohnungen (minus 66 Prozent). 

Die Fertigstellungszahlen bewegten sich 2023 etwa auf dem Niveau des Vorjahres. 3.203 Wohnungen bauten die Mitgliedsunternehmen des BFW Landesverbands Nord im vergangenen Jahr in Hamburg. Das bedeutet einen leichten Rückgang von 3 Prozent gegenüber dem Jahr 2022. Leichte Anstiege gab es hingegen in Schleswig-Holstein mit 1.576 fertiggestellten Wohnungen (plus 12,1 Prozent) sowie in Mecklenburg-Vorpommern mit 476 neuen Wohnungen (plus 41,3 Prozent).

Kaum noch Neubauwohnungen ab 2025

„Bei den fertiggestellten Wohnungen handelt es sich um Projekte, die noch in der ,Vorkrisenzeit‘ geplant und begonnen wurden. Es kommen nur noch die Immobilien auf den Markt, die wir in guten Zeiten angeschoben haben. Aber danach sieht es düster aus. Der Wohnungsneubau wird praktisch zum Erliegen kommen. Das zeigen die Baubeginne 2023 sowie die geplanten Baubeginne 2024. Ab 2025 werden kaum noch fertiggestellte Neubauwohnungen auf den Markt kommen“, prognostiziert Sönke Struck. 

„Grundsätzlich begrüßen wir den öffentlich geförderten Wohnungsbau. Das zeigt sich auch daran, dass die private Wohnungswirtschaft regelmäßig seit Jahren die Nummer zwei hinter der Saga bei der Zahl der bewilligten geförderten Wohnungen in Hamburg ist“, sagt Sönke Struck. Allerdings dürfe es nicht zur Regel werden, dass der frei finanzierte Wohnungsbau durch die sehr hohen Anforderungen nur noch mithilfe unterschiedlichster Subventionen realisierbar ist. 

„Das Problem sind die hohen Anforderungen, die den Neubau maßlos verteuern. Während der Niedrigzinsphase waren sie wirtschaftlich gerade noch vertretbar, aber das ist jetzt vorbei. Wir können nicht mehr immer nur Highclass bauen. Von diesem Niveau müssen wir herunterkommen, dazu gibt es keine Alternative. Denn im Wohnungsbau steckt viel sozialer Sprengstoff. Außerdem könnte sich diese Entwicklung für die Hamburger Wirtschaft sogar zu einem handfesten Standortnachteil auswachsen“, sagt Sönke Struck. 

Der BFW Landesverband Nord fordert deshalb:

• länderübergreifende Typengenehmigungen für Wohnhäuser,

• Baukostensenkung durch gesetzliche Deregulierungen,

• keine Anforderungen an die Bauvorhaben, die über das Bau- und Planungsrecht hinausgehen,

• Wohneigentumsförderung mit angemessener Einkommensgrenze,

• die Absenkung der Grunderwerbsteuer auf ein investitionsfreundliches Niveau,

• eine Sonder-AfA für EH 55 (bisher EH 40 QNG) und

• eine degressive AfA ohne Hürden zur Konjunkturbelebung. 

„Unter diesen Voraussetzungen wird der Wohnungsbau wieder in Gang kommen.  Aber es muss schnell etwas passieren. Denn die Kapazitäten, die jetzt abgebaut werden, lassen sich nicht so einfach wiederherstellen. Die Erfahrung zeigt: Es dauert lange, bis sich gute Maßnahmen in Form hoher Fertigstellungszahlen auswirken. Der Wohnungsbau ist wie ein Tanker, der – einmal zum Stehen gekommen – lange braucht, bis er wieder Fahrt aufnimmt“, so Sönke Struck. 

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