VSWG präsentiert Zahlen: Der sächsische Wohnungsmarkt steht vor enormen Herausfor-derungen

Die sächsischen Wohnungsgenossenschaften sind ein bedeutender Faktor auf dem Wohnungsmarkt. Das teilte der Verband (VSWG) jetzt bei der Vorstellung der Jahresstatistik 2020 mit.

Mit einem Wohnungsbestand von 297.724 Wohneinheiten bewirtschaften die Wohnungsgenossenschaften 20,5 Prozent der Mietwohnungen in Sachsen und bieten Wohnraum für rund eine halbe Million Menschen. Die Bilanzsumme aller im VSWG organisierten Unternehmen beträgt rund 9,5 Mrd. Euro. Als Unternehmen erwirtschaften sie mit jährlichen Umsatzerlösen von rund 1,36 Mrd. Euro einen Anteil von ca. 1,1 Prozent am sächsischen Bruttoinlandsprodukt. Sie beschäftigten mehr als 2.600 Mitarbeiter sowie 75 Auszubildende und 23 Studenten und sichern Aufträge sowie Arbeitsplätze in vielen weiteren, die Wohnungswirtschaft flankierenden Branchen.

„Gerade im coronageprägten Jahr 2020 waren sie somit auch ein sicherer Arbeitgeber ohne krisenbedingte Kündigungen, kaum Kurzarbeitergeld und einer weiter geführten Beschäftigung von Azubis und Studenten“, so Mirjam Luserke, Vorstand des VSWG.

Investitionsrekord trotz Corona

Trotz der Auswirkungen durch Corona investierten die sächsischen Wohnungsgenossenschaften mit 567,5 Mio. Euro noch einmal mehr und lagen damit über 50 Mio. Euro über dem Vorjahreswert von 513 Mio. Euro. Neben den seit Jahren kontinuierlich auf nunmehr 304,4 Mio. Euro gestiegenen Instandhaltungsaufwendungen (Vorjahr 283,7 Mio. Euro) sind auch die Modernisierungsinvestitionen im Jahr 2020 deutlich auf 186,9 Mio. Euro gestiegen (Vorjahr: 135,2 Mio. Euro). Damit zeigt sich zum einen der zunehmende Instandhaltungsaufwand der zweiten Sanierungswelle und zum anderen die Baupreissteigerungen der letzten Jahre. Lediglich für den Neubau wurden mit 76,2 Mio. Euro rund 18 Mio. weniger als im Vorjahr investiert.

„Dabei zu berücksichtigen sind zum Teil geringfügige Bauverzögerungen von drei bis vier Monaten, welche Lieferengpässe aufgrund der Corona-Pandemie mit sich gebracht haben. Für das Jahr 2021 rechnen wir daher mit einem Aufholeffekt bei den Baufertigstellungen“, erläutert Sven Winkler, Referent Betriebswirtschaft des VSWG.

Leerstand steigt weiter an

Der sächsische Wohnungsmarkt steht vor enormen Herausforderungen. Während sich die Märkte in den Städten stabil zeigen, aber auch keine großen Rückgänge im Leerstand mehr verzeichnen, steigen die Leerstände außerhalb der drei Großstädte Dresden, Leipzig und Chemnitz seit 2015 wieder langsam an. Mit einem aktuellen Leerstand von durchschnittlich 8,3 Prozent liegen die Leerstände bereits 0,5 Prozentpunkte über dem Tiefstwert von 2014 und 2015 bzw. 0,2 Prozentpunkte über dem Vorjahreswert. Dabei darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass auch der Rückbau wieder deutlich zunimmt. Ohne diesen Rückbau wäre der Leerstand allein im Jahr 2020 um 0,4 Prozentpunkte angestiegen. Durch den Rückbau von 501 Wohnungen lag die Steigerungsrate nur halb so hoch. Insgesamt variiert die Leerstandsquote bei den sächsischen Wohnungs-genossenschaften zwischen 0 und 38,1 Prozent. Mittlerweile weisen 15 von ihnen einen Leerstand von mehr als 20 Prozent auf. Das entspricht einem von 14 Unternehmen.

Neubau in Stadt und Land

Trotz der etwas geringeren Investitionssumme konnten durch Neubau insgesamt rund 411 zusätzliche Wohnungseinheiten an den Markt gebracht werden. Der Neubau ist eine wichtige Säule in der nachhaltigen Bewirtschaftung der Wohnungsbestände; nicht nur im urbanen, sondern auch im ländlichen Raum. Gleichwohl bedient der Neubau mit zur Refinanzierung der erforderlichen Mietpreise von mindestens 10 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche nur eine vergleichsweise kleine Zielgruppe. Vor diesem Hintergrund sind die Neubauvorhaben insgesamt überwiegend kleinteiliger Natur zwischen zehn und 30 Wohnungen pro Bauprojekt. Die Neubauprojekte verteilen sich ziemlich genau je zur Hälfte auf die drei Städte Chemnitz, Dresden und Leipzig sowie die Gebiete außerhalb der drei Großstädte. Gute Beispiele für fertiggestellte Neubauprojekte außerhalb der Ballungszentren lassen sich u. a. in Hoyerswerda, Neugersdorf, Radeberg, Riesa oder Böhlen und Wilkau-Haßlau finden.

Sachsenweit günstige Mieten

Die durchschnittliche Nettokaltmiete (Nutzungsgebühr) der sächsischen Wohnungsgenossen-schaften ist im Jahr 2020 auf 5,11 Euro leicht gestiegen. Der Anstieg von nur 1,6 Prozent lag damit in etwa in der Größenordnung der Inflationsrate. Berücksichtigt man jedoch die Neubau- und Modernisierungsvorhaben, ergibt sich für den Bestand eine deutlich geringere Mietendynamisierung. Dies verdeutlicht einmal mehr, dass Wohnungsgenossenschaften – auch in Krisenjahren – ihre Rolle als verlässlicher Partner für bezahlbares Wohnen wahrnehmen. Untermauert wird dies auch durch eine detaillierte Auswertung der Bestandsmietverträge im Jahr 2020 und eine entsprechend Clusterung in Mietpreisbereiche. So haben insgesamt 45,5 Prozent der Mietwohnungen vertraglich vereinbarte Mieten bis 5,00 Euro pro Quadratmeter. Hierunter fallen vor allem langjährige Mietverträge, Mietverträge in Märkten mit hohem Leerstand oder Mietverträge für Wohnungen in eher teilmodernisierten Wohngebäuden. Weitere 38,8 Prozent haben vertraglich gebundene Mieten zwischen 5,01 und 6,00 Euro. Die 12,2 Prozent der Mieten im Bereich von 6,01 bis 7,00 Euro sind u. a. in überdurchschnittlich modernisierten Gebäuden im ländlichen Raum oder im urbanen Raum zu finden. Nur 1 Prozent aller Wohnungen weisen Mieten über 8,00 Euro aus, davon etwa jede Zehnte über 10 Euro. Diese Wohnungen sind fast ausschließlich im Bereich des Neubaus der letzten Jahre angesiedelt.

„Zusammenfassend liegen 85 Prozent aller Bestandsmietverträge der sächsischen Wohnungs-genossenschaften unter 6 Euro pro Quadratmeter und sind damit ein Garant für sicheres und bezahlbares Wohnen im Freistaat Sachsen“, betont der VSWG-Vorstand.

Kalte Betriebskosten steigen weiter an

Die Vorauszahlungen für kalte und warme Betriebskosten betrugen im Dezember 2020 insgesamt 2,24 Euro pro Quadratmeter und sind gegenüber dem Vorjahr (2,19 Euro pro Quadratmeter) leicht um 5 Cent pro Quadratmeter gestiegen. Die Erhöhung resultierte dabei vollständig aus den kalten Betriebskosten, die primär den Anstieg der kommunalen Gebühren für Abfall, Abwasser etc. sowie überwiegend externe Kosten für Hausmeister, Grünpflege und Winterdienst widerspiegelt. Die Kosten für warme Betriebskosten erhöhten sich nur marginal um 1 Cent auf 1,03 Euro pro Quadratmeter.

Klimaziele der Bundesregierung schon 2014 erreicht

Die sächsischen Wohnungsgenossenschaften arbeiten seit Jahren daran, den ökologischen Fußabdruck ihrer Wohnungsbestände zu verbessern. So konnten die Verbräuche der Wohnungsbestände seit 1990 signifikant von 227 auf mittlerweile 89,5 kWh pro Quadratmeter Wohnfläche reduziert werden. Das entspricht einer Ersparnis von 60,6 Prozent gegenüber dem Jahr der Wiedervereinigung. Somit haben die sächsischen Wohnungsgenossenschaften selbst die höheren Anforderungen auf Basis der jüngst vorgelegten Novelle des Klimaschutzgesetzes (Entwurf), die eine Reduktion der Treibhausgasemissionen des Gebäudesektors um 68 % bis 2030 vorsehen, schon zehn Jahre vorher fast erfüllt. Berücksichtigt man zusätzlich, dass sich seit 1990 nicht nur der Verbrauch, sondern auch die Energieträger verändert und somit die CO2-Anteile deutlich gemindert haben (z. B. durch Einbindung regenerativer Energien und Kraft-Wärme-Kopplung) sind die angestrebten CO2-Reduktionen im Wohnungsbestand vermutlich sogar heute schon vollständig
erreicht. „Damit haben die Wohnungsgenossenschaften ihre Hausaufgaben bereits gemacht. Jetzt sind die Versorger am Zug“, fasst Mirjam Luserke zusammen.

Immanent für den Bestand der Wohnungsgenossenschaften ist ein hoher Anteil an fernwärmebeheizten Beständen, die 78,2 Prozent des Verbrauchs ausmachen. „Dabei sind wir als Bezieher von den Lieferanten abhängig, ob sie grüne Wärme liefern“, so Mirjam Luserke. Weitere 18,9 Prozent des Verbrauchs sind auf Heizungssysteme auf Basis von Erdgas zurückzuführen. Ölheizungen spielen mit knapp einem Prozent eine eher untergeordnete Rolle und sind vor allem noch in sehr ländlichen Regionen ohne Fernwärmesysteme und ohne Gasanschluss zu finden. Reichlich 2 Prozent des Verbrauchs gehen auf Wärmeversorgungssysteme sonstiger Quellen zurück. Hierbei reicht das Spektrum von Biomasse über Pellets bis hin zu strombasierten Heizungen (Nachtspeicher, Wärmepumpe etc.).

Geschäftsklimaindex sinkt weiter

Für 2020 lässt sich für die sächsischen Wohnungsgenossenschaften eine weitere Verschlechterung des Geschäftsklimas erkennen. Anders als in der Vergangenheit tragen hierzu nicht nur sich eintrübende Zukunftserwartungen, sondern zunehmend auch eine schlechtere Beurteilung der Gegenwart bei. Mit 9,1 Punkten hat sich die Einschätzung zum Heute noch mehr verschlechtert als die Einschätzung zur Zukunft, die um 4,2 Punkte nachgab. Somit lässt sich schlussfolgern, dass negative Erwartungen aus der Vergangenheit zum Teil erfüllt wurden und somit auf die gegenwärtige Lage durchschlagen. Dabei ist auffällig, dass sich das Geschäftsklima in Chemnitz, Dresden und Leipzig deutlich gegenüber dem Vorjahr verschlechtert hat. Während die aktuelle Lage noch durchweg positiv eingeschätzt wird, nehmen die Ängste und Sorgen für die Zukunft zu. Während in Dresden die Lage zwar schlechter als heute, aber insgesamt noch leicht positiv erwartet wird, überwiegen in Chemnitz und Leipzig bereits die Erwartungen real schlechterer Bedingungen in der Zukunft.

„Maßgeblich dafür dürfte vor allem der bundesweite Trend zur Instrumentalisierung der Wohnungspolitik sein. Durch Themen wie Mietendeckel, Mietpreisbremse, Ordnungsregelungen beim Klimaschutz und beim Bauen gibt es derzeit zahlreiche Unbekannte, die eine langfristige Investitionsplanung erschweren und sich so nachteilig auswirken. Auch im ländlichen Raum hat sich die Lage – bis auf wenige Ausnahmen – zum Teil sehr deutlich verschlechtert. Wir als verantwortungsvolle Vermieter wünschen uns daher wieder eine auf Fakten basierte differenzierte Betrachtung und Versachlichung der Themen“, fordert Mirjam Luserke.

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