56 Cent/m² für Heizung und Warmwasser
Die Erftsiedlungsgenossenschaft Gindorf eG setzt in einem Neubau in Grevenbroich gezielt auf Kraft-Wärme-Kopplung, um ihren Mietern die optimale Kombination aus Wirtschaftlichkeit, Ressourcenschonung und Versorgungssicherheit bieten zu können. Über ein Mini-BHKW hält sie die Nebenkosten niedrig.
Die Erftsiedlungsgenossenschaft Gindorf eG (ESG) kann man fast schon als „klassisches Unternehmen der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft“ bezeichnen. Traditionell gewachsen ist die 1926 gegründete Genossenschaft eng mit dem Standort und der Region verbunden. Sie hat einen Gebäudebestand von rund 150 Objekten mit etwa 550 Wohneinheiten. Die Mitgliederstruktur sieht die Generation „50+“ ganz vorn, und in den vergangenen Jahrzehnten bestimmte vor allem die Sanierung des Bestandes die Aktivitäten.
„Mit der demografischen Entwicklung hat sich das Anforderungsprofil, das an die Wohnungen gestellt wird, auch für die ESG eG massiv verändert“, erläutert Jörg Schmitz, seit 2003 hauptamtlicher Vorstand der Genossenschaft. „In der Vergangenheit haben wir kontinuierlich einen hohen Modernisierungsaufwand von durchschnittlich über 37 € pro m² Wohnfläche getrieben, um die Vollvermietung unserer Häuser zu gewährleisten. Jetzt aber verschiebt sich der Fokus zunehmend auf die Ertüchtigung von Wohnungen und auf Neubaumaßnahmen, um die wachsende Nachfrage nach altersgerechten Wohnungen zu erfüllen.“
Im Lastenheft stehen dann aber neben baulichen Voraussetzungen – wie barrierearm mit Aufzug und bodengleichen Duschen – auch immer die Mietnebenkosten ganz vorn: „Vor allem der Energiebedarf trägt bekanntlich zu großen Teilen zum Anstieg der Mietnebenkosten bei. Gerade im Alter wollen die Mieter aber Kalkulationssicherheit, wie diese Belastungen für sie in den nächsten Jahren aussehen. Beim Neubau eines Mehrfamilienhauses mit 19 Wohneinheiten mitten in Grevenbroich haben wir deshalb auf eine Kombination aus energiesparender Bauweise und hoch effizienter Strom- und Wärmeerzeugung über eine KWK-Anlage vor Ort gesetzt, um hier Planungssicherheit zu gewinnen.“
3 Mio. € investiert
Konkret wurden rund 3 Mio. Euro in einen aus drei Einheiten bestehenden, dreigeschossigen Riegelbau auf KfW-55-Niveau investiert. Im Herzen von Grevenbroich gelegen entstanden so rund 1400 m² neue Wohnfläche, aufgeteilt auf 19 gehoben ausgestattete Wohneinheiten mit zwei oder drei Zimmern, zwischen 50 und 90 m² groß, sowie ein 130 m²-Penthouse. Schon Monate vor Fertigstellung waren die Wohnungen komplett vermietet, denn Lage und Ausstattungsniveau überzeugten ebenso wie die Nebenkosten von lediglich 56 Cent/m² für Heizung und Warmwasser.
Zentrale Voraussetzung dafür war allerdings die sehr genaue Analyse im Vorfeld, wie der Energiebedarf der Neubauten generell zu decken wäre. Jörg Schmitz erinnert sich: „Einen regenerativen Wärmeanteil von mindestens 15% bei neuen Geschossbauten schreibt ja schon das EEWärmeG vor. Mit dem Ziel dauerhaft niedriger Nebenkosten wollten wir aber einen höheren Anteil, der sich an diesem Standort jedoch weder über Solaranlagen noch über eine Wärmepumpe erreichen ließ.“ Ein probater Ausweg, der entsprechend durch KfW-Förderung honoriert wurde, war hingegen ein speziell für Objekte dieser Größenordnung konzipiertes Mini-BHKW. Modulierend arbeitend liefert der ecoPOWER 4.7 von Vaillant zwischen 1,5 und 4,7 kW elektrischer und 4,7 bis 12,5 kW thermischer Leistung. Eventuell darüber hinausgehende Wärmebedarfsspitzen deckt ein zusätzliches Gas-Brennwertgerät ecoTEC ab, das wandhängend 65 kW Leistung in Reserve vorhält.
Gepuffert wird die Wärme in einem Speicher mit 1400 l Inhalt. Die Verteilung als Raumwärme erfolgt dann energiesparend effizient über Flächenheizungen mit entsprechend niedrigen Vorlauftemperaturen, hier von etwa 32 °C. Warmwasser wiederum wird über einen speziellen Wärmetauscher nach dem Prinzip eines Durchlauferhitzers erzeugt, sodass die zirkulierende Trinkwarmwassermenge klein genug ist, um trotz der Speichergröße nicht zu verkeimen.
Langfristige Wirtschaftlichkeit
In der Abwägung zwischen Investitionsbedarf auf der einen und betriebskosten-beeinflussendem Ergebnis auf der anderen Seite war die Wärmeerzeuger-Kombination aus Mini-BHKW und Gas-Brennwertgerät zwar nicht die kostengünstigste, auf langfristige Sicht aber auf jeden Fall die wirtschaftlichste Lösung, rechnet Schmitz vor: „Vom reinen Aufwand her betrachtet hätten wir den gesetzlich geforderten, förderfähigen Anteil Erneuerbarer Energien auch über eine Fläche von 45 m² Solarthermie und ein Gas-Brennwertgerät decken können. Abgesehen von Problemen bei der technischen Umsetzbarkeit wäre das aber deutlich unwirtschaftlicher gewesen als die jetzt installierte KWK-Anlage. Denn mit einer nahezu optimalen Laufzeit von etwa 7400 Stunden pro Jahr decken wir dadurch schon bis zu 70% des Gesamtenergiebedarfs der Häuser ab!“
Ein spezielles Thema ist in diesem Zusammenhang natürlich die Frage, wie mit dem selbst erzeugten Strom umgegangen wird. Bei der ESG eG hat man dazu eine ganz klare Einstellung. „Gut 30% des Stroms werden direkt vor Ort in den Liegenschaften verbraucht, als Gemeinstrom zum Beispiel für die Aufzüge oder die Beleuchtung von Fluren und Außenanlagen. Die überschüssige Strommenge wird gegen Vergütung in das öffentliche Netz eingespeist, also derzeit mit 11 Cent/kWh verrechnet.“
Den Hintergrund für diese eindeutige, in Kollegenkreisen aber bisweilen auch durchaus diskutierte Position erklärt Schmitz so: „Als vergleichsweise kleine Genossenschaft mit einem entsprechend überschaubaren Verwaltungsteam möchten wir nicht als Stromerzeuger auftreten, denn der Mehraufwand für die Umsetzung und Verwaltung der privatwirtschaftlichen Abrechnungsmodelle würde in unserem Fall die möglichen Einsparungen wieder aufzehren.“ Mit dem jetzt gewählten Weg ist die Rechnung für die ESG eG jedoch ganz einfach und für die Mieter lohnenswert: Auf der einen Seite stehen die jährlichen Betriebskosten für das Mini-BHKW, auf der anderen Seite die Einsparungen durch Nutzung des Eigenstroms (= 23 Cent/kWh) und die Erlöse aus dem Stromverkauf. Das Ganze wird in einer simplen Einnahmen-/Überschussrechnung gegenübergestellt – und unter dem Strich bleiben sogar noch ein paar Hundert Euro Überschuss, die in Grevenbroich den Heizkosten gutgeschrieben nochmals nebenkosten-senkend wirken.
Trotz des fast schon familiären Verhältnisses zwischen der Wohnungsgenossenschaft und ihren Mietern interessieren die sich im Übrigen für das jetzt realisierte Wärmemodell interessanterweise fast gar nicht: „Wir haben zwar die KWK-Technik und ihre Vorteile intensiv kommuniziert“, sagt Schmitz. „Hängen geblieben sind in der Breite aber trotzdem nur die günstigen Nebenkosten, die wir in unserem Neubau haben. In Verbindung mit der Kaltmiete von maximal 8,25 €/m², die ebenfalls unter dem lokalen Mietpreisspiegel liegt, war das Thema in der öffentlichen Wahrnehmung dann aber auch schon abgearbeitet.“
Zu dieser Selbstverständlichkeit im Umgang dürfte allerdings auch nicht zuletzt der reibungslose Betrieb des dezentralen Kraftwerks im eigenen Heizungskeller beitragen. Rund 18 Monate ist die KWK-Anlage mittlerweile in Betrieb – und hatte außer der obligatorischen Wartung einmal jährlich noch keine weiteren Stillstandzeiten. Und selbst wenn das doch einmal passieren könnte, würden die Mieter eine eventuelle Versorgungsunterbrechung durch das Gas-Brennwertgerät als Sicherheit im Hintergrund nicht einmal merken. „Effizienter, wirtschaftlicher und vor allem sicherer geht es also kaum“, zeigt sich ESG-Vorstand Schmitz entsprechend überzeugt, „und die Mieter haben einfach ein gutes Gefühl und wohnen gerne bei uns!“