Akustikputzsysteme mit hoher thermischer Effizienz

In einer Serie mit dem BMUB präsentieren wir Aktuelles aus der Bauforschung. In Teil 8 geht es um die Absorption des Schalls.

Ausgangslage

Deckenkonstruktionen im Büro- und Verwaltungsbau werden zunehmend multifunktional ausgestattet. Gestalterisch werden jedoch einheitliche Oberflächen bevorzugt, welche die Vielzahl technischer Einbauten möglichst nicht erkennen lassen. Fugenlos verarbeitete Putze erscheinen dazu ideal geeignet. Die bauphysikalischen Anforderungen an diese sind allerdings sehr gegensätzlich, wenn die Decke sowohl akustische als auch wärmetechnische Funktionen vereinen soll.

Für die Schallabsorption muss der Putz unbedingt porös sein, was durch die verminderte Wärmeleitfähigkeit die Heiz- und Kühlleistung beeinträchtig. Durch Analyse der Mikrostruktur sollten akustisch geeignete Porenmorphologien identifiziert werden, mit denen sich möglichst dünne Putzschichten mit ausreichender Wärmeleitung aufbauen lassen.

Gegenstand des Forschungsvorhabens

Betrachtet wurden zwei Kühldeckensysteme: bauteilaktivierte Betondecken mit bündig eingelassenen, periodisch angeordneten Schallabsorberstreifen (Abb. 1) und abgehängte Akustik-Kühldecken. Da sich deren akustischen Eigenschaften unterscheiden, mussten die Putzsysteme separat abgestimmt werden. Rechnerische Parameterstudien zum Absorptionsvermögen der verputzten Aufbauten lieferten optimale Bereiche für die akustisch entscheidenden Materialkenngrößen. Die Unterdecken wurden dabei mit gängigen Verfahren für Schichtungen poröser Absorber berechnet, für die Streifendecken wurde ein vorhandenes Rechenmodell um zusätzliche vollflächige Putzschichten erweitert und neu implementiert.

Voraussetzung für dieses Vorgehen war eine theoretische Modellierung der Schallausbreitung in der Putzschicht. Vorbereitend wurden dazu Schallabsorptionsgrade an einem breiten Probenfeld gemessen. Vom Projektpartner Sto AG wurden Proben aus drei unterschiedlichen Putzsystemen zur Verfügung gestellt, bei denen auch die Verarbeitung und die Schichtdicken variiert wurden. Außerdem wurde auf unterschiedliche Trägerplatten und auf Folien appliziert.

Die wertvollsten Ergebnisse wurden an Putzschichten gewonnen, die vom Putzträger getrennt wurden. Vor unterschiedlich dicken rückseitigen Luftschichten angeordnet, konnte das Absorptionsvermögen an mehreren Spektren über einen weiten Frequenzbereich untersucht werden. Zur Modellierung haben sich dabei klassische Modelle für poröse Schallabsorber als geeignet erwiesen. Die erforderlichen Eingangsdaten wurden indirekt so bestimmt, dass sich die bestmögliche Übereinstimmung mit den gemessenen Absorptionsspektren ergab.

Daneben kam eine neue Methode zur Analyse und parametrischen Synthese der Porenmorphologie zum Einsatz. Das Ziel war einerseits, die Eingangsdaten für das Absorbermodell direkt aus der Mikrostruktur zu berechnen. Andererseits sollten durch Variation der Geometriemodelle akustisch günstige Porenstrukturen abgeleitet werden. Hierzu wurden Mikrotomografien der akustisch vermessenen Putzproben erstellt und integralgeometrisch ausgewertet (Abb. 2).

Die Analyse lieferte auch charakteristische Abmessungen, wie z. B. Korngrößen-Vertei­lungen von rekonstruierten Granulaten, die sich direkt mit den Herstellungsparametern korrelieren lassen. Mit diesen Parametern wurde ein Geometriemodell für einen Putz mit nicht porosiertem Korn generiert, das einfach variiert werden kann (Abb. 3). Im resultierenden Porenvolumen wurden abschließend Strömungs- und Diffusionsfelder simuliert, aus denen sich alle erforderlichen Daten für die Absorptionsgradberechnung berechnen lassen.

Der wärmetechnische Teil stützte sich auf Berechnungen mittels Finite-Elemente-Methode. Dabei wurden bauteilbezogen Wirkungsgrade berechnet, indem mittlere Oberflächen-Temperaturen der verputzten und unverputzten Konstruktionen ins Verhältnis gesetzt wurden. Damit ließen sich akustisch und wärmetechnisch geeignete Kombinationen von Schichtdicke und Wärmeleitfähigkeit der Putze identifizieren und Hinweise auf geeignete Putzzuschläge ableiten (Abb. 4).

Fazit

Für schallabsorbierende Kühldecken sollten Putzsysteme entwickelt werden, die nutzungsgerechte Schallabsorptionsspektren erzielen, ohne den thermischen Wirkungsgrad gravierend zu verschlechtern. Für die beiden Systemtypen wurden folgende Empfehlungen erarbeitet:

Aufgrund der vergleichsweise geringen Schichtdicken werden die akustischen Eigenschaften des Putzes im Wesentlichen von der offenen Volumenporosität und vom Strömungswiderstand bestimmt. Bei allen Putzen sollte eine Porosität von ca. 40 % eingestellt werden. Höhere Werte haben akustisch keinen Vorteil, verringern indes die Wärmeleitfähigkeit. Der längenbezogene Strömungswiderstand kann in erster Näherung über die Korngrößen der Zuschläge abgeschätzt werden, indem von einer Kugelschüttung ausgegangen wird. Aufgrund der deutlich besseren thermischen Leistungsfähigkeit sollten allein massive Zuschläge verwendet werden. Ein akustischer Vorteil porosierter Zuschläge war für die untersuchten Deckentypen nicht erkennbar.

Bei Absorberstreifendecken sollte die Putzdicke auf das bautechnische Minimum be­­grenzt und die Korngrößen nur soweit erhöht werden, wie es Verarbeitung, Festigkeiten u.ä. erlauben. Bei abgehängten Unterdecken liegen optimale Strömungswiderstände deutlich höher als bei Streifendecken. Sie können daher mit massiven Zuschlägen allein erzielt werden, deren Durchmesser deutlich unter einem Millimeter liegen.

Dipl.-Ing. (FH) Horst Drotleff M.Sc

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 04/2010

Putzsysteme, Untergründe und Systemaufbau

Putzsysteme werden nach Arten unterschieden: Das erste Unterscheidungsmerkmal ist die örtliche Lage des Putzes am Bauwerk nach Außenputz und Innenputz. Bei Außenputzen handelt es sich in der...

mehr
Ausgabe 1-2/2013

Für eine dauerhafte Verbindung

Außenputze tragen bei der monolithischen Ziegelbauweise entscheidend zu den bauphysikalischen Eigenschaften der Außenwand bei. Zudem zeichnet sich verputztes einschaliges Ziegelmauerwerk durch seine...

mehr
Ausgabe 1-2/2012

Putze im Treppenhaus

Viele Treppenhäuser sind düster und ungemütlich – Zweck­mäßigkeit schlägt Optik. Und wo das Aussehen stimmt, fehlt es häufig an Dauerhaftigkeit: Schnell wird außer Acht gelassen, dass...

mehr
Ausgabe 02/2009 Der Einsatz von geeigneten Leichtputzen in Feuchträumen regeln ZDB-Merkblätter

Fliesen und Platten

Noch vor zehn bis 15 Jahren war die Beurteilung eines Putzuntergrundes zur Fliesenverlegung eine Routineangelegenheit. In der Regel handelte es sich um einen Putz der Mörtelgruppe P II oder P III mit...

mehr