Bauen im Bestand

Algen- und Pilzbewuchs aktiv verhindern

Das Thema Algen und Pilze auf Fassaden wird immer wieder diskutiert. Nachfolgend ein Überblick über Ursachen und mögliche Lösungsansätze sowie die besondere Verantwortung der fachgerechten Planung und der regelmäßigen Inspektion.

Algen und Pilze stellen einen natürlichen Bestandteil unseres Lebensraumes dar und sind nicht nur ein nützlicher, sondern auch wichtiger Bestandteil unseres Ökosystems. Diese besonderen Kleinstlebewesen sind sehr genügsam und können daher auf nahezu allen Oberflächen leben. Auf Fassaden sorgen sie meist nur für unansehnliche Verfärbungen (Abb. 2), im schlimmsten Fall, z. B. durch weitreichende Durchfeuchtungen, können sie das Bauteil nachhaltig schädigen. Demzufolge sind sie uns wenig willkommen.

Die Rahmenbedingungen

Wie entsteht nun der Befall – insbesondere an der Fassade – und wieso nimmt dieser in den letzten Jahrzehnten immer weiter zu? Die immer weitergehende, konsequente und wichtige Schonung unserer Ressourcen zur Energieversorgung hat zu hoch technisierten, optimal gedämmten Gebäudekonstruktionen geführt. Dies wiederum verändert die Bedingungen, die an den Bauteiloberflächen herrschen. So sind die heutigen Fassaden durch den reduzierten Wärmefluss von innen nach außen erheblich kühler und lassen daher einen Tauwasserausfall an der Bauteiloberfläche zu. Darüber hinaus tragen die reduzierten Oberflächentemperaturen dazu bei, dass sich der Trocknungsprozess der Bauteiloberflächen bei einer Bewitterung verlangsamt.

Die stetige Reduzierung von Luftschadstoffen hat dafür gesorgt, dass sich die Luftqualität erheblich verbessert hat. Dies verschafft nicht nur uns, sondern allen Organismen verbesserte Lebensbedingungen. Somit sind heute die beiden wichtigsten Voraussetzungen – Feuchtigkeit und Sporenanteil in der Umgebung – für eine Ausbreitung auch auf Bauteiloberflächen vorhanden. Des Weiteren lassen sich in fast allen modernen Baustoffen die von den Mikroorganismen benötigten Nährstoffe nachweisen, so dass in der Regel ein weiterer wesentlicher Faktor für einen Befall gegeben ist. Darüber hinaus sind in unseren Breiten die Voraussetzungen hinsichtlich der nötigen Temperatur und Lichtversorgung ebenfalls ideal gegeben und runden die Rahmenbedingungen für Algen und Pilze ab.

Strategie Materialauswahl

Vor diesem Hintergrund stellen sich folgende Fragen:

Worauf ist für eine algen- und pilzfreie Fassade besonders zu achten?

Welche der genannten Faktoren können von uns bewusst beeinflusst werden und welche nicht?

Abb. 3 zeigt, welche Einflussgrößen wir heute kennen und gibt hierzu eine Übersicht. Auf die Rahmenbedingungen durch Umwelt und Klima haben wir keinen bzw. nur einen geringen Einfluss. Was wir jedoch aktiv beeinflussen können, sind die bautechnischen und materialspezifischen Einflüsse. Betrachten wir als erstes die Strategien bei der Materialauswahl.

– Strategie 1 – hydrophobe Oberputze

Hydrophobe Oberputze weisen die Feuchtigkeit ab. Als Oberputze werden organisch gebundene Produkte, wie z. B. Silikon- und Kunstharzputze, eingesetzt. Insbesondere Silikonputze erfüllen diese Aufgabe besonders gut, da sie zum einen bei einer äußeren Feuchtebelastung sehr wenig Feuchtigkeit aufnehmen und zugleich eine gute Diffusion von innen nach außen zulassen. So hat der Baumit SilikonTop bei einer Schichtdicke von 2 mm und einem sd-Wert (wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke) von 0,12 – 0,16 m einen w-Wert (Wasseraufnahme) von > 0,10 kg/m²h0,5.

– Strategie 2 – hydrophile Oberputze und Putzsysteme

Hydrophile Oberputze und Putzsysteme nehmen in Verbindung mit photokatalytischer Wirkung zum einen die Feuchtigkeit auf, geben sie schnell wieder ab und bauen damit die Sporen gleichzeitig natürlich ab. Hier eröffnen moderne Bindemittelkonzepte einen neuen Weg, insbesondere im Bereich der dünnschichtigen mineralischen Endbeschichtungen.

Der Baumit NanoporTop verfügt über eine mikroskopisch glatte Oberfläche (Abb. 1) mit hydrophilen und hydrophoben Eigenschaften. Während die Feuchtigkeit von der hydrophilen Oberfläche schnell und weit verteilt wird, verhindert eine hydrophobe Schicht im unteren Oberputzbereich ein zu tiefes Eindringen der Feuchtigkeit ins Putzsystem. Somit wird, aufgrund der großen wirksamen Fläche und der guten Diffusionsfähigkeit des NanoporTop, eine schnelle Rücktrocknung der Oberfläche und ein natürlicher Selbstreinigungseffekt erreicht. Über die photokatalytische Wirkung der Putzoberfläche werden noch mögliche verbliebene Sporen von Algen- und Pilzen in dem natürlichen Prozess der Photokatalyse abgebaut, was für zusätzliche Sicherheit sorgt.

– Strategie 3 – dickschichtige Putzsysteme

Dickschichtige Putzsysteme verfügen über ein hohes Wärmespeicherungsvermögen. In der Regel sind dies dickschichtige mineralische Endbeschichtungen, wie Edelkratzputze. Edelkratzputze, wie der Baumit KratzPutz KRP Jura, verfügen über eine hohe schützende Anfangsalkalität, welche sie im Vergleich zu dünnschichtigen mineralischen Oberputzen erheblich länger halten können, was auf der natürlichen Abnutzung der Oberfläche des Edelkratzputzes beruht. Diese Abnutzung ist sogar in Form von am Boden liegender, abgewitterter Körnung sichtbar.

Neben dem vorstehend beschriebenen Effekt, hat die dickere Putzlage noch einen zusätzlichen Nutzen – so wird über die Masse eine erhöhte Wärmespeicherung erreicht und somit die Zeit bis zum Erreichen der Taupunkttemperatur verzögert, was für einen gleichmäßigeren Feuchtehaushalt der Putzfläche sorgt.

– Strategie 4 – zusätzlich biozid ausgerüstete Oberputze

Bei zusätzlich biozid ausgerüsteten Oberputzen handelt es sich in der Regel um organische Produkte, wie z. B. Kunstharzputze, welche zusätzlich mit Bioziden ausgerüstet werden. In Kombination mit Anstrichsystemen werden so sehr hohe Bioziddeptos geschaffen, welche selbst bei extremen Bedingungen einen Schutz gewährleisten können. Hier ist zu beachten, dass sich die Biozidwirkung mit der Zeit abbaut und eine Nachbehandlung oder Überarbeitung in gewissen zeitlichen Abständen unerlässlich ist. Auch sind Biozide in der letzten Zeit stark in die Diskussion geraten, da ihr Einfluss auf die Umwelt nicht vollständig erforscht ist. So laufen zurzeit umfangreiche Studien, welche diesen Sachverhalt näher beleuchten und für Aufklärung sorgen werden.

Bautechnische Einflüsse

Der zweite Punkt, den wir beeinflussen können, sind die bautechnischen Einflüsse. In den heutigen Diskussionen um dieses Thema kommen diese oft zu kurz und es wird sich „lediglich“ auf die Materialauswahl konzentriert. Jedoch ist und bleibt die Bautechnik der wichtigste Einflussfaktor und so kommt insbesondere dem Planer in der Projektierungsphase – lange vor der Ausführungsplanung und Umsetzung – eine besondere Sorgfaltspflicht zu.

Modern gestaltete Gebäudekörper (Abb. 4), welche ausschließlich mit Attikaverblechungen einen konstruktiven Witterungsschutz erreichen, verfügen über ein höheres Risiko als Gebäudekonstruktionen mit großen Dachüberständen. Wer aus der heutigen Sicht „modern“ konstruiert und gestaltet, muss auf höhere Risiken, bereits in der Projektierung achten, denn nur hier können die Rahmenbedingungen grundlegend beeinflusst werden.

In der Ausführungsplanung dieser Art von Gebäuden reicht die reine Erfüllung der Mindeststandards nach den „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ (a.a.R.d.T.) nicht aus (Abb. 5), da das Vorhandensein eines erhöhten Risikos für einen Befall hier als bekannt vorauszusetzen ist. Daher muss gemäß den a.a.R.d.T. sowie den unzähligen Richtlinien und herausgegebenen Fachbüchern zu dem Thema bei einem erhöhten Risiko auch eine dem Risiko angepasste Ausführungsplanung durchgeführt werden.

In der Richtlinie „Metallanschlüsse an Putz und Wärmedämm-Verbundsysteme“ wird dies durch das zusätzliche Vorsehen einer Blechaufkantung erreicht. Diese verhindert bzw. minimiert ablaufendes Wasser über die Fassadenfläche auch bei Windeinfluss (Abb. 6). Architekten und Planer, welche mit dem heutigen Wissen zu Konstruktionsdetails und in Kenntnis um die seit Jahrzehnten kontrovers geführten Diskussionen zum Algen- und Pilzbefall an Fassaden einfach nur die Mindestanforderungen an Gebäudekonstruktionen erfüllen, bürden dem Investor und dem ausführenden Fachbetrieb ein hohes Risiko für einen Befall auf. Wobei meist nur der Unternehmer zur Haftungsfrage für den Befall belangt wird, obwohl das Risiko mit ein paar kleinen konstruktiven Details erheblich minimiert hätte werden können.

Pflege und Nachsorge

Der Pflege und Nachsorge der Fassadenfläche kommt heute viel zu wenig Aufmerksamkeit zu. Die Fassade ist die Haut des Hauses. Sie erfüllt alle Funktionen, wie unsere menschliche Haut, nur wird sie nicht so bewusst gepflegt. Regelmäßige Inspektionen und Funktionstests tragen erheblich zur Senkung von Alterungsschäden an Fassaden bei und können ebenso einen aktiven Beitrag zur Minimierung des Langzeitrisikos von einem biologischen Befall mit Algen und Pilzen leisten (Abb. 7).

Nur der richtige Mix aus Konstruktion und Materialität, die Handwerkskunst des ausführenden Fachbetriebes und die Nachsorge bestimmen heute maßgeblich das Risiko für einen Fassadenbefall mit Algen und Pilzen mit. Die absolute Sicherheit gibt es noch nicht. Dieses Vorgehen verleiht jedoch allen Beteiligten ein besseres Gefühl, alles in ihrer Macht stehende getan zu haben. Dass das „Design“ letztendlich auch noch mitbestimmt, wie hoch das Risiko ist, ist wohl allen am Bau Beteiligten bekannt.

Die bautechnischen und materialspezifischen Einflüsse können wir aktiv beeinflussen.

Regelmäßige Inspektionen und Funktionstests minimieren das Langzeitrisiko.

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