Strategien gegen Algen und Pilze auf Fassaden
Das Thema „Algen und Pilze auf Fassaden“ ist und bleibt aktuell. Der Beitrag gibt einen Überblick über die Ursachen, zeigt mögliche Lösungsansätze auf und beleuchtet die besondere Verantwortung der fachgerechten Planung.
Algen und Pilze stellen einen natürlichen Bestandteil unseres Lebensraumes dar und sind nicht nur ein nützlicher, sondern auch wichtiger Bestandteil unseres Ökosystems. Diese besonderen Kleinstlebewesen sind sehr genügsam (Tab. 1) und können daher auf nahezu allen Oberflächen leben. Auf Fassaden sorgen sie meist nur für unansehnliche Verfärbungen (Bild 1), im schlimmsten Fall jedoch können si, z. B. durch weitreichende Durchfeuchtungen, das Bauteil nachhaltig schädigen. Demzufolge sind sie uns wenig willkommen.
Lebensbedingungen für Algen und Pilze
Die immer weitergehende, konsequente und wichtige Schonung unserer Ressourcen zur Energieversorgung hat zu hoch technisierten, optimal gedämmten Gebäudekonstruktionen geführt. Dies wiederum verändert die Bedingungen, die an den Bauteiloberflächen herrschen. So sind die heutigen Fassaden durch den reduzierten Wärmefluss von innen nach außen erheblich kühler und lassen daher einen Tauwasserausfall an der Bauteiloberfläche zu. Darüber hinaus tragen die reduzierten Oberflächentemperaturen dazu bei, dass der Trocknungsprozess der Bauteiloberflächen bei einer Bewitterung langsamer vonstatten geht.
Die stetige Reduzierung von Luftschadstoffen hat dafür gesorgt, dass sich die Luftqualität erheblich verbessert hat. Dies verschafft nicht nur uns, sondern allen Organismen verbesserte Lebensbedingungen.
Somit sind heute die beiden wichtigsten Voraussetzungen – Feuchtigkeit und Sporenanteil in der Umgebung – für eine Ausbreitung auch auf Bauteiloberflächen vorhanden. Des Weiteren lassen sich in fast allen modernen Baustoffen die von den Mikroorganismen benötigten Nährstoffe nachweisen, so dass in der Regel ein weiterer wesentlicher Faktor für einen Befall gegeben ist. Darüber hinaus sind in unseren Breiten die Bedingungen hinsichtlich der nötigen Temperatur und Lichtversorgung ebenfalls ideal gegeben und runden die Rahmenbedingungen für Algen und Pilze ab.
Wie kann ein Weg zu einer algen- und pilzfreien Fassade gefunden werden und worauf ist dabei besonders zu achten? Welche der genannten Faktoren können von uns bewusst beeinflusst werden und welche nicht? Bild 2 gibt eine Übersicht über die Aspekte, die dabei eine Rolle spielen.
Auf die Rahmenbedingungen durch Umwelt und Klima haben wir keinen bzw. nur einen geringen Einfluss. Wer möchte schon gern in München arbeiten und in der Sahara wohnen, um sein Gebäude vor Feuchtigkeitseinwirkungen zu schützen?! Was wir jedoch aktiv beeinflussen können, sind die bautechnischen und materialspezifischen Einflüsse. Betrachten wir als erstes die Strategien bei der Materialauswahl.
Hydrophobe Oberputze, welche die Feuchtigkeit abweisen
Als Oberputze werden organisch gebundene Produkte, wie z. B. Silikon- und Kunstharzputze, eingesetzt. Insbesondere Silikonputze erfüllen diese Aufgabe besonders gut, da sie zum einen bei einer äußeren Feuchtebelastung sehr wenig Feuchtigkeit aufnehmen und zugleich eine gute Diffusion von innen nach außen zulassen. Baumit SilikonTop beispielsweise hat bei einer Schichtdicke von 2 mm bei einem sd-Wert (wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke) von 0,12 – 0,16 m einen w-Wert (Wasseraufnahme) von > 0,10 kg/m²h0,5.
Dickschichtige Putzsysteme, welche über ein hohes Wärmespeicherungsvermögen verfügen
In der Regel sind dies dickschichtige mineralische Endbeschichtungen, wie Edelkratzputze. Edelkratzputze, wie Baumit KratzPutz KRP Jura, verfügen über eine hohe schützende Anfangsalkalität, welche sie im Vergleich zu dünnschichtigen mineralischen Oberputzen erheblich länger halten können, was auf der natürlichen Abnutzung der Oberfläche des Edelkratzputzes beruht. Diese Abnutzung ist sogar in Form von am Boden liegender, abgewitterter Körnung sichtbar.
Neben dem vorstehend beschriebenen Effekt, hat die dickere Putzlage noch einen zusätzlichen Nutzen – so wird über die Masse eine erhöhte Wärmespeicherung erreicht und somit die Zeit bis zum Erreichen der Taupunkttemperatur verzögert, was für einen gleichmäßigeren Feuchtehaushalt der Putzfläche sorgt.
Zusätzlich biozid ausgerüstete Oberputze und Anstriche
In der Regel handelt es sich bei diesen Oberputzen um organische Produkte, wie z. B. Kunstharzputze, welche zusätzlich mit Bioziden ausgerüstet werden. In Kombination mit Anstrichsystemen werden so sehr hohe Bioziddeptos geschaffen, welche selbst bei extremen Bedingungen einen Schutz gewährleisten können. Es sei jedoch auch darauf hingewiesen, dass sich die Biozidwirkung mit der Zeit abbaut und eine Nachbehandlung oder Überarbeitung in gewissen zeitlichen Abständen unerlässlich ist. Auch sind Biozide in der letzten Zeit stark in die Diskussion geraten, da ihr Einfluss auf die Umwelt nicht vollständig erforscht ist. So laufen zurzeit umfangreichen Studien, welche diesen Sachverhalt näher beleuchten und für Aufklärung sorgen werden.
Hydrophile Oberputze mit besonderen Eigenschaften
Hier eröffnen moderne Bindemittelkonzepte einen neuen Weg, insbesondere im Bereich der dünnschichtigen mineralischen Endbeschichtungen. Baumit NanoporTop mit Photokatalyse verfügt über eine mikroskopisch glatte Oberfläche (Bild 3) mit hydrophilen und hydrophoben Eigenschaften. Während die Feuchtigkeit von der hydrophilen Oberfläche schnell und weit verteilt wird, verhindert eine hydrophobe Schicht im unteren Oberputzbereich ein zu tiefes Eindringen der Feuchtigkeit ins Putzsystem. Somit wird, aufgrund der großen wirksamen Fläche und der guten Diffusionsfähigkeit des NanoporTop, eine schnelle Rücktrocknung der erreicht. Durch das moderne Bindemittel wird der Selbstreinigungseffekt durch die Photokatalyse noch verstärkt und ein natürlicher aktiver Schutz vor organischen Verschnutzungen erreicht (Bild 4 a-c). Hinzu kommt, dass durch dieses Konzept auf den Einsatz von Biozieden vollständig verzichtet werden kann.
Konstruktive Aspekte
Als zweiten Punkt, den wir beeinflussen können, bleiben die bautechnischen Einflüsse. In den heutigen Diskussionen um dieses Thema kommen diese oft zu kurz und es wird sich „lediglich“ auf die Materialauswahl konzentriert. Jedoch ist und bleibt die Bautechnik der wichtigste Einflussfaktor überhaupt und so kommt insbesondere dem Planer in der Projektierungsphase – lange vor der Ausführungsplanung und Umsetzung – eine besondere Sorgfaltspflicht zu.
Modern gestaltete Gebäudekörper (Bild 5), welche ausschließlich mit Attikaverblechungen einen konstruktiven Witterungsschutz erreichen, verfügen über ein höheres Risiko als Gebäudekonstruktionen mit großen Dachüberständen, wie sie eher im so genannten Landhausstil (Bild 6) zu finden sind.
Wer aus der heutigen Sicht „modern“ konstruiert und gestaltet, muss den Bauherrn auf diese höheren Risiken schon in der Projektierung hinweisen, denn nur hier können die Rahmenbedienungen noch grundlegend beeinflusst werden.
In der Ausführungsplanung reicht bei solchen Gebäuden die reine Erfüllung der Mindeststandards nach den „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ (a. a. R. d. T.) nicht aus (Bild 7), da dass Vorhandensein eines erhöhten Risikos für einen Befall hier als bekannt vorauszusetzen ist. Daher muss gemäß den a. a. R. d. T. sowie den unzähligen Richtlinien und herausgegebenen Fachbüchern zu dem Thema bei einem erhöhten Risiko auch eine dem Risiko angepasste Ausführungsplanung durchgeführt werden.
In der Richtlinie „Metallanschlüsse an Putz und Wärmedämm-Verbundsysteme“ wird dies durch das zusätzliche Vorsehen einer Blechaufkantung erreicht. Diese verhindert bzw. minimiert ablaufendes Wasser über die Fassadenfläche auch bei Windeinfluss (Bild 8).
Investoren, welche mit dem heutigen Wissen zu Konstruktionsdetails und in Kenntnis um die seit Jahrzehnten kontrovers geführten Diskussionen zum Algen- und Pilzbefall an Fassaden einfach nur die Mindestanforderungen an Gebäudekonstruktionen erfüllen, bürden dem Bauherrn und dem ausführenden Fachbetrieb bewusst ein hohes Risiko für einen Befall auf. Wobei meist nur der Fachbetrieb zur Haftungsfrage für den Befall belangt wird, obwohl das Risiko mit ein paar kleinen konstruktiven Details hätte erheblich minimiert werden können.
Pflege und Wartung
Der Pflege und Nachsorge der Fassadenfläche kommt heute viel zu wenig Aufmerksamkeit zu. Zu jedem Haushaltsgerät wird eine Gebrauchsanleitung ausgegeben. Was erhalten Sie jedoch zu Ihrem Objekt? Oft sehr wenig und meist nichts zur Pflege der Fassade. Die Fassade ist die Haut des Hauses. Sie erfüllt alle Funktionen, wie unsere menschliche Haut, nur pflegen wir sie nicht so bewusst. Regelmäßige Inspektionen und Funktionstests tragen erheblich zur Senkung von Alterungsschäden an Fassaden bei und können ebenso einen aktiven Beitrag zur Minimierung des Langzeitrisikos von einem biologischen Befall mit Algen und Pilzen leisten.
Wie Sie sich auch immer entscheiden – ob moderne Architektur und Gestaltung oder eher klassisch – eines bleibt beidem gemeinsam: Nur der richtige Mix aus Konstruktion und Materialität, die Handwerkskunst des ausführenden Fachbetriebes und die Nachsorge, bestimmen heute maßgeblich das Risiko für einen Fassadenbefall mit Algen und Pilzen mit. Die absolute Sicherheit gibt es noch nicht. Jedoch gibt es allen Beteiligten ein besseres Gefühl, alles in ihrer Macht stehende getan zu haben. Denn, dass das „Design“ letztendlich auch noch mitbestimmt, wie hoch das Risiko ist, bleibt wohl von allen am Bau Beteiligten unbestritten.
Wichtig: die richtige Kombination von Konstruktion, Materialität, Handwerkskunst und Nachsorge