Altersgerechtes Wohnen bleibt ein zentrales Thema der Wohnungspolitik

Der demographische Wandel hält an: Der Anteil der älteren Bevölkerung steigt in ganz Deutschland und ist mittlerweile höher als der Anteil der Kinder und Jugendlichen. Im Jahr 2019 waren fast 22 Prozent der Menschen in Deutschland 65 Jahre oder älter.

Diese Entwicklung wirkt sich auch auf den Bedarf nach geeignetem Wohnraum und auf die Gestaltung der Quartiere aus. Denn die meisten Menschen wünschen sich ein selbstbestimmtes Leben in ihrer vertrauten Umgebung bis ins hohe Alter. Und gerade in der aktuellen Situation der Corona-Pandemie zeigt sich: Die Wohnung ist Lebensmittelpunkt, Rückzugs- und Schutzraum.

Aktivitäten der Bundesregierung

Für eine Wohnraumoffensive mit 1,5 Mio. neuen Wohnungen haben sich Bund, Länder und Kommunen auf dem Wohngipfel im September 2018 auf ein umfassendes Maßnahmenpaket verständigt: investive Impulse für den Wohnungsbau, Sicherung der Bezahlbarkeit des Wohnens sowie Baukostensenkung und Fachkräftesicherung. Der Umsetzungsstand der Wohnraumoffensive ist erfolgreich. Alle zentralen Beschlüsse des Wohngipfels sind umgesetzt oder befinden sich unmittelbar in der Umsetzung.

Ein wichtiger Baustein ist das bereits seit Jahren gut etablierte und erfolgreiche Programm „Altersgerecht Umbauen“. Seit 2009 fördert der Bund gemeinsam mit der KfW private Eigentümer*innen und Mieter*innen. Diese können unabhängig von Einkommen und Alter Zuschüsse oder Darlehen beantragen, um Barrieren in Wohngebäuden abzubauen. Dazu gehören etwa Umbaumaßnahmen im Bad, aber auch Maßnahmen zur Überwindung von Treppen und Stufen und der Einbau oder eine Erweiterung von baugebundenen altersgerechten Assistenzsystemen. Seit 2015 werden auch bauliche Maßnahmen zur Einbruchsicherung finanziell unterstützt. Im laufenden Jahr 2021 stellt die Bundesregierung 130 Mio. Euro für die Förderung der Barrierereduzierung sowie 50 Mio. für den Einbruchschutz zur Verfügung.

Seit Programmbeginn wurde für Zuschüsse ein Volumen von ca. 705 Mio. Euro zugesagt, mit denen in rund 677.000 Wohneinheiten Maßnahmen zur Barrierereduzierung und zum Einbruchschutz gefördert wurden (Stand: 31.03.2021).

Mit Darlehen der KfW können auch Investoren wie Wohnungseigentümergemeinschaften, Wohnungsunternehmen, Wohnungsgenossenschaften, Bauträger, Körperschaften, Anstalten des öffentlichen Rechts oder Privatpersonen (Selbstnutzer von Wohnimmobilien oder Mieter) gefördert werden. Finanzielle Mittel können auch zur Umgestaltung bestehender Gemeinschaftsräume oder für die Schaffung von Gemeinschaftsräumen in bestehenden Wohngebäuden ab drei Wohneinheiten verwendet werden. Gemeinschaftsräume können der Begegnung der Hausbewohner*innen oder der Bewohner*innen des Quartiers dienen und zum Beispiel für Pflegeangebote genutzt werden.

Seit Programmbeginn wurde in der Darlehensvariante ein Volumen von mehr als 3,75 Mrd. Euro zugesagt. Dies entspricht der Förderung von Maßnahmen in mehr als 225.000 Wohneinheiten (Stand: 31.03.2021).

Ein Video zeigt die Erfolge des Programms sowie die Ergebnisse des Bilanzkongresses: https://www.bilanz-wohnraumoffensive.de/mediathek/ 

Evaluierung des KfW-Programms „Altersgerecht Umbauen“

Eine amtliche Statistik der Anzahl barrierefreier oder barrierearmer Wohnungen in Deutschland liegt nicht vor. Im Rahmen der Erhebung zum Mikrozensus durch das Statistische Bundesamt wurden 2018 erstmals Daten dazu erfasst. Nach Hochrechnungen sind danach rund 1,5 % der Wohnungen in Deutschland barrierefrei oder barrierearm.

Bis zum Jahr 2035 prognostiziert eine 2020 veröffentlichte Evaluationsstudie des KfW-Programms eine Versorgungslücke von rund zwei Mio. altersgerechten Wohnungen. Die Ergebnisse zeigen neben der hohen Nachfrage und den Verbesserungen im Wohnungsbestand auch die positiven volkswirtschaftlichen Effekte: Durch den barrierefreien Umbau und die Möglichkeit des Verbleibs in der eigenen Wohnung wurden laut der Studie stationäre Pflegekosten von jährlich ca. 100 Mio. Euro gespart. Zudem wurden mit den Fördermitteln im Berichtszeitraum von 2014 bis 2018 insgesamt rd. 6,8 Mrd. Euro Investitionen in den Gebäudebestand angestoßen.

Die Studie gibt es unter https://www.kfw.de/KfW-Konzern/Service/Download-Center/Konzernthemen/Research/Evaluationen/Evaluation-Altersgerecht-Umbauen/

Altersgerechtes Wohnen als gemeinsame Aufgabe

Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) hat am 29. Oktober 2020 ein digitales Werkstattgespräch zum Thema „Altersgerechtes Wohnen“ mit Verbänden der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, Vertretern der Politik sowie Fachexperten durchgeführt. Die Vorträge und Diskussionsbeiträge haben die gesellschaftliche Relevanz des altersgerechten Wohnens nochmals deutlich unterstrichen.

Im Dialog wurde zudem die Forderung geäußert, Barrierefreiheit als Standard im Planungsrecht und auch in der Förderung stärker zu berücksichtigen. Dabei sind die Zuständigkeiten auf den verschiedenen staatlichen Ebenen zu beachten.

Ein zentrales Element der Wohnraumoffensive ist die Stärkung des sozialen Wohnungsbaus, der auch den Neubau von barrierefreien Wohnungen und eine entsprechende Modernisierung im Bestand umfasst. In den Jahren 2018 und 2019 wurden die Kompensationsmittel des Bundes auf insgesamt 3 Mrd. Euro aufgestockt. Damit der Bund auch zukünftig finanzielle Verantwortung für den sozialen Wohnungsbau übernehmen kann, wurde mit Wirkung vom 4. April 2019 ein neuer Artikel 104d in das Grundgesetz eingefügt. In den Jahren 2020 und bis 2024 stellt der Bund den Ländern Finanzhilfen von jährlich 1 Mrd. Euro zur Verfügung. Bei der sozialen Wohnraumförderung kommt den Ländern große Verantwortung zu, da sie seit der Föderalismusreform I von 2006 in diesem Bereich die ausschließliche Gesetzgebungs- und Vollzugskompetenz innehaben.  Mitgedacht werden muss neben der Wohnung auch die Gestaltung der Quartiere. Im Bereich des Städtebaus unterstützt der Bund die Länder und Kommunen weiterhin mit Bundesfinanzhilfen der Städtebauförderung, die auch für Maßnahmen zur Verbesserung der Barrierefreiheit im Wohnumfeld genutzt werden können.

Die Dokumentation des Werkstattgesprächs ist hier zu finden: https://www.bbsr.bund.de/veroeffentlichungen

Ausblick

Mit dem demografischen Wandel wird der Bedarf an barrierefreien bzw.  barrierearmen Wohnungen stetig zunehmen. Daher erfordert das Thema auch zukünftig einen hohen Stellenwert auf der Agenda der Wohnungspolitik von Bund, Ländern und Gemeinden. Gleichzeitig sind auch die kommunalen und privatwirtschaftlichen Eigentümer von Mietwohnungen gefordert, in die Ausweitung eines entsprechenden Angebots zu investieren. Nicht zuletzt muss das gesellschaftliche Bewusstsein noch weiter gestärkt werden.

Zudem fordert auch die UN-Behindertenrechtskonvention für Menschen mit Behinderungen, eine unabhängige Lebensführung und die volle Teilhabe in allen Lebensbereichen zu ermöglichen. Dies gilt auch für eine Zugänglichkeit zur physischen Umwelt und zu Wohnraum.

Es wird daher auch weiterhin um die Frage gehen, welche Konzepte für ein altersgerechtes Wohnen zukunftsweisend sind und wie die Politik und alle beteiligten Akteure bei der Umsetzung unterstützen können.

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