Studie der Deutsch-Französischen Energieplattform vergleicht beide Länder miteinander

Rahmenbedingungen und Effizienzpolitik im Gebäudesektor

Deutschland und Frankreich wollen bis 2050 einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand erreichen, da dieser Sektor jeweils für etwa 40 Prozent des Energieverbrauchs und 36 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich ist. 

Bisher sind beide Länder trotz einer Vielzahl an Förderinstrumenten hinter ihren Zielen (Sanierungsrate von 2 Prozent p. a.) zurückgeblieben und beschäftigen sich deswegen kontinuierlich mit der Evaluation und Weiterentwicklung ihres jeweiligen Instrumentariums. Durch die übergeordneten europäischen Anforderungen haben Frankreich und Deutschland viele rahmen- und förderpolitische Gemeinsamkeiten. Unterschiedliche Gebäude-, Eigentümer- und Energieversorgungsstrukturen führen jedoch auch zu verschiedenen Strategien, um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen. So verfolgen beide Länder teilweise andere Ansätze hinsichtlich der gesetzlichen Vorgaben und der förderpolitischen Instrumente und Zielgruppen.

In einer Vergleichsstudie analysiert die Deutsch-Französische Energieplattform diese Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Gebäudebereich und legt einen Schwerpunkt auf Wohngebäude. Wesentliche Gemeinsamkeiten und Unterschiede werden ebenso dargestellt wie Best Practice Beispiele, die die Bandbreite potenzieller Lösungen präsentieren. Damit sollen beiden Seiten Anregungen u.a. für die Ausgestaltung zielgerichteter Förderinstrumente gegeben werden.

Die wichtigsten Erkenntnisse der vergleichenden Studie:


In Frankreich ist der Anteil der vor dem Ersten Weltkrieg errichteten Gebäude höher als in Deutschland und der Wohnungsmarkt zeichnet sich stärker durch selbstgenutztes Eigentum aus. Der Gebäudebestand in Deutschland weist einen höheren Anteil von Nachkriegsbauten sowie einen stärkeren Mietermarkt aus.


In beiden Ländern ist der Endenergieverbrauch ähnlich hoch, die Wohngebäude werden überwiegend mit Gas geheizt. Während in Deutschland zudem Heizöl und Fernwärme stark genutzt werden, spielt in Frankreich Strom (Elektroheizungen) bei der Beheizung eine zentrale Rolle.


Beide Ländern weisen wenig belastbare Zahlen zu den Sanierungsaktivitäten auf, da ein kontinuierliches Monitoringsystem zur Evaluierung der Sanierungsfortschritte nicht vorhanden ist.


Frankreich und Deutschland haben eine Vielzahl an ähnlichen Ansätzen, um die Sanierungsaktivitäten im Gebäudebestand zu steigern. Beide unterstützen u.a. das Serielle Sanieren sowie den Individuellen Sanierungsfahrplan und haben umfangreiche Projekte zur Unterstützung von Experten und ihren Netzwerken etabliert.


In beiden Ländern gibt es eine umfangreiche Förderlandschaft. In Deutschland wird einkommensunabhängig gefördert – die Förderung richtet sich nach den Energieeinsparungen bzw. dem erreichten Effizienzstandard. In Frankreich wird neben der Energieeffizienz auch das Einkommen als Förderkriterium (Energiearmut) berücksichtigt.


Im Vergleich beider Länder ist die französische Förderlandschaft kleinteiliger, dies beinhaltet eine größere Vielzahl an Instrumenten und Akteuren. Die deutsche Förderlandschaft ist traditionell geprägt durch eine umfangreiche staatliche Förderung.

Nachfolgend werden ausgewählte Ansätze skizziert, in denen sich die französische Herangehensweise deutlich von der deutschen Systematik unterscheidet.
 
In Deutschland liegt ein Schwerpunkt auf der Förderung der freiwilligen Umsetzung ambitionierter energetischer Sanierungsmaßnahmen. Hierfür stehen u.a. durch die KfW umfassende und in 2020 stark aufgestockte Fördermittel zur Verfügung, die grundsätzlich auf eine hohe Sanierungstiefe abzielen. Im Vergleich dazu zielen in Frankreich zentrale Instrumente eher auf die Umsetzung von Einzelmaßnahmen – zudem wird die Verpflichtungen für die energetische Sanierung des Gebäudebestandes verstärkt gesetzlich verankert.

Damit verbunden sollen Verkauf und Vermietung von Wohngebäuden der schlechtesten Energieeffizienzklassen an erschwerte Bedingungen geknüpft werden. Das heißt, bis 2025 sollen beispielsweise alle privaten Wohngebäude saniert werden, die mehr als 330 kWh pro Quadratmeter verbrauchen. Ergänzend werden in Frankreich die Gebäude des Tertiärbereichs Ende 2030, 2040 und 2050 der Verpflichtung unterliegen, Energiesparmaßnahmen zu ergreifen oder andernfalls Schwellenwerte einzuhalten, die je nach Art der ausgeübten Tätigkeit per Dekret festgelegt werden.

Ein in Frankreich stark genutztes Instrument zur Umsetzung und Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen ist das System der Energieeinsparzertifikate, das 2005 eingeführt wurde. Dieses Instrument findet in Deutschland keine Entsprechung. Im Rahmen des marktbasierten Energieeinsparzertifikatesystems müssen Strom-, Gas-, Öl- und Wärmelieferanten über Dreijahreszeiträume bestimmte Energieeinsparungen in den Bereichen Gebäude, Industrie (soweit nicht vom EU-Emissionshandel erfasst), Landwirtschaft und Verkehr erzielen.

Dies können sie u.a. durch die Förderung von Energieeffizienzmaßnahmen bei ihren Kunden erreichen. Auch können sie bestimmte Forschungsprogramme finanziell unterstützen oder Zertifikate auf dem Markt handeln. Ein Großteil der beim Kunden umgesetzten Maßnahmen findet dabei im Gebäudesektor statt, z.B. durch den Austausch von Heizungsanlagen. Bei Nichteinhaltung der Einsparziele werden Strafzahlungen erhoben.

Fazit

Die Energieeffizienz im Gebäudebereich ist zentraler Baustein sowohl der französischen als auch der deutschen Energiepolitik. Beide Länder haben umfangreiche Maßnahmen und Förderprogramme initiiert, um die Ziele der Energiewende bzw. der  transistion énergétique zu erreichen und die Sanierungstätigkeiten deutlich zu beschleunigen. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass beide Länder ähnlich ambitionierte Ziele verfolgen, sich die Strategien und Programme historisch und strategisch bedingt teilweise deutlich hinsichtlich Zielgruppen und Wirkungsweisen unterscheiden.

Mit Blick auf die noch anstehenden Fortschritte, die im Gebäudebereich zur Erreichung der Klimaziele noch zu leisten sind, werden beide Länder ihre Energieeffizienzpolitik laufend auswerten und weiterentwickeln müssen. Ein Blick über nationale Grenzen hinaus lohnt sich, um von den Lernerfahrungen des jeweils anderen zu profitieren. So kann ein Austausch zur Wirkungsweise von Marktinstrumenten wie den Energiesparzertifikaten oder den KfW-Förderungen für eine umfassende Sanierung sinnstiftend sein.

Die Studie ist in deutscher und französischer Sprache auf der Webseite der Deutsch-Französischen Energieplattform verfügbar. Dort finden sich auch zahlreiche französische und deutsche Best-Practice Beispiele, www.d-f-plattform.de

Im Rahmen der Deutsch-Französischen Energieplattform arbeiten die nationalen Energieagenturen beider Länder, die Deutsche Energie-Agentur (dena, www.dena.de) und die französische Agence de la transition écologique (ADEME), seit 2014 zusammen. Ziele dieser Kooperationsplattform sind die Umsetzung konkreter Projekte, der gemeinsame Wissensaufbau und die Netzwerkpflege im Energiebereich. 

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