Einheimisches Holz
statt importiertes Gas
Die Baugenossenschaft Familienheim Lörrach eG stellt bei der energetischen Sanierung ihrer Mehrfamilienhäuser auf die Beheizung mit Holzpellets um. Bei einem Objekt in Lörrach kamen eine besondere Speicherbauweise und ein spezielles Austragsystem zum Einsatz.
Unterirdische Speicherbehälter erfreuen sich zunehmender Beliebtheit, gerade bei der Modernisierung von großen, bisher mit Gas betriebenen Heizanlagen – wie in Lörrach. Ein Brennstoffspeicher war dort nicht erforderlich. Bei der Umstellung auf Pellets änderte sich das. „Wo hätten wir den Brennstoff unterbringen sollen, wenn nicht im unterirdischen Lagerbehälter?“ fragt Jürgen Kern, geschäftsführender Vorstand, verantwortlich für die energetische Sanierung von großen Mehrfamilienhäusern aus dem Bestand der Baugenossenschaft.
Modernisierung Mehrfamilienwohnhaus
Um unabhängig von fossilen Brennstoffen und Lieferungen aus dem Ausland zu sein sowie den Vorgaben des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes Baden-Württemberg (EWärmeG) zu genügen, hat der Vorstand der Baugenossenschaft Familienheim Lörrach eG beschlossen, bei anstehenden Modernisierungen Holzpellet-Heizungen einzubauen. „Hauswarte müssen gut geschult werden und eine Fachfirma muss die Anlagen betreuen, um sie ordentlich in Betrieb zu halten“, sagt der Hochbautechniker und Energieberater Peter Merten, bei der Baugenossenschaft zuständig für die technische Haus- und Wohnungsverwaltung.
Seit 2013 erfolgt bei einem Objekt in Lörrach (Baujahr 1956 mit 30 Wohneinheiten) eine auf zwei Bauabschnitte verteilte energetische Sanierung. In der zweiten Phase 2018 wird die Gebäudefassade ein Wärmedämmverbundsystem und eine Balkonsanierung erhalten. In der ersten Phase wurde unter anderem die Heiztechnik im Grundlastbetrieb vom fossilen Gas auf die regenerativen Holzpellets umgestellt. In Betrieb ist die Anlage seit Juli 2014. Die Wärme wird im Mehrfamilienhaus für Heizung und Warmwasserbereitung gebraucht. „Heizkosteneinsparung und gleichzeitiger Klimaschutz waren ein Hauptmotiv“, begründet Kern die Umstellung von Gas auf Pellets. Dem diplomierten Immobilien- und Volkswirt geht es aber um mehr: „Die politische Gefahr von Lieferengpässen und Preisdiktaten bei Gas und die volkswirtschaftliche Komponente der Wertschöpfung in der Region ist uns bei der Wahl des Brennstoffs ebenso wichtig. Darüber hinaus haben wir einen klaren Preisvorteil, durch den sich die anfänglich höhere Investition schnell bezahlt macht.“
Im September 2015 lagen die Kosten für Gas mit 6,60 Cent pro kWh durchschnittlich 41 % über Holzpellets (4,68 Cent pro kWh). Der vorhandene Gasanschluss wird nach der Umstellung noch für einen neu angeschafften Brennwertkessel weiter genutzt, der bei Bedarf mit modulierendem Brenner zwischen 43 und 130 kW arbeitet, um kurzzeitig Spitzenlast abzudecken. Für die Grundlast läuft nun ein Holzpelletkessel mit 80 kW. Dieser holt sich automatisch das Brennmaterial aus dem in den Außenanlagen neu eingebauten Pelletspeicher.
Schonende Pelletentnahme
Die Saugturbine des Grundlastkessels bezieht die Pellets durch einen flexiblen Schlauch vom Austragsystem, das Teil des Speichers ist. Die mitgesaugte Luft strömt über einen zweiten Schlauch zurück in den Pelletbehälter. Als Austragsystem dient der vom Speicherhersteller mitgelieferte Roboter „Maulwurf“. Er wandert über die Oberfläche des Vorrats und entnimmt die Holzpellets schonend von oben, intervallartig von der Saugturbine des Heizkessels gesteuert. Welche Kessel in Bezug auf die Steuerung zu diesem Entnahmesystem passen, gibt der Speicherhersteller auf seiner Internetseite bekannt.
Der Einbauort des Speichers wurde so gewählt, dass zum Heizkessel eine geringe Entfernung besteht und Pelletlieferanten möglichst nah heran fahren können. Je kürzer und geradliniger die Austragung, desto schonender ist sie für die Pellets. Entstehen viel Staub und Feinteile, steigt der Wartungsbedarf im gesamten System. Der Einstieg in den Speicher von oben ist möglich, allerdings nicht ohne Atemschutz erlaubt, auch wenn neuartige Behälter mit einer Lüftung versehen sind. Das unterirdische Lager mit 6 m Durchmesser besteht aus Betonfertigteilen, die zum gewünschten Termin geliefert, mit einem Kran versetzt und innerhalb weniger Stunden vom Hersteller vor Ort fertig montiert wurden.
Weshalb Holzpellets in Lörrach?
Die Entscheidung gegen Hackschnitzel und für Pellets fiel hier aufgrund der kompakten Bauform des Kessels und Lagerbehälters, aber auch wegen des geringen Wartungsaufwands. Hackschnitzel bedeuten zwar günstigere Brennstoffkosten, hätten bei diesem Objekt in Lörrach jedoch auch höhere Wartungs- und Baukosten verursacht – nicht zuletzt durch das im Vergleich zu Pellets drei Mal größere Lagervolumen. Holzpellets, in Silofahrzeugen als loses Schüttgut mit ca. 650 kg/m³ gebracht, werden mit Luftdruck vom Lkw aus in den Speicher eingeblasen. Dies geschieht von oben über einen flexiblen Schlauch, der mit der Feuerwehr-Kupplung Storz A an der inneren Speicherabdeckung fest gemacht wird. Ein zweiter Schlauch, parallel dazu verlegt, sorgt für den Druckausgleich und befördert Staub und Luft zum Fahrzeug zurück. Der unterirdische Behälter ThermoPel der Baugenossenschaft Familienheim Lörrach fasst 45 m³, das entspricht knapp 30 t Füllgewicht bzw. 15.000 l Heizöläquivalent. Er hat drei runde Öffnungen mit Stutzen, über die befüllt wird. So entstehen drei nebeneinander liegende Schüttkegel mit einem Minimum an Hohlraum. Vorab wird vom Lkw-Fahrer die rechteckige Einstiegsluke geöffnet, das Austragsystem Maulwurf nach oben gezogen und dort während des Einblasens fixiert. Die Speichergröße in Lörrach erlaubt bei entsprechender Bestellung kostengünstig ein Silofahrzeug, je nach Typ mit 18 – 24 t, komplett zu entleeren.
Regionale Verfügbarkeit
In Lörrach, am Rand des Südschwarzwalds, ist Holz – ob als Pellets, Hackschnitzel oder Scheitholz – einheimischer Rohstoff. Als Heizmaterial ist er von Vorteil bei Umwelt, Klima, Volkswirtschaft und Betriebskosten, denn er ist nachwachsend, CO2-neutral, trägt zu einer 100-prozentigen Wertschöpfung im Inland bei und ist für die Kunden preiswerter zu beziehen als die fossilen Brennstoffe aus fernen Ländern. Außerdem besteht nicht das politische Risiko eines Lieferboykotts, und Unfälle beim Transport sind weit weniger gefährlich als bei Öl und Gas. 0b Pellets oder Hackschnitzel, darüber entscheidet nach Kostenvergleich die Philosophie des Betreibers, aber auch der Transportpreis des Brennstoffs. Dieser wird beeinflusst von der regionalen Verfügbarkeit des Materials. Am Fuße des Südschwarzwaldes sind beide Holzbrennstoffe reichlich vorhanden. Ein Pelletwerk bei Freiburg liegt nur eine LKW-Stunde von Lörrach entfernt. Die Baugenossenschaft Familienheim bezieht die Ware von dort.
Weitere Informationen
Broschüre „Empfehlungen zur Lagerung von Holzpellets“, große Lagerstätten sind Thema in Kapitel 5. Deutsches Pelletinstitut, DEPI, Berlin, 2015. www.depi.de
VDI Richtlinie 3464 „Lagerung von Pellet“, Beuth Verlag. Berlin, September 2015. www.beuth.de
DEPI-Informationsblatt „Anforderungen an die Lagerbelüftung nach VDI 3464“, DEPI, Berlin, August 2015. www.depi.de
Flyer „ENplus – das Qualitätssiegel für Holzpellets sichert einen reibungslosen Heizungsbetrieb”, Information für Endverbraucher. DEPI, Berlin, 2015. www.depi.de
Planerhandbuch „Unterirdische Lagersysteme für Biomasse, Pellets und Wärme“. Mall GmbH, Donaueschingen, 2015. www.mall.info
Das unterirdische Lager besteht aus Betonfertigteilen. Sie werden zum gewünschten Termin geliefert, mit einem Kran versetzt und sind in wenigen Stunden fertig montiert.
Holzpellets werden mit Luftdruck vom Lkw aus in den Speicher eingeblasen.