Energieeffiziente Gebäudekühlung

Cool und nachhaltig: Auf der Suche nach der „sanften“ Klimatechnik

Das Energiekonzept der Bundesregierung fordert bis 2050 einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand. Damit dies gelingt, müssen Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und zum Einsatz erneuerbarer Energien kombiniert werden. Wegen der jahrzehntelangen Nutzungsdauer von Gebäuden und der in ihnen integrierten Gebäudetechniken ist es zudem wichtig, die Nutzung erneuerbarer Energieträger möglichst einfach und wirtschaftlich zu gestalten.

Für das Erreichen der klimaschutz- und energiepolitischen Ziele des Bundes kommt gemäß Klimaschutzplan 2050 „auch der Gebäudeklimatisierung …. eine zentrale Bedeutung zu.“[1]. Derzeit ist jedoch der Trend für den Energieeinsatz für Gebäudekühlung noch stark steigend. Die Prognosen gehen von einem Anstieg des Energieeinsatzes in diesem Bereich um den Faktor 2,6 im Zeitraum 2000 bis 2020 aus[2]. Dies spiegelt sich auch in den Verkaufszahlen für Raumklimageräte wider[3].

Wesentliche Ursachen für den gestiegenen Energieeinsatz zur Kühlung von Gebäuden sind die Erhöhung des Glasanteils in der Gebäudehülle, die Reduzierung der Wärmespeicherfähigkeit der Bauteile und die Erhöhung der internen Wärmelasten bspw. durch die Zunahme der Anzahl elektrischer Verbraucher. In dicht bebauten Gebieten wie  bspw. innerstädtischen Lagen ist daneben aber auch eine Zunahme des sogenannten  „Urban Heat Island“-Effektes zu beobachten. Zudem sind die Akzeptanz von Klimatisierung und die Erwartung des Nutzers an den thermischen Komfort in Innenräumen gestiegen.

Mit seiner Klimarichtlinie[4] legt der Bund die Anforderungen an den thermischen Komfort in Gebäuden des Bundes fest. Dabei ist zum Erreichen dieser Anforderungen grundsätzlich auf eine maschinelle Kühlung zu verzichten. Priorität zur Gewährleistung der thermischen Behaglichkeit im Sommer haben Maßnahmen zur passiven Kühlung, also bspw. außenliegende Verschattung, geringe Fensterflächenanteile und thermisch wirksame Speichermassen. Diese Maßnahmen helfen bereits oftmals, um auf eine Kühlung von Räumen mit normalen Nutzungsprofilen verzichten zu können. Ganz ohne die Kühlung von Räumen kommt aber auch der Bund nicht aus. Daher stellt sich immer wieder die Frage nach umweltfreundlichen und energieeffizienten Alternativen zur konventionellen Kältetechnik. Eine solche Alternative kann bspw. die adiabate Abluftbefeuchtung sein.

Da Kälte im thermodynamischen Sinn nicht wirklich erzeugt werden kann, handelt es sich bei der Kühlung immer um eine Verschiebung von Wärme. Die Wärme wird aus dem zu kühlenden Bereich abgeführt und in einen anderen Bereich (im Regelfall der Außenraum bzw. die Umgebung) eingebracht. Konventionelle Anlagen zur Gebäudekühlung funktionieren überwiegend nach dem Prinzip der Kompressions-Wärmepumpe. Für die Kompression des Arbeitsstoffes wird dabei im Regelfall elektrischer Strom eingesetzt. Eine andere Möglichkeit ist der Einsatz von Sorptions-Wärmepumpen. Diese benötigen zum Betrieb Wärme, welche bspw. aus dem Betrieb von Blockheizkraftwerken oder thermischen Solarkollektoren generiert werden kann.

Sowohl beim Kompressions- als auch beim Sorptionsprozess wird mehr an Wärme freigesetzt als dem eigentlich zu kühlenden Bereich entzogen wird. Bei der adiabaten Kühlung wird die Wärme von Wasser aufgenommen, welches durch diese Wärmezufuhr verdunstet. Im Regelfall wird die adiabate Kühlung in den Abluftkanal von raumlufttechnischen Anlagen eingebaut. Die warme Abluft wird durch die Verdunstung des Wassers abgekühlt. Mit den heutzutage ohnehin vorhandenen Einrichtungen der Wärmerückgewinnung kann nun die abgekühlte Abluft eine Kühlung der warmen Außenluft bewirken.

Eines der am umfangreichsten untersuchten Gebäude zur energieeffizienten Gebäudekühlung ist das Institut für Physik der Humboldt Universität in Berlin Adlershof. Seit 15 Jahren führt die TU Berlin ein Monitoring der Effizienz von 3 unterschiedlichen Kälteerzeugern durch. Zudem werden die energetischen Effekte von 450 Kletterpflanzen auf die Energiebilanz des Gebäudes im Vergleich zu einem konventionellen Sonnenschutz untersucht. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Analyse der Funktionalität und der Betriebskosten der eingesetzten Systeme. 

Die Ergebnisse der Langzeitstudie werden regelmäßig veröffentlich. Im Projekt  EnEff:Stadt wurden die Betriebskosten und die Effizienz der drei Kälteerzeuger untereinander verglichen[5]. Darin zeigt sich wiederholt, dass die spezifischen Kosten für den Betriebsmitteleinsatz (Wärme, elektrischer Strom, Wasser) bei der adiabaten Kühlung im konkreten Fall um ein Vielfaches niedriger sind als bei den eingesetzten konventionellen Techniken. Dies gilt insbesondere bei der Nutzung von Regenwasser, bei dem auf eine Enthärtung im Vergleich zur Trinkwassernutzung verzichtet werden kann.

Hinsichtlich der Nutzung von Regenwasser oder der Befeuchtung der Luft in raumlufttechnischen Anlagen gilt es neben vielfältigen technischen auch hygienische Anforderungen zu beachten. Für die Planung, den Bau, den Betrieb und die Wartung von Anlagen, die Konzepte der Regenwasserbewirtschaftung umsetzen, wurde im Auftrag der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ein Leitfaden erstellt und veröffentlicht[6]. Dieser Leitfaden reicht beispielsweise über die anzustrebenden Druckverhältnisse im Wärmeübertrager (Überdruck der Zuluft gegenüber der Abluft, um bei etwaigen Leckagen den Luftstrom nur in eine Richtung zuzulassen) bis zur indirekten Energieübertragung durch getrennte Wärmeübertrager im Kreislaufverbundsystem.

Am Institut für Physik in Berlin Adlershof wird auch die Wirkung von begrünten Fassaden evaluiert. Die Kletterpflanzen wachsen sowohl im natürlichen Boden als auch in 150 Fassadenkübeln. Die Kübel sind untereinander verbunden, so dass in allen Behältern in einer Blähtonschicht mit Anstaubewässerung der gleiche Wasserstand eingestellt wird. Über die nachgespeiste Wassermenge kann die Kühlarbeit der Begrünung bestimmt werden. Diese beträgt in den Sommermonaten durchschnittlich 280 kWh pro Tag und Fassade. Im Projekt wurde ermittelt, dass die Verschattungswirkung der Fassadenbegrünung die Energiebilanz des Gebäudes im Vergleich zum vor Ort verwendeten konventionellen Sonnenschutz deutlich verbessert[5].

Quelle [1] Klimaschutzplan 2050: Klimaschutzpolitische Grundsätze und Ziele der Bundesregierung. Kabinettbeschluss vom 14. November 2016; BMUB; 89 S.
[2] Energy Efficiency and Certification of Central Air Conditioners (EECCAC) - Study for the D.G. Transportation-Energy (DGTREN) of the Commission of the E.U.; 2003
[3] European HVAC Market to Expand. Japan Air Conditioning, Heating & Refrigeration News (JARN); 31.5.2017; http://www.ejarn.com/news.aspx?ID=44724
[4] Richtlinie zu baulichen und planerischen Vorgaben für Baumaßnahmen des Bundes zur Gewährleistung der thermischen Behaglichkeit im Sommer (Klimarichtlinie); Erlass des BMVBS (B12-8132.1/0), B 12, v. 08.12.2008; 11 S.
[5] HighTech-LowEx: Energieeffizienz Berlin Adlershof 2020; Abschlussbericht Teil 8 Energieeffiziente Gebäude; BMWi EnEff: Stadt, Förderkennzeichen 03ET1038A und B. Technische Universität Berlin 2014; 258 S.
[6] Konzepte der Regenwasserbewirtschaftung - Gebäudebegrünung, Gebäudekühlung. Leitfaden für Planung, Bau, Betrieb und Wartung. 72 S. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin 2010; www.gebaeudekuehlung.de

Marco Schmidt arbeitet am Fachgebiet Gebäudetechnik der Technischen Universität Berlin sowie im BBSR, Bereich Energieoptimiertes Bauen.
Dr. Olaf Böttcher leitet als Energiebeauftragter der Bundesregierung das Referat Energieoptimiertes Bauen im BBSR.
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