Erhöhter Schallschutz in monolithischer Bauweise
Das Ringen um immer bessere Wärmedämmwerte der Wandbaustoffe beeinträchtigt oftmals den Schallschutz. Höhere Dämmstoff-, Luft- und Lochanteile in den Baustoffen senken die flächenbezogene Masse und somit auch die Schalldämm-Leistungsfähigkeit – so die Theorie. In der Praxis lassen sich bei entsprechender Planung und Ausführung selbst bei monolithischer Passivhausbauweise die Grenzwerte für den erhöhten Schallschutz erreichen, wie ein Objekt zeigt.
Gerade im Mehrfamilienhausbau ist Schallschutz ein zentrales Thema. Hier wohnen unterschiedliche, oftmals fremde Parteien mit ihren jeweiligen Ansprüchen auf Privatsphäre und Ruhe auf relativ engem Raum zusammen. Die bauordnungsrechtlichen Anforderungen an den Schallschutz definiert die DIN 4109. Diese wird aktuell mit dem Ziel überarbeitet, realistisch zu erwartende Schalldämm-Werte zu prognostizieren. Noch ist sie in der vorliegenden Form seit 1989 gültig. Die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung Z-23.22-1787 für Mauerwerk aus Hochlochziegeln beinhaltet jedoch bereits das Rechenverfahren nach DIN EN 12354-1, das zukünftig auch in der DIN 4109 angewendet werden soll. In der DIN 4109 sind nur die Anforderungen definiert, die öffentlich-rechtlich von Interesse sind. Daher empfiehlt es sich zusätzlich aus privatrechtlicher Sicht, die Qualitätsstandards des Schallschutzes eindeutig und für den Verbraucher verständlich zu vereinbaren und mit geeigneten Mitteln – beispielsweise dem Rechenverfahren nach DIN EN 12354-1 und den entsprechenden produktbezogenen Zulassungen – zu bemessen.
Bei der Planung des Schallschutzes sind unterschiedliche Geräuschquellen zu berücksichtigen, die sich sowohl innerhalb als auch außerhalb des Gebäudes befinden können. Im Gebäude sind vor allem Wohnungstrennwände und Begrenzungswände zum Flur oder Treppenhaus schallschutztechnisch bedeutend. Die DIN 4109 schreibt daher – in Abhängigkeit von der Raumnutzung – ein Schalldämm-Maß zwischen 52 und 55 dB vor. Zusätzlich muss der Trittschall wirkungsvoll gedämpft werden.
Der erforderliche Schutz vor Außenlärm hingegen ist abhängig von der Lage des Gebäudes. Tabelle 8 der DIN 4109 „Schallschutz im Hochbau“ gibt Mindestwerte für das erforderliche „resultierende bewertete Schalldämm-Maß“ der Außenwand vor. Um diese Mindestwerte zu erfüllen, muss das resultierende Direktschalldämm-Maß der Außenwand gesondert ermittelt werden. Es setzt sich zusammen aus den Direkt-Schalldämm-Maßen der einzelnen Bauteile – also des Mauerwerkes sowie der Fensteröffnungen. Der direkte Weg über das trennende Bauteil ist jedoch nur einer von vielen Wegen, den der Schall von der Geräuschquelle zum Empfangsraum nimmt. Deshalb ist die Direktschalldämmung des trennenden Bauteils nur einer von vielen Einflussfaktoren auf den Schallschutz. Insgesamt nimmt der Schall bei den meisten klassischen Raumaufteilungen weitere zwölf Nebenwege – jeweils drei pro flankierende Decke oder Wand. Daher hat das Außenmauerwerk nicht nur eine direkte Lärmschutzfunktion, sondern zusätzlich bei vielen Übertragungswegen innerhalb des Gebäudes einen entscheidenden Einfluss auf die zu erzielende Schalldämmung.
Einerseits muss das Außenmauerwerk als trennendes Bauteil zur Außenwelt wirkungsvoll vor Außenlärm schützen, weshalb aus normativer Sicht hohe flächenbezogene Massen oder Produkte mit entsprechenden Prüfzeugnissen notwendig sind. Andererseits hat das Außenmauerwerk auch Auswirkungen auf die Schallübertragung innerhalb des Gebäudes. So werden Decken und Wohnungstrennwände ins Außenmauerwerk eingebunden, wodurch dieses die Längsschalldämmung der Bauteile maßgeblich beeinflusst. Ein zentraler Faktor für das Stoßstellendämm-Maß und damit eine reduzierte Schalllängsleitung ist dabei die bauliche Ausführung des Wand-Anschlusses. Es empfiehlt sich, Wohnungstrennwände mit hohen flächenbezogenen Massen nicht in Stumpfstoßtechnik auszuführen, sondern die Trennwände in einer Tiefe des halben Außenmauerwerks in die Fassade einzubinden und die Anschlussfuge mit Normalmörtel satt zu vermörteln.
Dabei sollten Mischbauweisen gemieden werden, da unterschiedliche Schwind- und Verformungsverhalten zu einem Verlust der notwendigen Steifigkeit führen können. Leichte Innenwände hingegen sind möglichst vom Außenmauerwerk zu entkoppeln, um die bessere Schalldämmleistung des Außenmauerwerks wirkungsvoll zu nutzen.
Kampf der Disziplinen bei modernen Baustoffen
Ein verbesserter Wärmeschutz bei der monolithischen Bauweise geht meist mit einem erhöhten Luft- oder Dämmstoffanteil im Wandbaustoff einher. Das Ergebnis: Durch die verringerten Stegbreiten und den erhöhten Lochanteil verfügen aktuelle Mauerziegel-Hochleistungsprodukte über niedrigere Rohdichten und Druckfestigkeitsklassen als früher. Da die flächenbezogene Masse das Produkt aus Wandrohdichte und Dicke des Mauerwerks darstellt, kann hierdurch auch die Direktschalldämm-Leistung der Wandbaustoffe beeinflusst werden.
So verfügen beispielsweise betongefüllte Schalungsziegel bei einer Breite von nur 240 mm über eine flächenbezogene Masse von rund 520 kg/m². Damit erzielen Sie hervorragende Schalldämmwerte, verfügen jedoch nur über eine geringe Wärmedämmleistung. Daher finden Schalungsziegel oftmals Anwendung für Trennwände im Innenraum, wo besonders hohe Schall- aber weniger Wärmedämmung notwendig ist. Hochwämedämmendes Coriso-Ziegelmauerwerk liegt – in Abhängigkeit von Wandstärke und Mauerziegel – zwischen ca. 250 und 400 kg/m². „Der Vorteil unserer Technologie besteht darin, dass wir einen Dämmstoff gesucht haben, der die bauphysikalischen Eigenschaften unserer bestehenden Mauerziegel-Produkte in jeglicher Hinsicht verbessert“, erklärt Dipl.-Ing. Rudolf Bax, Vorstand der Unipor-Gruppe. „Die schallschutztechnische Leistungsfähigkeit kann so durch die intergierten Dämmstoff-Füllungen gegenüber ungefüllten Hochlochziegeln verbessert werden. Jedoch führt das Streben nach verbesserten U-Werten und die dadurch abnehmende Masse der Wandbaustoffe ab einem gewissen Punkt zwangsläufig zu einer verringerten Schalldämmleistung der Mauerziegel.“
Dennoch können mit modernen Mauerziegelprodukten hervorragende Wärme- undSchallschutzwerte erzielt werden – und dies mit nur einem einzigen Produkt. Dabei verbessern eine entsprechende Planung seitens des Architekten sowie eine sorgfältige Ausführung der Mauerwerksarbeiten das zu erzielende Ergebnis entscheidend. Selbst bei der monolithischen Passivhausbauweise mit dem bewährten und zertifizierten Passivhausziegel „Unipor W07 Coriso“ lässt sich so ein erhöhter Schallschutz nach Beiblatt 2 der DIN 4109 erzielen, wie ein aktuelles Objekt in der Münchener Oppenrieder Straße zeigt.
München: Erhöhter Schallschutz bei Passivhausbauweise
Das Gebäude verfügt über drei Wohnungen, die alle in einer modernen offenen Bauweise mit geringem Trennwandanteil gestaltet sind. Da jede Etage nur über eine Wohneinheit verfügt, reichte eine vertikale Bewertung der Schallschutzeigenschaften über die trennenden Decken und flankierende Wände aus.
Im Rahmen der Planung erstellte die Bauberatung des Ziegelherstellers Hörl und Hartmann, Dachau, rechnerische Prognosen zum Luftschallschutz. Die bauaufsichtliche Zulassung Z-23.22-1787, die für wärmedämmende, einschalige Außenwände aus Hochlochziegeln gilt, sieht dafür ein Rechenverfahren auf Basis der DIN EN 12354-1 vor. Dieses betrachtet den Schallschutz als Übertragungssystem und berücksichtigt differenziert alle Schallnebenwege.
Die vielversprechenden Prognosen, wonach das bewertete Schalldämm-Maß für die Luftschalldämmung zwischen zwei übereinanderliegenden Räumen über 55 dB lag, wurden nach Fertigstellung des Gebäudes durch entsprechende Schallschutzmessungen der ig-bauphysik (Hohenbrunn) bestätigt. Hierzu wählte man zwei schalltechnisch besonders anspruchsvolle Raumkonstellationen für die Messung aus. Beide Sende- und Empfangsräume verfügen über jeweils zwei angrenzende Außenwände. Die trennende Deckenfläche ist verhältnismäßig klein, so dass der Schalldämmleistung der Flankenbauteile – und somit des Ziegelmauerwerkes – eine besondere Rolle zukommt. Das Ergebnis der Luftschall-Messungen belegt, dass für beide geprüften Räume der gemäß DIN 4109 Beiblatt 2 vorgeschlagene Grenzwert für den erhöhten Schallschutz erreicht wird. Maßgeblich für die Einhaltung dieser Werte war die Einbindung der 20 cm dicken Stahlbetondecke in die Außenwand. Diese liegt in der Tiefe von rund einem Drittel der Wandstärke (175 mm) auf dem Ziegelmauerwerk auf. Die Stirnfläche wurde zusätzlich mit 160 mm PU-Dämmung und einer 40 mm dicken Faserdämmung versehen, um den energetischen Anschluss zu optimieren. Ein 11,5 cm dicker Anlegeziegel aus dem Unipor-Passivhaus-System schließt die Anschlussstelle ab und bietet so einen homogenen Grund für den Faserleichtputz.
Zusätzlicher Schallschutz durch Sonderprodukte
Um die Schallschutz-Eigenschaften von Ziegelmauerwerk zusätzlich zu verbessern, hat die deutsche Ziegelindustrie ein umfangreiches Sortiment an Sonderprodukten entwickelt. So bietet das Unipor-Mitgliedswerk Hörl und Hartmann im Rahmen ihres Schallschutzpaketes spezielle Deckenrandelemente an. Diese Dämmstoff-Elemente verfügen über eine außenliegende keramische Ziegelplatte mit profilierter Oberfläche, die sich nahtlos ins Ziegelmauerwerk eingliedert und einen hervorragenden Putzgrund darstellt. Die Elemente ermöglichen nicht nur den Anschluss der Decke als optimierte Wärmebrücke gemäß Beiblatt 2 zur DIN 4108 (0,06 W/(mK)), sondern wirken sich gleichzeitig positiv auf die Schalldämmung aus.
Fazit
Gute Schall- und Wärmedämmwerte müssen sich nicht zwangsläufig ausschließen, auch wenn beide Disziplinen in einem anhaltenden Widerstreit stehen. Maßnahmen, die dem Wärmeschutz zugute kommen, beeinträchtigen oftmals die Schallschutzeigenschaften – und umgekehrt. Dennoch ermöglichen moderne Mauerziegel-Produkte den Bau energetisch wie schalltechnisch hochwertiger Gebäude, wie das Passivhaus im Münchener Süden beweist. Essenziell hierbei sind jedoch die richtige Planung und Ausführung der Arbeiten. Die deutsche Mauerziegel-Industrie bietet hierzu eine Vielzahl von Hilfsmitteln sowie eine baubegleitende Beratung, die beides sicherstellt.