Farbe in die Platte bringen
Raus aus dem grauen Alltag, hinein in eine Welt voller Farbe: Nicht immer müssen alte Plattenbauten abgerissen werden. Manchmal lohnen sich auch eine Neugestaltung und energetische Sanierung.
Mit Beginn der 1970er-Jahre wurde durch Wohnungsbauprogramme die Schaffung von dringend benötigtem Wohnraum gefördert. Um in kurzer Zeit rationell Wohngebäude zu erstellen, setzte sich in dieser Zeit die Bauweise mit industriell vorgefertigten Wandelementen immer weiter durch. Zur Gestaltung der Fassadenplatten kamen verschiedenfarbige Kiese und Splitte mit unterschiedlichen Korngrößen zum Einsatz, um die Oberflächen zu beleben. Bedingt durch die Natursteinkörnung und die als Bindemittel verfügbaren Zemente, war die Farbigkeit jedoch meist auf Grau-, Beige- und Ockertöne beschränkt. Der Dämmwert, der aus Tragschale, Dämmstoff und Wetterschale bestehenden Wandelemente, entsprach den damaligen Erkenntnissen und Forderungen zum elementaren Wärmeschutz von Gebäuden.
Mit der Entwicklung von Wärmedämmverbundsystemen begann man Mitte der 1980er-Jahre auch den Bestand von älteren Plattenbauten energetisch zu sanieren. Dämmdicken von 40 – 60 mm waren in dieser Zeit Standard. Wurde am Anfang vor allem die Energieeinsparung betrachtet, rückte im Laufe der Zeit auch die farbliche Fassadengestaltung immer mehr in den Fokus.
Bei der Sanierung im Bestandswohnungsbau können die Fassaden in der Regel jedoch nicht mehr durch die Veränderung von geometrischen Formen wie Fenstern, Loggien und Balkonen gestaltet werden. Über eine gezielte Farbgestaltung ist es jedoch möglich, auch bei unveränderter Gebäudestruktur, die Gebäudefassaden anders erscheinen zu lassen. Ziel der Farbgestaltungen ist es dabei, die Fassadenflächen klarer zu gliedern, den Gebäuden die Größe und die Höhe zu nehmen, einen Wiedererkennungseffekt zu schaffen und das Wohnumfeld attraktiver, aufgelockerter und bunter erscheinen zu lassen.
Die Weiterentwicklung von Farbpigmenten, Bindemitteln, Putzen und Farben ermöglichte intensivere und brillantere Farbtöne für die Außenanwendung und beflügelte damit den auch im Neubau anhaltenden Trend zu farbig sehr kräftig gestalteten Fassaden. Das führt auch bei der Sanierung von Bestandsgebäuden zu mutigen und belebenden Farbgestaltungen.
Beispiele in Cottbus
An den Gebäuden „Hopfengarten“ und „Peitzer Straße“ in Cottbus wurden die ursprünglich mit Waschkies beschichteten Fassadenplatten gedämmt, mineralisch armiert und mit durchgefärbtem Silikonharzputz in 2 mm Körnung verputzt (Bild 2). Die im Farbprojekt ursprünglich in Lasurtechnik geplante Gestaltung der Flammen und Ornamente wurde an der Fassade aus Kostengründen mit Silikonharz-Fassadenfarbe umgesetzt. Das Grundkonzept wurde beibehalten, die Farbübergänge sind aber durch die Applikation mit Fassadenfarbe nicht mehr so fließend und wirken härter.
Der Entwurf für das Gebäude „Hopfengarten“ sah zudem in der Entwurfsfassung eigentlich gedecktere Grüntöne vor. Durch die Bauherren wurden jedoch leuchtendere Farben favorisiert. Damit wurde zwar zwischen den noch unsanierten beigegrauen Plattenbauten ein leuchtender Farbpunkt gesetzt, in der Langzeitwirkung kann das aber unter Umständen störend wirken (Bild 7).
Am Wohnblock in Kamenz musste die bereits 1994 gedämmte Fassade auf Grund von verarbeitungsbedingten Schäden erneuert werden. Dabei wurde die ursprünglich dach- und treppenhausbetonte Gestaltung in eine geöffnete, luftige, farbenfrohe Fassade verändert.
Während der Sanierung wurde die 60 mm dicke Bestandsdämmung komplett entfernt und durch eine den zum Sanierungszeitpunkt entsprechenden Anforderungen genügende dickere Dämmung ersetzt. An der in die Brandklassifizierung B1 schwer entflammbar eingestuften Fassade, kam als Dämmstoff EPS mit den zum Sanierungszeitpunkt vorgeschriebenen Brandriegeln zum Einsatz.
Die Farbigkeit der Fassade wurde mit werkseitig getönten Baumit Silikonharzputz SilikonTop aufgetragen und strukturiert.
System mit schneller Festigkeit
Da die Oberputzarbeiten bauablaufbedingt erst im Herbst ausgeführt werden konnten, kam Baumit Speed Top zum Einsatz. Dieser Putzzusatz wird dem Gebinde erst auf der Baustelle zum Erreichen einer schnelleren Frühregenfestigkeit zugegeben. Durch das beschleunigte Abtrocknungsverhalten konnten auch die unterschiedlichen Farbfelder schneller aneinander angearbeitet werden. Da die Oberputzschicht komplett durchgefärbt ist, wurde eine sehr gute Farbtiefe und Pigmentbindung erreicht. Das sichert eine lange Haltbarkeit der Farbigkeit an der Fassade.
Durch diese Sanierungsmaßnahme wurde das Gebäude energetisch und gestalterisch deutlich aufgewertet und ein Blickfang am nordöstlichen Ortseingang von Kamenz geschaffen (Bild 3).
Witterungsschutz erhöht
Im Fokus der Fassadensanierung der Gebäude „Willy Brandt Straße“und „Bodelschwinghstraße“ in Cottbus stand die Erhöhung des Witterungsschutzes in Verbindung mit einer farbigen Aufwertung des Wohnumfeldes. Diese Gebäude wurden Ende der achtziger Jahre mit Waschbeton Wetterschalen errichtet und im Zuge der Sanierung nicht energetisch saniert (Bild 8).
Während bei einem WDVS mit Armierungsschicht und durchgehendem Oberputz die Farbgestaltung unabhängig von der Plattenstruktur erfolgen kann, orientieren sich bei diesen Gebäuden die Größen der Farbfelder an den Bestandsformaten und Fugen der Fassadenplatten. Die Farbgebung erfolgte mit einer Reinacrylatfarbe Baumit PuracrylColor direkt auf die gereinigte und grundierte Waschbetonplatten-Oberfläche. In diese Farbe lassen sich die erforderlichen organischen Farbpigmenten stabil und dauerhaft einbinden (Bild 6).
Bei der Gestaltung der „Bodelschwinghstraße“ wurden nicht alle bekiesten Platten einfarbig beschichtet. Einzelne Elemente wurden in einem Beigeton deckend grundiert und dann nur auf den Spitzen der Bekiesung mit Rot- bzw. Orangetönen farbig abgerollt. So entsteht an diesen Platten eine interessante Siebdruckoptik (Bild 4/5).
In der Regel wird die Farbgestaltung von Fassaden in der Planungsphase mit verschiedenen Gestaltungsvorschlägen und Farbprojekten vorbereitet und den Eigentümern zur Entscheidung vorgelegt. Ein anderer Weg wurde durch die Eigentümergemeinschaft am Zwölf-Eck-Haus in Arnsdorf beschritten. Hier kam die Grundidee zur Gestaltung maßgeblich von der Eigentümergemeinschaft und wurde durch die Baumit Farbberatung nur noch präzisiert und auf den Baumit Life Farbfächer abgestimmt (Bild 1).
Die derzeitig verfügbaren Dämm- und Beschichtungsmaterialien ermöglichen eine sehr große Gestaltungsvielfalt für eine lebendige und farbige Fassadengestaltung. Leider werden aus Kostengründen die gestalterischen Vorschläge nicht immer komplett umgesetzt. So fallen beispielsweise in Struktur und Farbe abgesetzte Faschen, Bänder und Lisenen oder aufwendigere Applikationstechniken in der Umsetzung der Farbkonzepte dem Kostendruck zum Opfer.