Freistehendes Gebäude mit Leuchtturm-Qualitäten
In Bremen realisierten Wirth Architekten ein Mehrfamilienhaus, das vorbildlich mit dem zur Verfügung stehenden, herausfordernden Grundstück umgeht. In der Entwurfsphase kam den Brüdern Jan und Benjamin Wirth die Bereitschaft zugute, sich dem „fast schon pathologischen Understatement“ der Hansestadt zu widersetzen. Und während der Umsetzung überzeugte das großformatige Bausystem KS-QUADRO mit der wirtschaftlichen, präzisen Verarbeitung komplexer Grundrisse.
Ab und an gibt es im innerstädtischen Bereich Grundstücke, die durchaus als Investoren-Traum beschrieben werden können: Mit optimaler Lage in einem angesagten Viertel, guter Verkehrsanbindung und einem weitläufigen, möglichst rechteckigen und damit problemlos bebaubaren Zuschnitt. Viele dieser Faktoren trafen auch auf das Grundstück der Tektum Holding in Bremen zu, für das ein Realisierungswettbewerb ausgeschrieben wurde.
Immerhin sind es zum Weserstadion und dem namensgebenden Fluss nur wenige Meter. Auch das bevorzugte Kultur- und Ausgehareal – in der Hansestadt schlicht als „Viertel“ bekannt – liegt nur einen Steinwurf entfernt. Allerdings wird die „Hulsbergspitze“ gleich von drei Straßen eingerahmt, die direkt vor dem Gebäude von zwei weiteren sowie einer Straßenbahnhaltestelle ergänzt werden. Was als Standort für die Tankstelle, die sich zuvor hier befand und zuletzt als kleines Restaurant genutzt wurde, zweifelsohne optimal war, stellt die Wohnarchitektur vor Herausforderungen.
Wirth Architekten ließen sich von den äußeren Umständen nicht abschrecken und entwickelten einen Entwurf, der die Wettbewerbsjury durch sein elegantes Spiel mit den Limitationen überzeugte. „Für uns war von vornherein klar, dass das Gebäude keine ‚Rückseite‘ haben sollte“, erzählt Benjamin Wirth, der das Büro 2012 gemeinsam mit seinem Bruder gründete. Nicht zuletzt deshalb entschieden sie sich für einen Grundriss, der an ein Dreieck mit schräg abgeschnittenen Spitzen denken lässt. Diese Lösung sorgt tatsächlich dafür, dass das Gebäude aus jeder Perspektive eine etwas andere Erscheinung entwickelt, ohne den Eindruck zu erwecken, eine Seite sei einer anderen optisch oder funktionell unterlegen.
Exponierte, freistehende Lage
Die Grundform sowie die exponierte, freistehende Lage am Knotenpunkt unterschiedlicher Straßen verleihen dem Gebäude einen Leuchtturm-Charakter, der durch die Höhe noch verstärkt wird: Mit sechs Geschossen, die nach oben hin unregelmäßig zurückspringen und unterschiedliche Balkonflächen ausbilden, überragt der Wohnbau viele der umliegenden Häuser. „Das Gebäude durfte so hoch sein, weil es diese spezielle Lage hat. Aus diesem Grund hatte die Stadt beim Verkauf des Grundstücks aber auch den Wettbewerb zur Auflage gemacht“, so Wirth.
Trotz allem war es den Architekten wichtig, kein „UFO“ zu erschaffen, das ohne Bezug zur Umgebung allein für sich steht. Vielmehr waren sie überzeugt, dass die Hulsbergspitze ebenso Aushängeschild wie Vermittlerin sein muss. „Die Straßen, die nach hinten verlaufen, sind von klassischen Bremer Reihenhäusern mit Vorgärten geprägt, während direkt gegenüber an der Hauptstraße ein achtgeschossiger 1970er-Jahre-Bau steht“, beschreibt der Architekt die Nachbarschaft. Der Baustein muss also zwischen zurückgesetzter Häuserzeile und direkt am Bürgersteig stehenden Gebäuden sowie vier bis fünf Geschossen Höhenunterschied vermitteln. Aus diesem Grund sind die Rücksprünge in der Fassade nach hinten besonders ausgeprägt und die Abschrägung der Gebäudekanten zitiert die Form der zahlreichen Erker des Altbau-Bestands. Nach vorne präsentiert sich der Baustein dagegen mit einer geraden Fassade über alle Etagen hinweg. Das Fassadenmaterial wiederum greift ein Gestaltungselement auf, das in der Hansestadt regelmäßig bei prominenten oder öffentlichen Gebäuden zu erkennen ist, variiert das Bekannte aber durch eine helle, freundlichere Farbgebung.
Zu allen Seiten offen
Was alle Seiten dieses Solitärs gemein haben, sind großzügige, individuell dimensionierte Fenster und Loggien, die das Gebäude zum Stadtraum öffnen und auch in den weiter unten liegenden, kleineren Wohnungen für viel natürliches Licht sorgen. „Es war uns sehr wichtig, dass an dem Standort etwas Nahbares entsteht, das den städtischen Charakter durch Transparenz, Klarheit und Freundlichkeit unterstützt“, erklärt Benjamin Wirth. Urban ist auch die Mischnutzung, die durch eine Bäckerei im Erdgeschoss entsteht. Darüber stapeln sich zunächst vier, später zwei und zuletzt eine einzige Wohnung pro Etage. Größen zwischen 30 und 160 m² mit Grundrissen von anderthalb bis fünf Zimmern sollen Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen im Gebäude zusammenführen.
Zwei Herausforderungen prägten die Umsetzung des Entwurfs, für beide erwies sich die Wahl des Wandbaustoffs als wichtiger Lösungsbaustein. Denn für das gesamte Gebäude kam das großformatige Bausystem KS-QUADRO zum Einsatz. Neben anderen Eigenschaften wie hoher Tragfähigkeit bei schlanken Wänden, ressourcenschonender Herstellung und einem hervorragenden Brandschutz, sind es auch die Schallschutzqualitäten, die Kalksandstein von KS-Original (www.ks-original.de) zur idealen Basis im mehrgeschossigen Wohnungsbau machen. Zusammen mit entsprechend ausgelegten Fenstern und einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung konnte so trotz der verkehrsreichen Lage ein angenehmes Geräuschniveau im Inneren realisiert werden.
Einfache Lösung für komplexe Grundrisse
Die zweite Schwierigkeit ergab sich aus dem Entwurf selbst – sowie der Frage, wie dieser umgesetzt werden würde: „Bei jedem schrägen Strich hat man Sorge, dass es die Bauabläufe stört oder auf der Baustelle Probleme macht. Gerade weil sich die komplizierte Geometrie auch im Inneren fortsetzt“, so der Architekt. Doch auch hier kamen die Stärken von KS-QUADRO zum Tragen. Denn dieses ist nach einem Baukastenprinzip aufgebaut. Ein Regel- und zwei Ergänzungsformate sowie Ergänzungssteine verknüpfen die Vorteile großer Formate hinsichtlich Verarbeitung und schnellem Baufortschritt. „Es geht immer um die Schnittmenge zwischen wirtschaftlicher Auslastung, zukunftsfähiger Bauweise und dem ästhetischem Gesamterlebnis. Und hier konnte Kalksandstein die Bedingungen einfach am besten abbilden.“