Ideen für die City
Dr. Verena Herfort, Geschäftsführerin des BFW Landesverbands Nord, spricht Klartext. Es geht um die kurzfristige Belebung der Innenstädte.
Nicht erst seit Beginn der Corona-Pandemie wird in Deutschland über die Zukunft der Innenstädte diskutiert. In Hamburg forderte bereits im Oktober 2019 das „Bündnis für die Innenstadt“ den Senat auf, sich für eine lebendige Innenstadt einzusetzen. Unter der Federführung der Stadtentwicklungsbehörde wurde ein Maßnahmenpaket erarbeitet, um die öffentlichen Räume in der Innenstadt attraktiver zu gestalten.
Die Hamburger Innenstadt ist neben dem Hafen einer der identitätsstiftenden Orte der Stadt. Zu ihren bekanntesten und größten Einkaufsstraßen gehört die Mönckebergstraße. Bis zum Jahresende 2020 bildeten Galeria Kaufhof und Karstadt Sport ihr Entree. Doch seit Jahresende 2020 stehen die beiden Immobilien leer. Mit Schließung dieser Einkaufsmagneten verliert Hamburgs bekannte Einkaufsstraße zwei Anker-Mieter mit großer Strahlkraft. Kaum irgendwo sonst zeigt sich so plastisch und exemplarisch die Entwicklung der deutschen Innenstädte. Ladenflächen verwaisen, Besucherinnen und Besucher bleiben aus, die Negativspirale beginnt.
Die Corona-Pandemie wirkt als Beschleuniger für diese Entwicklung. Sie hat den Onlinehandel verstärkt, den stationären Einzelhandel aber massiv beeinträchtigt und gezeigt, dass das Homeoffice durchaus eine Alternative zum Büro-Arbeitsplatz ist.
Mischnutzungen aus Wohnen, Arbeit, Gastronomie, Kultur und Handel werden als Rezept gehandelt, um die Innenstädte wieder zu beleben. Für das ehemalige Galeria-Kaufhof-Haus in der Mönckebergstraße gibt es beispielsweise den Vorschlag, dort ein Naturkundemuseum unterzubringen oder mehrere kleine Läden plus Gastronomie. Aber: Die Umnutzung von Warenhäusern und Büros ist kostspielig. Neue Nutzungskonzepte bedeuten aufwendige Umbauten oder den Abbruch der Häuser und damit hohe Investitionen bei voraussichtlich niedrigeren Mieteinnahmen. Wer hierfür Investoren gewinnen möchte, muss auf der anderen Seite Anreize bieten. So könnten kostspielige Stadtumbauprojekte zum Beispiel durch die Beimischung von Eigentumswohnungen finanziert werden.
Außerdem muss der Gesetzgeber jetzt alles auf den Prüfstand stellen, was die Kosten treibt. Dazu gehört auch ein flexibles Planungs- und Baurecht, das schnelle und kostengünstige Abläufe ermöglicht. Leider erreicht die geplante Novelle des Baugesetzbuchs genau das nicht. Im Gegenteil: ein sektoraler Bebauungsplan, Umwandlungsverbote und die Ausweitung kommunaler Vorkaufsrechte behindern neue Ideen. Was wir stattdessen jetzt bräuchten, wären zumindest vorübergehende Deregulierungen: bei den Landesbauordnungen, dem Straßen- und Wegerecht sowie den Gaststätten- und Ladenschlussgesetzen. So würde Raum für kreative Konzepte entstehen.
Der BFW Bundesverband hat im Januar dieses Jahres dem Bundestagsausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen einen 8-Punkte-Plan zur kurzfristigen Belebung der Innenstädte vorgelegt. Hierin geht es um schnelle und praktikable Maßnahmen, um die Situation sofort zu verbessern – wie zum Beispiel die Einsetzung von interdisziplinären Stadtteilbeiräten, die Bündelung der Verantwortung bei einer Ansprechperson und ein aktives Zwischennutzungsmanagement, um Leerstände zu vermeiden.
An Ideen mangelt es also nicht – wenn sie nur gehört würden!