Fassadengestaltung

Individuell und außergewöhnlich

Durch computergestützte Planungs- und Produktionsprozesse wie CAD-Systeme, CNC-Schnittstellen und Rapid-Manufacturing-Technologien können komplizierte Strukturen sichtbar gemacht und hergestellt werden. Die Parametrisierung ermöglicht dabei die digitale Zerlegung der Fassade in kleinste geometrische Einzelteile und deren optimale Kombination in der Vorgehängten Hinterlüfteten Fassade.

Das Prinzip der Parametrisierung kommt ursprünglich aus der Mathematik, wird bereits im Schiffsbau und Maschinenbau eingesetzt und ist auch in der Fassadenanwendung nicht neu. Dabei werden geometrische Formen durch ihre Funktionen beschrieben. Im digitalen Modell sind in jeder Darstellungsebene Angaben zu bestimmten Elementeigenschaften notwendig, welche auf der Ebene als Parameterwerte betrachtet werden. Durch die miteinander verknüpften Parameter führt jede einzelne Veränderung zu Veränderung an anderen Stellen des Entwurfs. Komplexe Objekte werden im Computer als geometrisches Modell abgebildet und im virtuellen Raum auf verschiedene Form- und Funktionsvarianten überprüft. Designer und Architekten können ihre Entwürfe nach eigens gestellten Parametern in eine optimale Erscheinungsform bringen. Maßgeschneiderte, komplexe Gebäudehüllen mit raffinierten Detaillösungen werden mit Hilfe der Parametrisierung von der ersten Entwurfsphase über die Planung, Vorfertigung, Ausführung und Nutzung optimiert. Building Information Modeling (BIM) und Parametrisierung beruhen hier auf den gleichen Grundregeln: sie verbinden alle gebäuderelevanten Informationen miteinander und optimieren hinsichtlich Zeit, Kosten und Qualität. Daraus kann eine wirtschaftliche (Serien-) Fertigung erfolgen.

Parametrisierung ermöglicht die Gestaltung von dreidimensionalen Fassaden sowohl mit geschlossenen Oberflächen, als auch mit Fugen um oder zwischen den Bekleidungselementen. Für beide Gestaltungsansätze bietet die Bauart der Vorgehängten Hinterlüfteten Fassade (VHF) die notwendige Gestaltungsfreiheit. Die Konstruktionsweise der VHF, die Wärmedämmung und Witterungsschutz konstruktiv trennt, ist nicht nur bauphysikalisch vorteilhaft, sondern ermöglicht es, mit unterschiedlichen Bekleidungen vielfältige Formen zu schaffen und damit individuelle Entwurfsideen zu verwirklichen. Dem Planer steht eine große Palette von Materialien, Oberflächen, Formaten, Formen und Montagearten zur Verfügung. Die widerstandsfähigen und dauerhaften Bekleidungswerkstoffe sorgen für ein langfristig ästhetisches Erscheinungsbild bei geringem Wartungsaufwand. Die Gestaltung der Fassade lässt sich auf diese Weise individuell auf die Charakteristik eines Gebäudes abstimmen und erlaubt dem Planer, einen Bezug zwischen dem Gebäudeumfeld, der Bauaufgabe und seinen Nutzern herzustellen und damit dem architektonischen Anspruch in allen Facetten Rechnung zu tragen. Einen Eindruck, welche parametrischen Gestaltungsformen möglich sind, zeigen die folgenden Projekte exemplarisch.

Facettenreiche Fassade ohne sichtbare Befestigung

Mitten in Berlin hat Daniel Libeskind mit dem Sapphire einen einzigartigen Wohnkomplex geschaffen. Funkelnd und facettenreich wie der gleichnamige Edelstein ragt das mehrstöckige Gebäude aus den rein funktionalen Wohnhausbauten der Straßenflucht heraus. Die Assoziation vom Diamant ist vor allem der Fassade geschuldet: Komplex geformt, mit vielen asymmetrischen Elementen und dem kompletten Verzicht auf rechte Winkel. Mit ungewöhnlichen Sichtachsen und Perspektiven erinnert die Fassade unwillkürlich an einen geschliffenen Saphir. Für die komplett Vorgehängte Hinterlüftete Fassade wurden bioaktive, selbstreinigende Feinsteinzeugplatten mit reliefierter metallic Oberfläche verwendet. Mehr als 3600 dieser Keramikelemente wurden dafür nach Entwürfen von Libeskind produziert. Die Geometrie der Fassade erlaubte lediglich 500 Elemente im Standard-Format 0,60 x 1,20 m. Die weiteren 3100 Einzelelemente wurden nach Maß zugeschnitten und millimetergenau in die komplexe Oberflächenstruktur der Außenverkleidung eingepasst. Durch die Befestigungstechnik mit Hinterschnittankern, welche die Fixierung der Platten unsichtbar macht, ist die Oberfläche zudem von störenden sichtbaren Befestigungspunkten befreit.

Eine Fassade wie ein Theatervorhang

Der neue Kinokomplex auf dem Gelände der Mall of Switzerland in Ebikon (Kanton Luzern) von den Architekten Burckhardt+Partner, Zürich und tgs Architekten,Luzern ist mit einer einzigartigen Fassade bekleidet, die sich wie ein Theatervorhang um das Gebäude wellt. Für die Vorgehängte Hinterlüftete Fassade wurden rund 3000 m² Wellplatten aus Faserzement entwickelt und produziert, die der Außenhülle mit ihrer unregelmäßigen Wellenhöhe eine einmalige Gestalt verleihen. Die Geometrie der klassischen, regelmäßigen Wellplatte wurde modifiziert und auch das Befestigungsmaterial abgeändert. Das Ergebnis ist eine Fassade, deren Schwünge aus der Ferne betrachtet regelmäßig anmuten, beim Nähertreten aber erkennen lassen, dass der Faltenwurf nicht monoton gleichförmig, sondern rhythmisiert ist.

Keramische Faltung auf dem Dach

Das Museum der Kulturen strahlt mit seiner markanten Dacherweiterung weit über den Münsterhügel vom schweizerischen Basel hinaus. Vor mehr als 150 Jahren eröffnete das als „Universalmuseum“, als Haus der Wissenschaften und der Künste, konzipierte Museum in der damals noch mittelalterlichen Stadtlandschaft. Nachdem der Sammlungsbestand stark angewachsen war, wurde 1917 ein hofseitiger Erweiterungsbau von den Architekten Vischer & Söhne realisiert. Für die erneute Erweiterung des Vischer-Baus wurden die Architekten Herzog & de Meuron beauftragt. Die Architekten haben das Dachgeschoss um einen Ausstellungssaal erweitert und den Eingangsbereich umgestaltet. Der auskragenden 1700 m² große Dachaufbau ist einer abstrakt gefalteten Berglandschaft nachempfunden und vollständig mit sechseckigen Keramikelementen in schwarz-grünem Farbton bekleidet. Die dreidimensionalen, farblich changierenden Elemente wurden in drei verschiedenen Formen speziell für das Museum produziert. Durch die unterschiedlichen Geometrien verändert sich die gesamte Oberfläche je nach Blickwinkel und Lichteinfall und lässt so eine einzigartige Architektur entstehen.

Leicht und schwebend im öffentlichen Raum

Auf nur wenigen Stützen schwebt der Busbahnhof Poppenbüttel in Hamburgs Norden. Das gestalterische Motiv des Umsteigebahnhofes war der Gedanke, eine Skulptur in der Luft zu bauen. Das realisierte Gebäudeensemble von Blunck-Morgen Architekten aus Hamburg zusammen mit WTM Ingenieure Hamburg und Martin Tamke ist das markante Gestaltungselement des modernisierten Busknotenpunkts. Die 1800 m² große Fläche des geschwungenen Dachs beeindruckt mit ihrer leichten, fast schwebenden Anmutung. Stahlstützen tragen das Segel, das sich aus zwei Teilflächen zusammensetzt: An einen geschwungenen Streifen aus einer Stahlkonstruktion mit doppelt gekrümmter Aluminiumverkleidung, das so genannte Flügeldach, schließt sich der transparente Abschnitt aus einer ETFE-Membranfolie an. Die gekrümmten Verkleidungselemente bilden mit ihren Formaten aus Rechtecken und Rauten das geometrische Netz, welches sich fließend über die organische Form der Konstruktion legt. Unter dem Mix aus Flügel- und Foliendach befinden sich Räumlichkeiten der Hamburger Hochbahn, Sanitärräume, Verkaufsstellen, Aufenthaltsgelegenheiten für die Busfahrer und natürlich Wartezonen für die Fahrgäste. Die Busanlagen verbindet über eine zentrale Fußgängerbrücke die angrenzende S-Bahn Haltestelle und ein Parkhaus. Die acht Bussteige sind um die Insel so angeordnet, dass sie unabhängig voneinander anfahrbar sind und damit dem erhöhten Passagieraufkommen gerecht werden. Der Busumsteigebahnhof wurde damit von der Wartezone mit Wetterschutz zum verkehrstechnischen und städtebaulichen Aushängeschild des Ortszentrums Poppenbüttel aufgewertet.

Die Konstruktionsweise der VHF trennt Wärmedämmung und Witterungsschutz konstruktiv.

Die Gestaltung der Fassade lässt sich individuell auf die Charakteristik eines Gebäudes abstimmen.

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