Keine Sorglosigkeit bei Polystyrol
Bei der Wahl des Fassaden-Dämmmaterials müssen sich Betreiber und Ausführende bei Umbauten an den allgemein anerkannten Regeln der Technik und der aktuellen Landesbauordnung orientieren. Denn Fassadenbrände durch Polystyrol-Dämmplatten können verheerend wirken. Was viele nicht wissen: Unter Umständen muss bei Baumaßnahmen sogar alte Dämmung entfernt werden und durch nicht brennbare Platten ersetzt werden, um die Vorschriften zu erfüllen.
Eine Wärmedämmung mit expandiertem Polystyrol (EPS) oder extrudiertem Polystyrol (XPS) bietet eine Menge Vorteile. Der Baustoff ist vergleichsweise günstig, einfach zu verarbeiten, im eingebauten Zustand gesundheitlich unbedenklich und feuchtebeständig. Der Nachteil ist, dass WDV-Systeme aus Polystyrol je nach Brandklasse nur als normal entflammbar (DIN 4109 Brandklasse B2) oder schwer entflammbar (DIN 4109 Brandklasse B1) eingestuft sind.
Die Landesbauordnungen beschreiben je nach Gebäudehöhe und Gebäudeklasse die Mindestanforderungen der Baustoffklassen (DIN 4102-1). Bei Gebäuden über 7 m Höhe entsprechend der Gebäudeklasse 4 der Musterbauordnung der Länder darf nur die Brandklasse B1 eingesetzt werden. Bei Hochhäusern (>22 m) sind Polystyroldämmungen beispielsweise komplett verboten. Dort dürfen nur nicht brennbare Materialien – etwa Mineralwolle – verbaut werden.
Bei der Ausführungsplanung und der Überwachung von Umbaumaßnahmen muss besonderes Augenmerk auf Fenster- und Türstürze gelegt werden. An diesen Stellen sind Brandriegel vorgeschrieben, also Dämmabschnitte aus nicht brennbarem Material. Sie können die Ausbreitung eines Brandes auf die Fassade des darüber liegenden Geschosses entscheidend verlangsamen. Ergänzend sind unter Umständen weitere, das gesamte Gebäude umspannende Brandriegel vorgeschrieben. Entscheidend ist auf jeden Fall die Vorschrift in der aktuellen Bauordnung des Bundeslandes und die darüber hinausgehenden Regelwerke zum Brandschutz.
Der fachgerechten Anordnung der beschriebenen Brandriegel ist besondere Beachtung zu schenken: Brandversuche von EPS-Fassadendämmungen, die in den letzten Jahren unter realitätsnahen Bedingungen an verschiedenen Materialprüfungsämtern durchgeführt wurden, zeigten zum Teil eine schockierend schnelle Brandausbreitung in den Dämmsystemen bei Feuerüberschlägen aus Fenstern.
Das anfangs durch den äußeren Putz noch abgedeckte Polystyrol entflammt zwar nicht unmittelbar, wird durch die enorme Hitze jedoch in wenigen Minuten aufgeschmolzen und tropft dann flüssig aus der Dämmebene an Fensterstürzen ab und fängt in dieser Form unmittelbar Feuer. Die weitere Brandausbreitung der Fassade ist dann nicht mehr zu kontrollieren. Ähnliche Erfahrungen ergaben sich auch in der Realität bei noch im Bau befindlichen Fassadendämmungen, die im Bauzustand ohne ihre abdeckende Putzschicht noch schneller in Brand gerieten und vollständig abbrannten.
Diese Erkenntnisse veranlassten die Bauministerkonferenz zur Verschärfung der Regeln beim Einsatz von EPS-Dämmungen, die durch das DIBt umgesetzt wurden. Diese Regeln enthalten neben den unmittelbar den Bau betreffenden Anforderungen, die in die bauaufsichtlichen Zulassungen der WDV-Systeme eingehen werden, auch Angaben zur Aufstellung von möglichen Brandherden wie z. B. Müllcontainer.