Moderne Wohnungen in historischer Villa
Beim Umbau einer Industriellen-Villa in der oberbayrischen Gemeinde Brannenburg entstanden jetzt vier neue Wohnungen. Statik, Brandschutzanforderung F90 und erhöhter Trittschallschutz waren die besondere Herausforderung bei der Modernisierung der alten Holzbalkendecken mit einem Gipsfaser-Trockenestrich-System.
„Ein Gründerzeit-Juwel“ nannte Architekt Bernhard Schellmoser die ehemalige Villa Steinbeis, als er erstmals seine Umbau-Pläne dem Rat der oberbayrischen Gemeinde Brannenburg vorstellte. Gebaut wurde der imposante zweigeschossige Satteldachbau vom Industriellen Otto von Steinbeis, der 1910 vom bayrischen Prinzregenten Luitpold die Konzession zum Bau der Wendelsteinbahn erhielt, etwa um 1870. Bereits 30 Jahre später erfolgte der erste Umbau durch den Münchener Architekten Emanuel von Seidl. Damals erhielten die Innenräume Holzvertäfelungen und Einbauschränke, Stuck- und Gewölbedecken sowie ein neues Parkett.
Jetzt wurde der historische Bau erneut saniert und gleichzeitig gründlich umgebaut. In enger Abstimmung mit dem Denkmalschutz unterteilte die Werkgemeinschaft Rosenheim WGR GmbH dabei die vier Etagen, die insgesamt über eine Nutzfläche von rund 720 m² verfügen, in vier großzügige Wohneinheiten mit zwei, vier und sechs Zimmern, die höchste Wohnansprüche erfüllen. Behutsam werden bei dem Umbau die spätklassizistischen Stilelemente restauriert. So bleiben etwa die Segmentbogenfenster ebenso erhalten wie die Wandgliederungen mit Gussteilen aus Romankalk.
Zugleich entstand auf dem Gelände eine moderne viergeschossige Reihenhauszeile mit vier 140 bzw. 150 m² großen Wohneinheiten. Wie die Balkone der Villa sind auch die großzügigen Terrassen nach Südwesten zum Wendelstein hin ausgerichtet und profitieren damit von ganztägiger Sonneneinstrahlung. Eine Parkanlage mit großem Teich stellt die Verbindung zum Herrenhaus her. Der an dieser Stelle ursprünglich vorgesehene Parkplatz wird durch eine Tiefgarage mit 16 Stellplätzen ersetzt, die über einen Autoaufzug erreichbar sind. Alle Wohneinheiten sind von hier aus trockenen Fußes erreichbar.
Eine besondere Herausforderung für die Planer waren die alten Holzbalkendecken. Hier galt es vor allem drei Probleme zu lösen: Statik, Brandschutzanforderung F90 und die dem hochwertigen Wohnanspruch geschuldete Forderung nach erhöhtem Trittschallschutz. Architekt Bernhard Schellmoser entschied sich für einen Bodenaufbau in Trockenbauweise mit einem Trockenestrich-System aus Gipsfaser-Platten. Wichtige Argumente dafür waren Eigenschaften wie hohe Belastbarkeit – die durchaus mit herkömmlichen, massiven Estrichsystemen vergleichbar ist – und eine gute Trittschall- sowie Wärmedämmung, vor allem aber die Möglichkeit, durch den Einbau von Trockenestrich die Bauzeiten deutlich zu verkürzen.
Denn während bei konventionellen Estrichen viel Feuchtigkeit in den Bau eingebracht wird und daher eine Trocknungszeit von mehr als vier Wochen berücksichtigt werden muss – der Boden darf in diesem Zeitraum nicht belastet werden – kann nach der Verlegung von Trockenestrichen fast ohne Zeitverzug weiter gearbeitet werden. Die Estrich-Elemente sind sofort begehbar und unmittelbar nach dem Aushärten des Klebers voll belastbar – der gewünschte Oberbelag – in diesem Fall hochwertiges Parkett – kann sofort aufgebracht werden. Dafür wird unter normalen Temperaturbedingungen im Raum eine Zeitspanne von lediglich 24 Stunden veranschlagt. Faktoren wie ein handliches Format und das relativ geringe Eigengewicht der Platten steigern die Effizienz zusätzlich.
Nicht zuletzt deshalb hatte der Planer denn auch von Anfang an einen Nassestrich ausgeschlossen. Gegen die „nasse Lösung“ sprach aber auch die Schonung der alten Holzdeckenkonstruktion. Denn der Einsatz von Trockenestrichen vermeidet die Auffeuchtung der sonst trockenen Baustoffe und minimiert so die spätere Rissgefahr in Ecken und Anschlüssen.
Im Übrigen kann Trockenestrich es auch hinsichtlich der Einsatzgebiete mit herkömmlichen, massiven Estrichsystemen aufnehmen – je nach Systemaufbau ist der Einsatz in den Anwendungsbereichen 1 bis 4 problemlos möglich – ihr Vorteil gegenüber Nassestrichen ist dabei das relativ geringe Eigengewicht, so dass auch bei nur gering belastbaren Deckenkonstruktionen keine statischen Probleme auftreten.
Erhöhter Trittschallschutz
Der geforderte erhöhte Trittschallschutz wurde mit dem fermacell Waben-Dämmsystem erreicht. Je nach Deckenaufbau können damit in Verbindung mit einer federnd abgehängten Unterdecke auch bei Holzbalkendecken Schalldämmwerte erreicht werden, die den Empfehlungen für den erhöhten Schallschutz nach Beiblatt 2 zu DIN 4109 11/89 entsprechen.
Das System besteht aus umweltfreundlichen Karton-Waben in 30 oder 60 mm Höhe mit integriertem Rieselschutz, das mit der Wabenschüttung ausgefüllt und mit jedem beliebigen Estrich-System kombiniert werden kann. Im vorliegenden Fall legten die Verarbeiter zunächst 30 mm hohe Estrich-Waben vollflächig direkt auf der ebenen Rohdecke aus. Durch einen seitlich überstehenden Papierstreifen wurde dabei an der Längsseite eine Überlappung erzielt. Passelemente konnten die Arbeiter mit einem Teppichmesser zuschneiden.
Einfacher Einbau mit definierter
Schütthöhe
Sobald die Verlegung der Estrich-Waben abgeschlossen war, füllten die Verarbeiter die Waben mit der Wabenschüttung aus. Die Befüllung begann von der Tür aus. Die Waben konnten dabei vorsichtig betreten werden. Anschließend wurde die Schüttung mit einem Richtscheit bündig abgezogen, so dass ein planebener Untergrund für die Verlegung der fermacell Estrich-Elemente entstand.
Durch diesen Aufbau wird die Rohdecke direkt beschwert und die Schallübertragung durch die zusätzlich eingebrachte Masse wesentlich gemindert. Das Granulat erhöht mit seiner Rohdichte von ca. 1.500 kg/m³ die flächengezogene Masse der Decke deutlich und wirkt andererseits durch seine körnige Struktur als biegeweiche Schicht im Fußbodenaufbau. Die Biegeweichheit dieser Schicht kombiniert mit der hohen Dichte von ca. 45 kg/m² bei 3 cm Wabenschüttung bewirkt den sehr guten Schallschutz. Die Waben verhindern zudem das nachträgliche ,Wandern’ der Schüttung bei dynamischer Belastung.
Hoch belastbar
Zusätzlich vereinfachen und beschleunigen die Estrich-Waben die Verarbeitung der Schüttung: Die vorgegebene Schütthöhe wird sicher erreicht. Als Höhenausgleich wurde beim Fußbodenaufbau der Reihenhäuser im Park der Villa Steinbeis auf den Waben zusätzlich 10 mm fermacell Ausgleichsschüttung aufgebracht. Anschließend verlegten die Arbeiter das fermacell Gipsfaser Estrich-Element 2 E 31. Es besteht aus 2 x 10 mm dicken Gipsfaser-Platten im Format 150 x 50 cm mit rückseitiger Holzfaser-Kaschierung (10 mm). Die Gipsfaser-Platten sind gegeneinander versetzt angeordnet und bilden so einen 50 mm breiten Stufenfalz für die Verbindung der Einzelelemente.
Entstanden ist ein hochbelastbarer Fußbodenaufbau mit einer zulässigen Einzellast von 3,0 kN und Flächenlast von 3,0 kN/m². Der Aufbau entspricht daher nicht nur – wie im vorliegenden Fall – den Anforderungen im Wohnbereich (Anwendungsbereich 1), sondern ist auch geeignet für den Anwendungsbereich 2 (Flure in Bürogebäuden, Büroflächen, Arztpraxen, Aufenthaltsräume einschl. der Flure, Flächen von Verkaufsräumen bis 50 m²) und den Anwendungsbereich 3 (Flure in Hotels, Altenheimen, Internaten usw. Küchen und Behandlungsräume einschl. Operationsräume ohne schweres Gerät, Flächen mit Tischen; z. B. Schulräume, Cafés, Restaurants, Speisesäle, Lesesäle, Empfangsräume).
Die Verlegung der Gipsfaser Estrich-Elemente erfolgte von links nach rechts im schleppenden Verband (Fugenversatz > 20 cm). Die Handwerker verklebten die einzelnen Elemente mit fermacell Estrichkleber. Da die Kleberflaschen mit einer Doppelöffnung ausgestattet sind, konnten sie die Masse in einem Arbeitsgang gleichmäßig und ausreichend dosiert in zwei Klebeschnüren auftragen. Die frisch verklebten Estrich-Elemente wurden anschließend im Falzbereich verschraubt bzw. verklammert. Dieser Bodenaufbau erbringt den Nachweis F 120 von oben und erfüllt somit die Brandschutzanforderung F 90 von oben.
Fußbodenheizung mit Klimaboden
Während sämtliche Räume der Villa komfortabel durch eine Wandheizung erwärmt werden, wurde in der Bibliothek sowie in den Sanitärräumen eine Fußbodenheizung eingebaut. Dabei kam der sogenannte Klimaboden zum Einsatz. Er besteht aus einer 18 mm dicken fermacell Gipsfaser-Platte mit Fräsungen für die Heizrohre (Warmwasser-Heizsystem).
Die Elemente wurden auf den Gipsfaser Estrich-Elementen 2 E 31 montiert. Vorteil und letztlich auch ausschlaggebend für die Wahl des Systems war dabei, dass die notwendigen Leitungen oberhalb der Brandschutzebene verlegt werden konnten. Sie mussten so wegen der bestehenden Brandschutzanforderungen nicht zusätzlich eingekapselt werden. Abschließend wurde die gesamte Fläche mit fermacell Spachtelmasse planeben abgezogen und der finale Bodenbelag aufgebracht.
Fazit
Bei der Modernisierung einer herrschaftlichen Villa aus dem 18. Jahrhundert ist ein Fußbodenaufbau entstanden, der den geforderten erhöhten Trittschallschutz bietet, die Brandschutzanforderung F90 erfüllt und zudem hoch belastbar ist. Mit dem Klimaboden gelang die Verlegung einer komfortablen Fußbodenheizung zudem besonders einfach und wirtschaftlich.
Nach der Verlegung von Trockenestrichen kann fast ohne Zeitverzug weiter gearbeitet werden.
Bei der Gebäudemodernisierung ist ein Fußbodenaufbau entstanden, der den geforderten erhöhten Trittschallschutz bietet, die Brandschutzanforderung F90 erfüllt und zudem hoch belastbar ist.
Anforderungen an den Schallschutz im Bodenbereich
Für Trenndecken, also für Decken, die in mehrgeschossigen Gebäuden fremde Wohn- oder Arbeitsräume voneinander trennen, sind die Schallschutzanforderungen bauaufsichtlich durch die DIN 4109-01: 2016-07 verpflichtend geregelt. Demnach gilt für Trenndecken bei Wohnungen und Arbeitsräumen in Geschosshäusern sowie für Decken in sogenannten Beherbergungsstätten ein erf. R’w von 54 dB und ein erf. L’n,w von 53 dB. Bei Schulen gilt für Decken zwischen Unterrichtsräumen ein erf. R’w von 55 dB und ein erf. L’n,w von 53 dB.
Auf einen Blick
Informationen über fermacell Bodensysteme bietet die Broschüre „fermacell™ Bodensysteme - Planung und Verarbeitung“.