Heizungsrohre

Optimierte Einrohrheizsysteme

Die GWG Kassel hat ein System zur Optimierung von Einrohrheizsystemen entwickelt und patentieren lassen. Ein Test bei dem Wohnungsunternehmen Joseph-Stiftung bestätigt die prognostizierten Energieeinsparpotenziale.

Für die Wohnungswirtschaft sind Einrohrheizsysteme besonders nach energetischer Sanierung ein Problem: der Betrieb verschwendet Energie und der Wohnkomfort leidet. Bei den Bewohnern führt dies zu Unzufriedenheit mit der Wohnsituation. Der Ersatz der veralteten Technik durch eine Zweirohrheizung wäre aufwändig und teuer. Abhilfe schafft hier indiControl: Das von der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Kassel (GWG) entwickelte und patentierte System zur Optimierung von Einrohrheizsystemen setzt auf die Reduzierung der Durchflussmengen in separat regelbaren Teilheizkreisen. Für dieses effektive, effiziente und nachhaltige Konzept zur Energieeinsparung wurde indiControl mit dem 2017er DW-Zukunftspreis der Immobilienwirtschaft ausgezeichnet. Getestet wurde das System in der Heizperiode 2016/2017 unter anderem bei dem kirchlichen Wohnungsunternehmen Joseph-Stiftung. Erste Erfahrungsberichte bestätigen die zuvor prognostizierten Energieeinsparpotenziale.

Lösung für „nicht-regelbare“ Wärmeabgabe

Energieverschwendung kann sich die Wohnungswirtschaft heutzutage nicht mehr leisten. Das hauptsächliche Problem von Einrohrheizsystemen ist, dass auch bei Nicht-Bedarf Wärme abgegeben wird. Das liegt daran, dass im Falle einer horizontalen Bauweise nur eine Heizungszuleitung durch mehrere Wohnungen verläuft, an der alle Heizkörper wie an einer Perlenkette aufgereiht sind. Im Fall der vertikalen Bauweise führen die Heizungszuleitungen in einem Gebäude senkrecht durch Räume gleicher Nutzung auf unterschiedlichen Etagen. Die Vorlauftemperatur des Heizwassers muss so eingestellt sein, dass auch dem letzten Glied der Kette noch ausreichend Wärme zugeführt wird. Diese Heizungszuleitungen versorgen die Räume ungeregelt mit Wärme, selbst bei überwiegend geschlossenen Thermostatventilen. Die Folgen: Energie wird verschwendet, die Räume werden überheizt und der individuelle Wohnkomfort leidet. Je nach eingesetztem Mess- und Ablesesystem kann die über die Heizungszuleitung abgegebene, nicht steuerbare Wärme individuell abgerechnet werden oder muss im Umlageverfahren auf alle Mieter verteilt werden. Das birgt über die Energieverschwendung und die Komforteinbußen hinaus viel Potenzial für Streitigkeiten bezüglich der Nebenkostenabrechnung.

Neben veralteten Heizkesseln sind Einrohrheizsysteme ein wesentliches Problem der stagnierenden Energiewende im deutschen Wärmemarkt. Experten schätzen, dass in Deutschland immer noch in mindestens 1,5 Mio. Wohnungen Einrohrheizsysteme installiert sind. Die Wenigsten davon sind bisher optimiert. Es handelt sich also nicht um ein Randproblem, auch wenn der Fokus der öffentlichen Wahrnehmung eher auf veraltete Heizkessel und Pumpen gerichtet ist. Die energetische Sanierung von Gebäuden verstärkt die genannten Probleme sogar, da gut gedämmte Gebäude bis zu 70 % weniger Wärme nach außen abgeben und im Falle der horizontalen Einrohrheizsysteme der Überheizungseffekt stärker zutage tritt.

indiControl im Praxistest

Diese Problematik ist Reinhard Zingler bekannt. Als Vorstandsmitglied der Joseph-Stiftung hat er auch ein Auge auf die ungefähr 10 % der Wohnungen des Bestandes, die mit Einrohrheizsystemen ausgestattet sind. Die Joseph-Stiftung gehört zu den fortschrittlichen Wohnungsunternehmen die, trotz nahezu Vollvermietung, über den bloßen Erhalt des aktuellen Stands hinaus agieren. Aufbauend auf christlichen Grundwerten verfolgt die Joseph-Stiftung das Ziel, „eine angemessene und sozial vertretbare Verbesserung der Wohnungsversorgung“ zu gewährleisten. Das Unternehmen ist für sein Nachhaltigkeitsmanagement ausgezeichnet und führt seit 2016 das Siegel des Deutschen Nachhaltigkeits-Kodex. Als Bauherr wurde der Joseph-Stiftung zudem das Qualitätssiegel für Nachhaltigkeit im Wohnungsbau (NaWoh) verliehen. Für ihre digitale Gesamtstrategie erhielt sie 2016 den DW-Zukunftspreis der Deutschen Immobilienwirtschaft.

Eine aufwändige und kostenintensive Umrüstung der Einrohrheizsysteme auf Zweirohrheizsysteme stand – wie auch bei vielen anderen Wohnungsunternehmen – nicht zur Debatte, weil dafür umfangreiche Baumaßnahmen in den vermieteten Wohnungen nötig wären. Eine preiswerte und minimal-invasive Optimierung des bereits vorhandenen Heizsystems wäre eher im Sinne der Joseph-Stiftung. Reinhard Zingler ist im Rahmen seiner Gremienarbeit auf indiControl aufmerksam geworden. GWG-Geschäftsführer Peter Ley hatte das System im Frühjahr 2015 auf einer Veranstaltung präsentiert und war mit der Frage an ihn herangetreten, ob er die Lösung nicht mal über eine Heizperiode testen wolle. Diese Chance ließ sich Reinhard Zingler nicht entgehen und bereitete mit der Abteilung Energie alles vor, um die Lösung zur Optimierung von Einrohrheizsystemen in einem Gebäude der Joseph-Stiftung zu testen.

Als Testobjekt wurde ein Wohngebäude mit 24 Wohnungen in der Käsröthe in Forchheim ausgewählt. Nach einem ersten vor Ort Termin, bei dem der indiControl-Spezialist Heiko Steppan, Teamleiter Gebäudetechnik bei der GWG Kassel, die gesamte Heizanlage analysiert und geprüft hatte, konnte eine Vorplanung zum Einbau von indiControl erarbeitet und an die Joseph-Stiftung übermittelt werden. Daraufhin beauftragte die Joseph-Stiftung ihren Heizungsbauer vor Ort mit dem Einbau der Elemente der Systemlösung. So konnte im Herbst 2016 – rechtzeitig vor der Heizperiode – indiControl installiert werden. In Bamberg wurde ein ähnliches Gebäude – ohne indiControl – als Vergleichsmöglichkeit gewählt.

Deutlich verbesserte Energieeffizienz

„Unser Heizungsbauer hat die Ventile getauscht, die Fühler und die Steuereinheit eingebaut. Der indiControl-Spezialist und die Techniker von der Kieback&Peter GmbH & Co. KG haben dann die Steuereinheit mit den individuell berechneten Werten programmiert und in Betrieb genommen. Das ging alles reibungslos“, sagt der Projektleiter Johannes Heindl. Auch das Ergebnis überzeugt den bei der Joseph-Stiftung auf Modernisierung und Instandhaltung der Haustechnik spezialisierten und seit 1983 in der Heizungsbranche tätigen gelernten Techniker für Heizung, Lüftung und Sanitär. „In unserem Testobjekt haben wir mit indiControl über die letzte Heizperiode rund 21 % Energie im Vergleich zu dem Objekt ohne indiControl gespart.“ Deshalb ist die Installation auch in dem Vergleichsobjekt in Bamberg beschlossen. Und auch in weiteren Gebäuden mit Einrohrheizsystemen kann sich Johannes Heindl den Einsatz von indiControl gut vorstellen.

Horizontal und vertikal verbaute

Teilheizkreise sind regelbar

Die Systemlösung indiControl aktiviert die im Gebäude grundsätzlich bereits vorhandenen separaten Teilheizkreise und regelt diese nach individueller Last. Nötig sind dafür nur zwei Temperaturfühler und ein motorisches Ventil pro Teilheizkreis sowie eine zentrale Steuereinheit, die alle Teilheizkreise überwacht und einzeln ansteuert. So kann wesentlich flexibler auf den individuellen Wärmebedarf der Mieter reagiert werden.

Die Systemelemente sind per Kabel miteinander verbunden. Der Einbau kann schnell, einfach und außerhalb der Wohnungen erfolgen, ohne dass die Mieter beeinträchtigt werden. Die Höhe der Einbaukosten relativiert sich, wenn Zuschüsse vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) im Rahmen des 2016 aufgelegten Förderprogramms zur Heizungsoptimierung („Richtlinie über die Förderung der Heizungsoptimierung durch hocheffiziente Pumpen und hydraulischen Abgleich“) beantragt und gewährt werden. Bis zu 25.000 € der Nettoinvestitionskosten werden übernommen, auch explizit für Maßnahmen zur Volumenstromregelung. Dies und die Tatsache, dass die Anerkennung der Förderfähigkeit von indiControl durch die KfW zu einer Optimierung der Tilgungszuschüsse bei Krediten führt, macht den Einsatz der Systemlösung besonders attraktiv.

Einsparungen von 20 bis 42 %

Bei der GWG Kassel sind von den insgesamt 2.200 Wohnungen mit Einrohrheizung bislang 1.000 Wohnungen auf das neue System umgestellt worden. In ihren eigenen Liegenschaften konnte die GWG Kassel den Energieverbrauch durch den Einsatz von indiControl im Schnitt um 27,2 % senken und gleichzeitig den Wohnkomfort verbessern. Mit großer Zufriedenheit wurden auch die ersten Messwerte aufgenommen, die die Baugenossenschaft ›Wiederaufbau‹ eG nach ersten Messungen zum 31. März 2017 gemeldet hatte. Die Auswertungen lassen eine Energieeinsparung von 42 % erwarten.

Aktuell bereiten weitere Wohnungsunternehmen den Einbau der Systemlösung indiControl vor. Entscheidend dabei ist, dass das Einrohrheizsystem ganzheitlich betrachtet wird. Durch jede individuelle Anlagenanalyse ergeben sich auch weitere Optimierungspotenziale zum Beispiel bei den Heizungspumpen, bei den Einstellungen oder auch bei den Fernwärmeübergabestationen. Für viele Unternehmen erweist es sich als Vorteil, dass ein Gebäudetechnikspezialist gemeinsam mit dem Heizungsbauer des Vertrauens die Anlage in einen optimierten Modus bringt. So sind große Einsparpotenziale möglich.

Unbezahlbare Vorteile

In vielen Gesprächen mit Wohnungsunternehmen, speziell in den neuen Bundesländern, kristallisiert sich ein weiterer Knackpunkt des Einrohrheizsystems heraus. Die Rücklauftemperatur aus den Gebäuden ohne relevante Regelungstechnik ist vielen Energieversorgern zu hoch und im Extremfall werden Strafen erhoben. indiControl entschärft diesen Konflikt, da die Systemlösung minutiös den Volumenstrom regelt, um immer den voreingestellten Referenzwert der optimalen Temperaturdifferenz zu erreichen.

Des Weiteren führt - nach Einbau von indiControl - der durch die Heizungszuleitungen reduziert fließende Volumenstrom zu einer Verlagerung der Wärmeabgabe auf die Heizkörper. Die bei vielen Bewohnern durchgehend geschlossenen Thermostatventile an den Heizkörpern werden nun verstärkt aktiviert, um die gewünschte Raumtemperatur zu erreichen. Lag der Schwerpunkt der Wärmeabgabe vormals bei der Abstrahlung durch die Heizungszuleitungen und nur zu einem geringen Anteil über die Heizkörper, so kehrt sich das Verhältnis mit Hilfe von indiControl um. Die ungeregelt abgegebene Wärme der Heizungszuleitungen sinkt deutlich und hat zur Folge, dass der Anteil der Wärmeabgabe über die Heizkörper steigt. Der Vermieter profitiert von höheren Erfassungsraten und die Mieter profitieren neben den reinen Einspareffekten durch die Effizienzsteigerung des Heizungssystems auch von der Komfortsteigerung durch die Möglichkeit, am Bedarf orientiert zu heizen.

indiControl ermöglicht auch eine genauere Verbrauchsabrechnung. Ungerechtigkeiten in der Nebenkostenabrechnung durch die Berechnung und Verteilung nicht-benötigter Wärmezufuhr werden so vermieden und das Wohnklima in den Liegenschaften verbessert sich durch solche „Kleinigkeiten“ ebenfalls.

Früher gab es in den Liegenschaften der GWG immer mal wieder den einen oder anderen Mieter, der sich übervorteilt sah. Seit dem  Einsatz von indiControl kann das Unternehmen dort viel besser nach dem tatsächlichen Verbrauch abrechnen. Da indiControl die individuelle Steuerbarkeit und damit die realistische Verteilung des Heizenergieverbrauchs künftig besser regelt, wird Streit unter den Mietern vermieden und das ist zum Vorteil aller.

Fazit

Die Energiewende kann durch Innovationen wie indiControl auch im Wärmemarkt weiter vorangetrieben werden, die Technik und sogar Förderprogramme sind vorhanden. Zumindest im Bereich der Einrohrheizsysteme könnte der Sanierungsstau schnell und effizient abgebaut werden.

Experten schätzen,
dass in Deutschland in mindestens 1,5 Mio. Wohnungen Einrohrheizsysteme installiert sind.

indiControl wurde mit dem 2017er DW-Zukunftspreis der Immobilienwirtschaft ausgezeichnet.

indiControl – so funktioniert es

In jeden Teilheizkreis werden zwei Temperaturfühler und ein Ventil eingebaut; außerdem eine zentrale Steuereinheit für die Gesamtanlage. Hierbei werden Durchflussmenge und -geschwindigkeit, technisch Volumenstrom genannt, geregelt. Die Messdaten der Temperaturfühler werden konstant mit einem anlagenspezifisch ermittelten Referenzwert abgeglichen. Daraus berechnet die indiControl- Steuereinheit die notwendigen Impulse für das motorische Ventil.
Ist die gemessene Temperaturdifferenz größer als der jeweilige Referenzwert, wird also mehr Wärme abgenommen, gibt die Steuereinheit das Signal zur Erhöhung des Volumenstroms an das Ventil weiter. Sinkt die Temperaturdifferenz, reduziert das Ventil den Volumenstrom um bis zu 80 %. Ein reduzierter Volumenstrom bedeutet reduzierte Wärmeabgabe. So wird die ungewollte Überheizung von Wohnräumen in Häusern mit Einrohrheizungen deutlich verringert. Die Mieter profitieren von einem angenehmen Raumklima und vom reduzierten Energieverbrauch.
www.indicontrol.de
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