Schallschutz

Treppen müssen leiser werden

In den letzten zwei Jahren haben sich die Mindestanforderungen an den Schallschutz im Gebäude teilweise deutlich verschärft. Besonders bei der Trittschallübertragung von Treppen sind die Anforderungen zu beachten. Neben den Änderungen in der DIN 4109-1 sollten Planer auch die bauaufsichtlich eingeführten Anforderungen beachten, die sich je nach Bundesland unterscheiden können.

Die DIN 4109-1 regelt die Mindestanforderungen an den Schallschutz im Gebäude. Dieser Normteil wird bauaufsichtlich eingeführt und ist somit öffentlich-rechtlich bindend. Nach 27 Jahren wurde im Juli 2016 eine aktualisierte Fassung der DIN 4109 veröffentlicht. Bis dahin wurde mit der DIN 4109 vom November 1989 geplant. Mit der Veröffentlichung im Jahr 2016 wurde auch die Aufteilung geändert, so dass die Mindestanforderungen in der DIN 4109 Teil 1 beschrieben sind. Im Vergleich zur DIN 4109 von 1989 wurden die Anforderungen an Treppen in Mehrfamilienhäusern und Bürogebäuden von einem zulässigen bewerteten Norm-Trittschallpegel L‘n,w ≤ 58 dB auf L‘n,w ≤ 53 dB verschärft. Die Anforderungen an die Trittschallübertragung von Treppen in Doppel- und Reihenhäusern zum fremden, benachbarten Aufenthaltsraum wurden von L‘n,w ≤ 53 dB auf L‘n,w ≤ 46 dB verschärft. Damit wurde verschiedenen Veröffentlichungen aus der Fachwelt gefolgt. Im Januar 2018 wurde erneut eine aktualisierte Fassung der DIN 4109-1 veröffentlicht, aus der sich für Treppen keine Änderungen ergeben.

MVV TB nimmt Bezug auf DIN 4109-1

Die Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) wird vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) veröffentlicht und ersetzt die Bauregelliste. In der MVV TB sind technische Regeln für Bauprodukte und Bauarten aufgestellt. Sie ist die Vorbereitung für die Einführung in den einzelnen Bundesländern. In der im August 2017 veröffentlichten MVV TB wurde die DIN 4109-1:2016-07 als technische Regel für die Erfüllung der Anforderungen an den Schallschutz definiert. Damit haben sich die Bundesländer auf die DIN 4109-1:2016-07 als technische Regel geeinigt, mit der Absicht diese in Landesrecht zu übernehmen und so bauaufsichtlich einzuführen. Derzeit wird die MVV TB in Landesrecht umgesetzt und als Verwaltungsvorschriften Technische Baubestimmungen (VV TB) veröffentlicht. Einige Länder haben sie bereits umgesetzt. Bis Ende 2018 sollen alle Bundesländer diesen Schritt vollzogen haben. Über den Stand der Umsetzung in den Bundesländern informiert das Deutsche Institut für Bautechnik.

Bauaufsichtliche und privatrechtliche Anforderungen

Es wird empfohlen, die neuen Anforderungen der DIN 4109-1 bereits frühzeitig in der Planung zu berücksichtigen und einzuhalten, da diese privatrechtlich zur Bauabnahme gelten können. Die Anforderungen der DIN 4109-1 sind die bauaufsichtlichen Mindestanforderungen. Sie haben öffentlich-rechtliche Relevanz und der Nachweis über die Erfüllung dieser Anforderungen ist zum Zeitpunkt des Bauantrags geschuldet. Neben den bauaufsichtlichen Mindestanforderungen sind die privatrechtlichen Anforderungen relevant, die dem Bauherrn gegenüber geschuldet werden und zum Zeitpunkt der Bauabnahme relevant sind. Mit der Veröffentlichung der DIN 4109-1 im Juli 2016 wurden auch die neuen Mindestanforderungen an Treppen veröffentlicht. Des Weiteren schrieb die Deutsche Gesellschaft für Akustik e.V. (DEGA) bereits 2011 im DEGA Memorandum DEGA BR 0101, dass die anerkannten Regeln der Technik (a.R.d.T.) für Massivtreppen in Mehrfamilienhäusern bei L‘n,w ≤ 53 dB liegen und bei Doppel- und Reihenhäuser bei L‘n,w ≤ 46 dB. Sie beziehen sich dabei auf die vorherrschende Bautechnik im Vergleich zu den nicht mehr ausreichenden Anforderungen nach DIN 4109:1989-11, was durch verschiedene Gerichtsurteile begründet wurde. Die von der DEGA 2011 formulierten anerkannten Regeln der Technik für Treppen entsprechen den Anforderungen der DIN 4109-1 von 2016 und sind damit auch vor der bauaufsichtlichen Einführung der DIN 4109-1 in allen Bundesländern einzuhalten.

Anerkannte Regeln der Technik

Die anerkannten Regeln der Technik (a.R.d.T.) sind als theoretisch richtig anerkannt, vorgebildeten Technikern durchweg bekannt und haben sich durch praktische Erfahrungen im Bauwesen als Standard etabliert. Diese sind privatrechtlich geschuldet und grundsätzlich einzuhalten. Ist keine schriftliche Vereinbarung über die Anforderungen getroffen worden, greifen automatisch die a.R.d.T. Laut eines Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH), ist beim Schallschutz als anerkannte Regel der Technik ein „üblicher Komfort“ geschuldet. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs entspricht dies einer Schallschutzqualität, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die Bewohner „im Allgemeinen Ruhe finden“. Derzeit liegt allerdings noch kein abschließendes Urteil vor, aus dem hervorgeht, welche konkreten Werte nun juristisch die anerkannten Regeln der Technik darstellen. Es werden jedoch Empfehlungen ausgesprochen.

Anforderungen im Wohnungsbau

Erwerber einer Wohnung oder eines Doppel- und Reihenhauses dürfen, nach dem BGH-Urteil VII ZR 45/06 von 2007, bei einem vereinbarten „üblichen Qualitäts- und Komfortstandard“ die entsprechende Schallschutzqualität erwarten. Das Urteil besagt, dass die Mindestanforderungen von 1989 nicht mehr ausreichen und das Beiblatt 2 zur DIN 4109 und die Schallschutzstufe II und III der VDI 4100 (1994) Anhaltspunkte liefern können.

Dieses wurde durch den Bundesanzeiger im Oktober 2016 bestätigt. Auch die Mindestanforderungen der DIN 4109-1 von 2016 sind nur im einfachen und kostengünstigen Wohnungsbau zulässig, wie in Studentenwohnheimen, Flüchtlingsunterkünften und Wohnungen für sozial schwache Mieter. Im gängigen Wohnungs- und Eigentumswohnungsbau mit „üblichen Qualitäts- und Komfortstandards“ sind die erhöhten Anforderungen nach Beiblatt 2 zur DIN 4109 geschuldet. Somit gelten für Treppen L‘n,w ≤ 46 dB. Bis eine überarbeitete Version von Beiblatt 2 vorliegt, ist davon auszugehen, dass dieses weiterhin Bestand hat. Eine Ausnahme bilden Doppel- und Reihenhäuser. Hier entsprechen die neuen Mindestanforderungen an Treppen den erhöhten Anforderungen. Daher wird empfohlen, die erhöhten Anforderungen 5 dB strenger zu vereinbaren auf L‘n,w ≤ 41 dB.

Für den gehobenen Wohnungsbau und für Eigentumswohnungen im Luxusbereich, sind im Vorfeld klare vertragliche Regelungen zu treffen, welche dem Objekt genügen und auch über dem Beiblatt 2 liegen können. Werden bei einem Bauvorhaben beispielsweise gehobener Komfort und besondere Lage ausgeschrieben, ist nach aktueller Rechtsprechung davon auszugehen, dass höhere Anforderungen, als im Beiblatt 2 beschrieben, geschuldet sind. Aktuell gibt es kein Urteil, das eindeutig Aufschluss darüber gibt, welcher Schallschutz in diesen Fällen konkret geschuldet ist. Juristen gehen davon aus, dass im beschriebenen Fall die Anforderungen der Schallschutzstufe III nach VDI 4100 von 2012 einzuhalten sind.

Schallschutzsysteme bieten Planungssicherheit

Aus dieser Konstellation ergeben sich für die unterschiedlichen Qualitäts- und Komfortstandards die Schallschutzanforderungen an Treppen. Zur Einhaltung der erhöhten Anforderungen nach Beiblatt 2 und VDI 4100, ist es notwendig, auf geprüfte Schallschutzsysteme zurückzugreifen. Die DIN 7396 ist die einzige Norm in Europa, die ein einheitliches Prüfverfahren für Trittschalldämmelemente für Treppen definiert. Die Prüfwerte auf Grundlage der Messung nach DIN 7396 können für den Nachweis nach DIN 4109-2 angesetzt werden. Dabei ist auf durchgängige Schallschutzsysteme zu achten. Schallschutzsysteme haben den Vorteil, dass die Gefahr von Schallbrücken minimiert wird, da sie die Treppe komplett vom Bauwerk trennen. Wurden Produkte im System mit einer Fugenplatte geprüft, ist dieses System auch zu verwenden um die angegebenen Trittschallverbesserungen im Bau zu erreichen. Werden andere oder fremde Fugenmaterialien verwendet, besteht die Gefahr, dass die Anforderungen nicht mehr eingehalten werden.

Es wird empfohlen, die neuen Anforderungen der DIN 4109-1 bereits frühzeitig in der Planung zu berücksichtigen und einzuhalten.

Die DIN 7396 ist die einzige Norm in Europa, die ein einheitliches Prüfverfahren für Trittschalldämmelemente für Treppen definiert.

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