Ventilunterteil begrenzt den Durchfluss

Im Rahmen der Revitalisierung und Modernisierung des Wohnquartiers „Neue Stadtgärten Recklinghausen“ wurde auch ein hydraulischer Abgleich durchgeführt. Dabei kamen Thermostat-Ventilunterteile mit automatischer Durchflussregelung zum Einsatz, welche die Planung und Umsetzung der Maßnahme wesentlich erleichterten. Auch die Mieter sind zufrieden, denn der Wärmekomfort in den Wohnungen steigt, während die Energiekosten sinken. 

Modern, preisgünstig, familienfreundlich – mit diesen Qualitätsmerkmalen wurde die zwischen 1975 und 1980 erbaute Großwohnsiedlung Breuskesbach in Recklinghausen im Rahmen ihrer Entstehung beworben. Das damalige Musterbeispiel städtebaulicher Planung sollte vornehmlich den Beschäftigten der Zeche General Blumenthal und deren Familien adäquaten Wohnraum bieten. Doch das Zeitalter der Zechen ging zu Ende und mit den Jahren veränderte sich auch der Blick der Recklinghäuser auf die Siedlung. Die Fassaden der überwiegend vier- bis achtgeschossigen Mehrfamilienhäuser wirkten altmodisch, die Hauseingänge monoton, die Treppenhäuser dunkel und die weitläufigen Außenanlagen unübersichtlich und unansehnlich. Das problematische Erscheinungsbild sowie ein Leerstand von nahezu 30% sorgten zunehmend für die Entstehung eines negativen Images.

Dabei besitzt das Quartier aufgrund seiner Lage, des attraktiven, intakten Umfelds sowie eines variantenreichen Mixes aus 2-, 3- und 4-Raum-Wohnungen ein beträchtliches Potenzial. Dies bewog die Eigentümerin der Siedlung, die Gelsenkirchener VIVAWEST Wohnen GmbH, die zehn Mehrfamilienhausgruppen und insgesamt 369 Wohneinheiten mit einer nachhaltigen Investition von rund 22 Mio. Euro umfassend zu revitalisieren. Neben der sukzessiven Einzelmodernisierung der Mietwohnungen sah das Sanierungskonzept eine gestalterische Neuordnung der Fassaden vor. Die Außenanlagen hingegen erhalten durch die Wiederherstellung geordneter Wege- und Sichtbeziehungen sowie großzügiger Freiflächen im Stil einer parkähnlichen Gartenlandschaft eine neue Funktionalität. Auf diese Weise soll eine hohe Aufenthaltsqualität für alle Altersgruppen sichergestellt werden, was sich ebenfalls in dem neuen Quartiersnamen „Neue Stadtgärten Recklinghausen“ widerspiegelt.

Effizienzpotenziale bei der Wärmeversorgung

Die Revitalisierung des Quartiers war darüber hinaus auch mit energetischen Sanierungsmaßnahmen verbunden. Im Rahmen dieser wurden zum Beispiel die Fassaden der Häuser gedämmt und die Fenster mit einer Dreifachverglasung versehen. „Deutliche Energieeffizienzpotenziale sahen wir außerdem bei der Wärmeversorgung“, erläutert Martin Müller, Fachbauleiter TGA bei der VIVAWEST Wohnen GmbH. „Darum wurden in einer weiteren Maßnahme auch die Heizungspumpen vollumfänglich auf Hocheffizienztechnologie umgestellt.“ Die Versorgung der zehn Mehrfamilienhausgruppen erfolgt mit Fernwärme aus der ausgekoppelten Kraftwerksenergie eines örtlichen Energieversorgers. Die Warmwasserbereitung findet dezentral über elektrische Durchlauferhitzer statt.

„Infolge der energetischen Modernisierung der Fassaden und Fenster ist der Heizwärmebedarf in den Liegenschaften deutlich gesunken“, ergänzt Müller. „Und damit das System auf diesen neuen Bedarf optimal angepasst ist, haben wir zudem auf eine weitere technische Maßnahme – die Durchführung eines hydraulischen Abgleichs – einen besonders hohen Wert gelegt.“ In weit verzweigten Rohrsystemen lässt sich ein hydraulischer Abgleich auf verschiedene Arten durchführen. Als konventionelle Methode gilt bisher, die Heizkörper mit modernen, voreinstellbaren Thermostatventilen und die Steigstränge mit Differenzdruckreglern auszurüsten. Diese verhindern, dass zu hohe Durchflussmengen zu störenden Fließgeräuschen an Heizkörpern führen. Doch insbesondere in Bestandsanlagen können schwierige Rahmenbedingungen unter Um­­ständen einen hohen Umsetzungsaufwand und komplexe Annahme- und Berechnungsverfahren verursachen.

Hydraulischer Abgleich mit AFC-Technologie

„Ist beispielsweise das Rohrleitungsnetz während des Baus nicht vollständig dokumentiert worden, müssen bei der Berechnung Annahmen bzw. Schätzungen getroffen werden“, beschreibt Müller. „Und um dem entgegenzuwirken und die Planung des hydraulischen Abgleichs wesentlich zu vereinfachen, stellte IMI Heimeier uns das Thermostat-Ventilunterteil mit AFC-Technologie vor.“ Das Produkt mit dem Namen Eclipse gewährleistet einen automatischen hydraulischen Abgleich (AFC = Automatic Flow Control), indem es die maximale Durchflussmenge direkt am Heizkörper selbsttätig und gänzlich unabhängig von dem am Ventil herrschenden Differenzdruck regelt. Der Einsatz von Differenzdruckreglern ist damit nicht mehr erforderlich.

Für die Ermittlung des maximalen Durchflusswertes sind dabei keine Detailkenntnisse bezüglich des Rohrleitungsnetzes mit entsprechenden Berechnungen notwendig. „Nach einem vertiefenden Beratungsgespräch sowie einer umfassenden Praxisvorführung waren wir vollends von der AFC-Technologie überzeugt“, ergänzt Müller. „Darüber hinaus ergaben unsere Berechnungen, dass wir mit dem Produkt im Vergleich zur konventionellen Lösung mit gängigen voreinstellbaren Thermostatventilen und Differenzdruckreglern alleine ca. 260 Euro pro Strang an Materialkosten einsparen konnten. Bei der Vielzahl an Gebäuden und Strängen addierte sich das hier schnell zu einem fünfstelligen Betrag zusammen.“

Zügiger Ventilaustausch

Die Wohnungsbaugesellschaft ließ daraufhin die insgesamt 2090 Heizkörper in den Mehrfamilienhäusern der „Neuen Stadtgärten“ mit den innovativen Thermostat-Ventilunterteilen sowie neuen Thermostat-Köpfen ausrüsten. Der Austausch erfolgte dabei vorwiegend strangweise, sodass immer nur bestimmte Wohnungen für die Dauer maximal eines Tages von der Maßnahme betroffen waren. „Von Vorteil ist dabei, dass die Einstellung der maximalen Durchflussmenge direkt am Ventiloberteil erfolgt und durch die Funktionsweise der Technologie etwaige Nachberechnungen und Nachjustierungen entfallen“, erläutert Ingo Ziegler, Projektleiter beim Gebäudetechnikspezialisten Wasser + Licht GmbH in Herne. „Auch der Einbau der neuen Ventilunterteile unterscheidet sich vom Aufwand und Schwierigkeitsgrad her nicht von der Montage herkömmlicher Thermostatventile. Auf diese Weise konnte die Austauschmaßnahme in der gesamten Siedlung innerhalb von nur rund drei Monaten bei minimalen Beeinträchtigungen für die Mieter erfolgen.“

Auch zahlte sich aus, dass das Angebotsspektrum des Herstellers aus Erwitte eine umfassende Auswahl an Bauformen und Anschlussvarianten für die AFC-Technologie – etwa für die neuen Handtuchheizkörper in den modernisierten Badezimmern – zur Verfügung stellt. „Bei Projekten dieser Größenordnung sollte allerdings auf jeden Fall eine exakte Vorplanung durchgeführt werden“, betont Ziegler. „Dies bezieht sich sowohl auf die Kommunikations- und Abstimmungsprozesse mit den Mietern bezüglich der Maßnahmendurchführung als auch auf eine sorgfältige Bestandsaufnahme in sämtlichen Wohnungen mit Dokumentation der benötigten Artikel. Dadurch lässt sich das Risiko, dass Wohnungen am Tag des geplanten Ventilaustauschs nicht begangen werden können oder Produkte vor Ort in falscher Ausführung vorliegen, erheblich minimieren.“

Komfort- und Kostenvorteile für die Mieter

Mit den neuen Ventilunterteilen findet im gesamten System jederzeit ein zuverlässiger hydraulischer Abgleich statt. Dabei werden alle Heizkörper unabhängig davon, ob Nachbarventile geschlossen sind oder morgens die Aufheizphase stattfindet, optimal entsprechend dem jeweiligen Raumtemperaturbedarf versorgt. Der max. zulässige Differenzdruck der neuen Ventilunterteile beträgt 60 kPa. Da dieser Wert nicht überschritten wird, kommt es auch zu keinen störenden Geräuschentwicklungen an den Ventilen. Das wirkt sich ebenfalls positiv auf den Wohn- und Heizkomfort der Mieter aus. „Durch den hydraulischen Abgleich arbeitet das gesamte System deutlich effizienter und energetisch sinnvoller“, ergänzt Ziegler. „Das bringt eine spürbare Reduzierung des Gesamtenergieverbrauchs der Liegenschaft mit sich, wodurch natürlich auch die Energiekosten für die Haushalte sinken.“

„Darüber hinaus waren früher aufgrund der unklaren Leitungsführung immer wieder Nachjustierungen notwendig, weil einige Heizkörper nicht ausreichend warm und andere wiederum zu warm wurden“, fügt Müller hinzu. „Dies gehört nun der Vergangenheit an.“ Durch die Integration der AFC-Technologie in ein Standard-Ventilgehäuse ergibt sich zudem bei zukünftigem Bedarf – etwa im Falle einer Funktionsstörung – die Möglichkeit eines zügigen Austausches der Ventileinsätze, ohne dass dafür das komplette Ventil ausgebaut und die Anlage entleert werden muss. Damit lassen sich die zeitlichen Beeinträchtigungen für die Mieter hier ebenfalls auf ein Minimum reduzieren.

Auf bestem Weg zur Standardtechnologie

Da die Umrüstung der Heizkörper erst kürzlich erfolgte, liegen zu den Energie- und Kosteneinsparungen derzeit noch keine konkreten Zahlen vor. Diese seien jedoch unmittelbar nach der ersten Heizperiode zu erwarten, sagt Müller, der für sein Unternehmen noch einen weiteren Vorteil sieht: „Durch den Einsatz der AFC-Technologie konnten wir die Heizkurve und damit auch die Rücklauftemperaturen für die Fernwärme erheblich reduzieren. Dies ermöglicht uns einen neuen Spielraum bei der Vertragsgestaltung mit dem örtlichen Energieversorger.“

Aufgrund der bisher äußerst positiven Erfahrungen hat die Wohnungsbaugesellschaft bereits eine weitere Liegenschaft aus dem Bestandsportfolio mit den innovativen Ventilunterteilen ausgestattet und darüber hinaus mit der Planung der nächsten Vorhaben begonnen. „Aus unserer Sicht handelt es sich bei der AFC-Technologie um einen Meilenstein im Bereich des hydraulischen Abgleichs“, resümiert Müller. „Sie erleichtert die Planung und Durchführung von Sanierungsmaßnahmen wesentlich und führt zugleich zu Komfortsteigerungen und Kostenreduzierungen, die unseren Mietern direkt zu Gute kommen. Wir gehen daher davon aus, dass sich die automatische Durchflussregelung schon in naher Zukunft als Standard durchsetzen wird.“

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