Verkehrssicherung ist mehr als Software
Verkehrssicherungspflichten zu erfüllen, erfordert nicht nur Fachwissen, sondern auch ein hohes Maß an Verwaltungsaufwand. Wer hier gut organisiert ist, ist klar im Vorteil.
Beim Bauverein der Elbgemeinden eG (BVE) mit Sitz in Hamburg gehört die Verkehrssicherung im Rahmen gesetzlicher Anforderungen schon immer zum festen Bestandteil des Tagesgeschäfts. Schließlich soll auch die langfristige Werterhaltung des Bestandes zum Wohl der Nutzer und die Sicherheit Dritter gewährleistet werden. Der BVE, mit einem Bestand von rund 13.800 Wohnungen, beschäftigt 111 Mitarbeiter in den Bereichen Verwaltung, Vermietung und Technik. Darunter 24 eigene Hausmeister, die regelmäßige die Objekte begehen, während externe Wartungsfirmen die technischen Anlagen prüfen. Dokumentiert und bearbeitet wurden die Prüfergebnisse bislang mit Microsoft Excel.
Doch der technologische Fortschritt bietet auch im Bereich Verkehrssicherung Optimierungspotentiale. Neue Web-Anwendungen und der Einsatz mobiler Endgeräte gestalten die Prozesse effizienter. Sie sparen Kosten und bieten ein Höchstmaß an Rechtssicherheit. Dies war zumindest die Motivation des BVE, Ziele für die Optimierung der Verkehrssicherungsprozesse zu formulieren. Dazu gehören die Abdeckung der gesetzlichen Normen, gerichtsfeste Nachweise der im Rahmen der Verkehrssicherungspflichten durchgeführten Kontrollen, die zentrale Dokumentation der Kontrollen in Echtzeit und die Sicherheitsbegehungen durch die Hausmeister des BVE. Außerdem sollte die mobile Kontrolle mit Hilfe einer Smartphone App realisiert werden. Bei den Baumkontrollen sollte zur besseren Identifizierung ein Geoinformationssystem zum Einsatz kommen.
Kontinuierliche Rechtssicherheit
Mit der Hamburger Firma map topomatik wurde ein Partner gefunden, der sich mit der Softwarelösung ImmoSpector auf Dienstleistungen im Bereich Verkehrssicherung bei Immobilien spezialisiert hat. Diese Softwarelösung basiert auf dem Regelwerksinformationssystem REG-IS von Rödl & Partner, welches eine vollständige Sammlung der aktuellen Verkehrssicherungspflichten bietet. Experten des Berliner Instituts für Immobilienmanagement und Baufachwissen (iMBFW) bündeln die Pflichten und überführen sie in aussagekräftige Arbeitsanweisungen, die im ImmoSpector nutzerorientiert abgebildet werden. Die Fachleute überwachen kontinuierlich die Pflichten und aktualisieren die Arbeitsanweisungen. So sind die Anwender von der Überwachung befreit und arbeiten mit einem aktuellen Katalog der Arbeitsanweisungen stets auf der sicheren Seite.
Rollen optimieren die Prozesse
Verkehrssicherung ist jedoch mehr als eine Softwarelösung, sie ist vor allem eine Organisationsaufgabe. Hausmeister, Haustechniker, technischer Außendienst oder Mitarbeiter externer Firmen haben jeweils ihre eigene, spezifische Sicht auf die Aufgaben der Verkehrssicherungspflichten. Schließlich unterscheiden sich die örtlichen Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten. Deshalb sind Rollenmodelle sinnvoll, die nur die individuellen Anforderungen und Aufgaben abbilden. Zudem verlangt die Zusammenarbeit mit externen Akteuren eine Organisation, bei der die Dokumentation der Prüfungen außerhalb des Firmennetzwerks des Immobilienunternehmens stattfindet. Hier bietet sich ein über das Internet erreichbares Rechenzentrum an. Darüber hinaus muss berücksichtigt werden, dass auch Prüfungen im Keller von Gebäuden, also ohne Verbindung zum Internet, durchgeführt werden können. Mit einer über das Internet erreichbaren Webanwendung und einer parallel eingesetzten ImmoSpector App auf den IPhones der Mitarbeiter wurde das Problem gelöst.
Workshop Verkehrssicherung
In speziellen Workshops wurden Hausmeister, Techniker und die Geschäftsleitung die Grundlagen der Verkehrssicherung vermittelt und von map Topomatik auf die jeweiligen Rollen vorbereitet. Bei der Geschäftsführung und der Leitungsebene stand die Aufbau-, Ablauf- und Delegationsorganisation in Hinblick auf die Anforderungen der Verkehrssicherungspflichten im Fokus. Die Techniker wurden im Rahmen ihrer Qualifikation mit der Prüfung technischer Anlagen und mit der Delegation der Prüfungen an externe Dritte vertraut gemacht. Neben den Anleitungen zur konkreten Umsetzung wurden auch die unternehmensspezifischen Prüfungen beleuchtet. Bei den Hausmeistern lag der Schwerpunkt auf den Sicherheitsbegehungen. Neben der Durchführung wurden sie für die Aufgaben im Rahmen der Verkehrssicherungspflichten sensibilisiert. Die Prüfobjekte und die Prüfmethodik wurden an konkreten Beispielen demonstriert.
Effizienz durch Vereinfachung
„Die Begehung des Bestandes mit sechs Trainern als Schulung der Hausmeister zu nutzen und gleichzeitig die verkehrssicherungspflichtigen Objekte zu erfassen, hat sich als sehr effektiv erwiesen.“, berichtet Stephan Wißler vom BVE. Bei der Erfassung der Objekte wurde auch eine Bündelung der Pflichten in Bauteile anhand der Gliederung der DIN 276 eingeführt. Eine enorme Erleichterung, da sich hinter einem Bauteil eine ganze Reihe von Pflichten verbergen kann. Diese Vereinfachung entlastet die Techniker in Zukunft vor allem bei der Pflege der Daten. Außerdem wurden „Verkehrsobjekttypen“ implementiert. Diese können ein Wohnhaus, eine Stellplatzanlage, ein Spielplatz oder ähnliches sein. Im Portfolio des BVE befinden sich auch Gewerbeeinheiten und Kindergärten. Diesen Objekten wurden jeweils ihre spezifischen Bauteile zugeordnet. Mit der Auswahl der Bauteile zu den Objekten werden im Hintergrund die Pflichten zugeordnet. So erhält jeder Nutzer, gemäß seiner Qualifikation, nur seine spezifischen Kontrollaufgaben für das ihm zugewiesene Objekt.
Überblick bei Prüfungen
Im Pflichtenbuch des BVE sind 221 Pflichten enthalten, von denen 72 Pflichten angewandt werden. 57 Prüfbereiche werden durch die Hausmeister überwacht. Darin finden sich neben der jährlichen Sicherheitsbegehung auch der sogenannte Aufgabenkatalog mit kürzeren Kontrollintervallen für Dachzugang, Außenbereich, Beleuchtung, etc. Dem Außendienst des BVE sind 12 Prüfbereiche zugeordnet, zu denen die Inspektionen der Spielplätze und Prüfungen technischer Anlagen, wie Wandhydrantenanlagen, Brandschutzklappen, Blitzschutz usw. gehören. In den Bereich der Haustechnik fallen die Überwachung der Prüfung der Trinkwasserversorgungsanlagen (Legionellen), Reinigung der Luftfilter und die 12-jährliche Prüfung der Gas-Innenleitungen.
Der Bestand des BVE ist in 24 Hausmeisterbezirke unterteilt. Pro Jahr und Hausmeisterbezirk sind zwischen 250 und 3700 Kontrollen durchzuführen, was einer Prüfleistung von 0,2 bis zu 6 Prüfobjekten in der Woche entspricht. Nimmt man pro Prüfobjekt 20 bis 30 Minuten an, müssen pro Hausmeister zwischen 4 Minuten und 3 Stunden an Arbeitszeit für die Kontrollen der Verkehrssicherung in der Woche eingeplant werden.
Nichts wird vergessen
Die Durchführung von Kontrollen zur Verkehrssicherung ist keine neue Aufgabe, sondern eine schon lang gelebte Verpflichtung. Durch moderne Softwarelösungen wie ImmoSpector, mobile Anwendungen und optimierte Organisationsabläufe ist die Überwachung der Verkehrssicherungspflichten effizienter und somit kostensparender zu realisieren.
Schäden oder Gefahren werden frühzeitig erkannt, das Unternehmen kann schneller agieren. Gleichzeitig erhalten die verantwortlichen Kontrolleure, insbesondere die Hausmeister, neben der Rechtsicherheit auch die zusätzliche Sicherheit, in der Flut der Prüfpunkte und -intervalle nichts zu vergessen.
Durch moderne Softwarelösungen, mobile Anwendungen und optimierte Organisationsabläufe ist die Überwachung der Verkehrssicherungspflichten effizienter und somit kostensparender zu realisieren.