Vorbildcharakter in Sachen Energie und Nachhaltigkeit
Eine große Herausforderung unserer Zeit ist die Entwicklung von nachhaltigen Systemen und Konzepten für urbane Quartiere, mit denen nationale und europäische Klimaschutzziele erreicht werden können. Als Lösungsansätze stehen häufig Smart Homes, Null- oder gar Plus-Energiegebäude im Fokus. Vor diesem Hintergrund realisiert die Stadt Mannheim auf der Konversionsfläche der ehemaligen Benjamin Franklin Kaserne das Projekt SQUARE.
Bereits seit 2009 verfolgt die Stadt Mannheim eine konsequente und nachhaltige Klimaschutzstrategie. Ihr Ziel: Die lokalen CO2-Emissionen bis zum Jahr 2020 um 40 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 zu reduzieren. Durch verschiedene Projekte, innovative Konzepte und Kooperationen treibt Mannheim die Erreichung dieses Ziels voran. Einen bedeutenden Beitrag dazu leistet das Projekt SQUARE (smart quarter and urban area reducing emissions), welches auf dem Areal der ehemaligen Benjamin Franklin Kaserne in Mannheim realisiert wird. Das Projekt SQUARE wird dabei als Pilotprojekt innerhalb des Masterplans blue_village_franklin umgesetzt. Es umfasst die Sanierung von zwei ehemaligen Wohngebäuden mit jeweils rund 2.800 Quadratmetern und 24 Wohnungen. In den beiden Gebäuden werden verschiedene energetische Standards und unterschiedliche Technikkonzepte realisiert. Das Vorhaben soll zum einen integrierte Lösungen zur CO2-Minderung auf Quartiersebene aufzeigen. Zum anderen dient das Projekt als Demonstrationsvorhaben für die energetisch optimierte Bestandsentwicklung von Wohnquartieren und nimmt somit eine Vorbildfunktion für die Gesamtentwicklung des Konversionsgeländes ein.
Finanzielle Unterstützung bekommt SQUARE durch das Förderprogramm des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Als Tochterunternehmen der Stadt Mannheim realisiert die GBG-Mannheim die Sanierung der beiden Wohngebäude sowie den neuen Energy Mobility Cube. Für einen ganzheitlichen Planungs- und Realisierungsansatz wurde das Projektmanagement- und Beratungsunternehmen Drees & Sommer als General-Construction-Manager (GCM) beauftragt.
Smarte Konzepte für besseren Klimaschutz
So wird ein Wohngebäude gemäß der aktuell geltenden Energieeinsparverordnung (EnEV 2016) realisiert und mit einer ortsüblichen Energieversorgung über Fernwärme sowie einem Stromanschluss vom örtlichen Stromnetzbetreiber (VNB) ausgestattet. Das Gebäude erhält zusätzlich eine Photovoltaikanlage auf dem Dach mit einer Leistung von ca. 68 kWp. Diese wird in das übergeordnete Lastmanagement eines zentralen Energiespeichers im sogenannten Energy Mobility Cube eingebunden. Pro Wohnung wird es zudem Wärmeübergabestationen mit dezentraler Trinkwarmwasserbereitung über Frischwasserstationen geben.
Das zweite Wohngebäude wird nach dem Passivhaus-Standard für die Altbaumodernisierung „EnerPHit“ saniert. Dabei soll aufgezeigt werden, mit welchen Techniksystemen und Sanierungsmaßnahmen eine möglichst große CO2-Einsparung gegenüber einer Standardsanierung erreicht werden kann. Daher beinhaltet das Konzept einen Saisonalspeicher in Form eines Eisspeichers und eine Wasser-Wasser-Wärmepumpe, die den Saisonalspeicher als Wärmequelle nutzt und Heizungswasser erzeugt, das wiederum als Energiequelle für die zweite Wärmepumpe dient. Zur Regeneration des Saisonalspeichers und zur gleichzeitigen Stromerzeugung sind Hybrid-Kollektoren vorgesehen. Weiterhin beinhaltet das Konzept für das EnerPhit-Gebäude einen eigenen Stromspeicher in Form von Batteriesystemen. Mit diesen Maßnahmen soll nahezu das Passivhausniveau erreicht werden. Der Nachweis der Energieeffizienz wird mit der vom Passivhaus Institut entwickelten Berechnungsmethode für den EnerPhit-Standard erbracht.
Zur Minimierung des Energieaufwands des EnerPhit-Gebäudes sollen auch Smart Home-Systeme beitragen, die eine intelligente Steuerung der Raumkonditionierungssysteme und Geräte der einzelnen Wohnungen ermöglichen. Weiterhin sind in jeder Wohnung Informationssysteme in Form eines „Energietachos“ geplant. Dieser zeigt den Bewohnern auf, welchen Energieverbrauch die Wohnung sowohl absolut als auch in Relation zu den übrigen Wohnungen im Gebäude hat. Um den Nutzern Anregungen zum richtigen Umgang und Anwendung der installierten Systeme zu geben, finden nach der Fertigstellung des Projekts regelmäßige Schulungen der Bewohner statt.
Im Rahmen des SQUARE Projekts wird zudem ein sogenannter Energie Mobility Cube realisiert. Das Gebäude umfasst neben Parkflächen mit Ladestationen für Elektrofahrzeuge auch ein elektrisches Versorgungs- und Speichersystem, bestehend aus Photovoltaikanlagen und Batteriesystemen, das die elektrische Energie für die Mobilität bereitstellt. Ein batteriegetriebener E-Bus mit induktiver Ladung soll ebenfalls einen emissionsfreien öffentlichen Personen-Nahverkehr im Quartier sicherstellen.
Aus Erkenntnissen und Erfahrungen profitieren
Durch die beschriebenen und weiteren Maßnahmen soll auf dem Areal des Benjamin Franklin Village künftig ein klima- und energieoptimiertes Wohnen und Leben ermöglicht werden. Ziel ist es darüber hinaus, aus den Konzepten wertvolle Erkenntnisse für die Umsetzung in anderen Gebäuden zu gewinnen. Daher werden nach der Fertigstellung des Projekts durch ein 3-jähriges Monitoring die Einsparungen der beiden Gebäude untersuchtund verglichen. Die Ergebnisse sollen Aufschluss darüber geben, wie mit netzreaktiven Gebäuden und den Themen Energie- und Lastmanagement, Smart Grid, Smart Home, Stromspeichern und ggfs. der Teilnahme am Strom-Regelmarkt bei städtischen Quartieren umgegangen werden kann. Im Fokus stehen dabei insbesondere die Auswirkungen auf den Energieverbrauch und den CO2-Ausstoß, aber auch auf die Wirtschaftlichkeit des Gesamtprojekts. Die Fertigstellung des Modellquartiers ist bis zum Sommer 2019 geplant.
Bei „Square“ handelt es sich um ein Modellprojekt für klima- und energieoptimiertes Wohnen.