Was Mieter wollen

Angesichts des demographischen Wandels, der Abwanderung aus ländlichen Regionen und der Digitalisierung ist für viele Wohnungsunternehmen von Bedeutung, welche Kriterien für die unterschiedlichen Mietergruppen ausschlaggebend sind, um auch zukünftig attraktiven Wohnraum zur Verfügung stellen zu können. Eine neue Studie des Instituts für nachhaltiges Wirtschaften in der Bau- und Immobilienwirtschaft (inwb) an der Hochschule Osnabrück sorgt für interessante Aha-Effekte [1].

Allgemeine Erkenntnisse

Bei den Wohnungskriterien bestätigt sich, dass natürliche Belichtung die größte Rolle bei der Wohnraumqualität spielt. Genauso der Zugang zu einem Balkon oder einer Terrasse. Eine Untersuchung der Außenanlagen von Wohnobjekten bestätigt dies, in der der wesentliche Werttreiber für privatgenutzte Eigenheime eine gepflegte Terrasse ist [2]. Noch vor der Energieeffizienz steht der Wunsch nach einer schnellen Internetverbindung. Beide Kriterien sind wichtige Aspekte bei der Wohnungswahl. Das Ende der Prioritätenliste teilen sich die Verfügbarkeit von Smart-Home-Funktionen und eines Aufzugs.

Dass die nachhaltige Entwicklung in den Köpfen der Menschen angekommen ist, zeigt nicht nur der Wunsch nach einer hohen Energieeffizienz, sondern auch nach einem umweltfreundlichen Heizsystem. Besonders hoch im Kurs stehen die Gasheizung, direkt gefolgt von Solarthermie.

Mehr als 60 % der Studienteilnehmer benutzen das Auto. Vor diesem Hintergrund ist bedeutend, dass eine Garage von fast 80 % der Befragten gewünscht wird. Immerhin gut 16 % halten eine Ladestation für Elektroautos für wichtig.

Generell sind überdachte Abstellplätze für das Fortbewegungsmittel von Bedeutung. Über 70 % der Radfahrer wünschen sich einen Fahrradschuppen oder zumindest eine überdachte, ebenerdige Abstellmöglichkeit (66 %). Ein Fahrradkeller ist nur für 50% attraktiv.

Für die Lage von Wohnobjekten sind zudem die folgenden Aspekte relevant: 90 % der Befragten akzeptieren nur eine Fahrzeit für regelmäßig zurückzulegende Routen von unter 30 Minuten. Für 40 % ist bereits bei maximal 15 Minuten Schluss.

In einer älteren Studie zum Werteinfluss von Nachhaltigkeitskriterien auf den Wert von Wohngebäuden wurde festgestellt, dass Lärm als Störfaktor wesentlicher Grund für die Wertminderung von Wohnimmobilien ist [3]. Auch in der vorliegenden Studie zeigte sich, dass 25 % der Befragten wenig lärmtolerant sind, obwohl die Stichprobe mehr junge Menschen als der Bevölkerungsdurchschnitt umfasst.

Bei den digitalen Services finden online abrufbare Zählerstände und Nebenkostenabrechnungen sowie online Vorlagen und Formulare mit jeweils über 65 % am meisten Anklang. Demgegenüber sind bei den analogen Services Reinigungs- und Winterdienste mit mehr als 75 % am beliebtesten, gefolgt von Hausmeisterdiensten mit 68 %. Obwohl die Befragung unabhängig davon gestellt wurde, ob eine Außenanlage vorhanden ist, erfreuen sich Gärtnerdienste mit rund 50 % hoher Beliebtheit.

Insgesamt auffällig war, dass mehr als 20 % der Teilnehmer Objekte mit fünf oder mehr Wohneinheiten und rund 50% mehr als 12 Wohneinheiten nicht mehr attraktiv finden.

Mietertyp ist entscheidend

Für die gezielte Projektentwicklung oder Optimierung von Wohnanlagen ist es entscheidend, welcher Mietertyp anzutreffen ist. Denn die Analyse zeigt auch, dass die Studienergebnisse nicht ohne Weiteres zu verallgemeinern sind. Innerhalb der Gesamtheit lassen sich sehr verschiedene Mietertypen ausmachen, mit ebenso unterschiedlichen Anforderungen an die Mietsache.

So konnten aus dem Datenbestand vier Cluster herausgearbeitet werden, die nachfolgend näher beschrieben werden:

„Lärmempfindliche Kleinhaushalte“

Merkmale:

Das erste Cluster besteht hauptsächlich aus kleineren (insbesondere Partner-)Haushalten, die eine geringe Lärmtoleranz aufweisen und nur wenig Interesse an digitalen und analogen Services haben. Diese Personengruppe ist vor allem in Kleinstädten, aber auch in Mittel und Großstädten anzutreffen und bevorzugen, relativ zur Haushaltsgröße, eher größere Wohnungen mit 2 bis 5 Zimmern. Sie achten zudem sehr auf den Ruf des Verwalters und schätzen es, wenn die Dauer von regelmäßig notwendigen Fahrten kurz ist.

Handlungsempfehlungen:

Wohnungen, die für kleinere Paarhaushalte konzipiert werden, sollten unabhängig von ihrem Standort vor allem unter Berücksichtigung eines erhöhten Schallschutzes und großzügigen Flächenangebots entwickelt werden. In Bezug auf die Lage ist eine sehr gute Verkehrsanbindung notwendig.

„Wohlsituierte Autofahrer“

Merkmale:

Hier ist der Anteil an 40- bis 60-jährigen am höchsten. Für die tendenziell größeren Haushalte und Wohnungen sind sie bereit, auch eine höhere Gesamtmiete zu zahlen. Die Gruppe wohnt in großen Metropolen oder Kleinstädten und nutzt zuerst das Auto. Bei der Wohnungswahl wird nicht nur auf das Gebäude und die Wohnungseigenschaften geachtet, besonders wichtig ist auch das Image der beteiligten Akteure und das Dienstleistungsangebot. Dabei ist das Heizungssystem wenig relevant. Wenn jedoch darüber nachgedacht wird, ist die Haltung ökologischer als im Durchschnitt. Es gibt eine hohe Service-Affinität über alle Angebote, seien sie digital oder analog.

Handlungsempfehlungen:

In Klein- und Großstädten besteht bei autoaffinen Berufstätigen die Bereitschaft, für größere Wohnungen auch einen höheren Preis zu bezahlen. Allerdings sind damit auch Ansprüche auf allen Ebenen verbunden, bis hin zum Image des Maklers und Vermieters. Da mehr als die Hälfte der Befragten jeder Art von Services gegenüber aufgeschlossen sind und eine gewisse Zahlungsbereitschaft besteht, scheint hier ein erweitertes Dienstleistungsangebot lukrativ zu sein.

„Junge Großstädter“

Merkmale:

Dieses Cluster zeichnet mit einem Anteil von über 40 % junge Mieter aus, die sich in schulischer oder beruflicher Ausbildung befinden. Hauptsächlich nutzen sie das Fahrrad und/oder ÖPNV. Dieser Sachverhalt ergänzt um den Wunsch, Solarthermie oder Nah- bzw. Fernwärme zu nutzen, weist auf ein hohes Nachhaltigkeitsbewusstsein hin.

Die Betroffenen kommen tendenziell aus größeren Städten (ab 100.000 Einwohner) und haben eine hohe Lärmtoleranz. Es besteht, mit Ausnahme der Gärtnerdienste, sowohl an digitalen als auch operativen Facility Services Interesse.

Handlungsempfehlungen:

Die Gruppe der jungen Großstädter verbindet ein geringes Budget mit hoher Serviceaffinität und einer eher nachhaltigen Denkweise. Entsprechender Wohnraum darf insofern nicht teurer sein als konventioneller, um attraktiv zu sein. Im Zweifel würde aber eine entsprechend gestaltete Wohnung dem Standard vorgezogen. Dies gilt insbesondere dann, wenn kostenlose, vor allem digitale Services zu Verfügung stehen. Perspektivisch entwickelt sich diese Gruppe weiter und wird mit einer erhöhten Zahlungsbereitschaft zugänglich für Mehrwertleistungen und –merkmale.

„Serviceresistente Kleinstädter“

Merkmale:

Beim vierten Cluster liegt die maximal akzeptierte Warmmiete bei durchschnittlich 700 € und damit mehr als 130 € unter den anderen Clustern, trotz größerer Haushalte. Dabei hat nach Lage und Wohnungseigenschaften der Mietpreis die höchste Priorität bei der Wohnungswahl. Die Mieter wohnen hauptsächlich in kleineren Städten und haben eine hohe Lärmtoleranz. Im Gegensatz zu anderen Clustern gibt es weniger Interesse an Dienstleistungen, mit Ausnahme von Gärtnerdiensten. Im digitalen Bereich sind nur Online-Formulare, Informationen zu Zählerständen und die Nebenkostenabrechnung gefragt. Auch die Internetgeschwindigkeit ist weniger wichtig.

Handlungsempfehlungen:

Bei größeren Haushalten in Klein- und Mittelstädten kommt es vor allem auf den Mietpreis an, wenn die Wohnung an sich in Ordnung und die Lage akzeptabel ist. Draußen muss es ordentlich aussehen und ein Nutzwert vorliegen, weswegen Wohnungseigentümer besonders auf die Außenanlagen achten sollten.

Zusammenfassung

Was wollen die Mieter in Zeiten von Digitalisierung, sich ändernder Demografie und Verstädterung? Diese Frage lässt sich nicht einfach beantworten, denn die Zielgruppe ist stark differenziert. Einige allgemeine Trends lassen sich dennoch erkennen.

Zum Beispiel zeigt sich, dass Smart Home Anwendungen noch nicht wirklich in der Breite der Bevölkerung angekommen sind. Nur wenige Mieter interessieren sich für diese Services im Allgemeinen. Allerdings sind bestimmte digitale Angebote und klassische Dienstleistungen wie Reinigung und Winterdienst sehr willkommen. Bei den Online-Services sind vor allem Angebote im Zusammenhang mit der Nebenkostenabrechnung interessant. Das sagen 70 % der Befragten. Insgesamt lässt sich auch der Trend zur einer nachhaltigen Orientierung nachweisen. Höchste Priorität bei der Wohnungswahl genießen die Wohnungseigenschaften (wie z.B. Gestaltung, Grundriss, Größe), der Mietpreis und die Lage. Sie sollten in Folgestudien stärker fokussiert werden.

Alles hängt aber stark davon ab, von welchem Mietertyp die Wohnung genutzt wird. So kristallisieren sich höchst unterschiedliche Gruppen heraus, die einerseits digitalen Services gegenüber sehr aufgeschlossen sind und andererseits ganz andere Anforderungen an das Wohnen im Fokus haben.

Was kann das heißen? In jedem Fall steigt oder fällt die Attraktivität einer Wohnung nicht über den Standard Lage und Fläche mal Miete pro Quadratmeter. Eine Vielzahl von, vor allem soziokulturellen Faktoren ist Bestandteil der Wohnungswahl. Eine Erkenntnis, die sich Makler und Eigentümer zunutze machen können.

[1] H. Schroeder: Was Mieter wollen. Institut für nachhaltiges Wirtschaften in der Bau- und Immobilienwirtschaft, Hochschule Osnabrück, 2018[2] H. Meinen, W. Pauen (Hrsg.): Außenanlagen und Immobilienbewertung, Bundesanzeiger Verlag, Köln, 2018[3] H. Meinen, K. Kock, M. Morgenstern: Nachhaltigkeit in der Immobilienbewertung, Bundesanzeiger Verlag, Köln, 2016

Grundlagen der Studie


Basis der Ergebnisse ist eine deutschlandweite Mieterumfrage mit 115 Teilnehmern und die Auswertung diverser Vorstudien im Rahmen einer Sekundärquellenanalyse.

Ausgehend von fast 200 möglichen Fragen zum Mieter, Mietobjekt, Grundstück, Umfeld und zu immobilienbezogenen Serviceleistungen wurde der Fragebogenumfang aus praktischen Gründen auf ein handhabbares Maß reduziert. Dazu wurden alle Kriterien gemeinsam mit Praxispartnern auf Relevanz geprüft. Letztlich ergaben sich so 16 Fragen mit insgesamt 45 Kriterien, die Grundlage der Befragung wurden.

Da viele Teilnehmer über die sozialen Netzwerke erreicht wurden, ist in den Ergebnissen der Studie die Zahl der 20 bis 40-jährigen überrepräsentiert. Bezüglich des sozialen Status kann die Untersuchung als repräsentativ erachtet werden, da sie sich den Durchschnittswerten nach den Erkenntnissen des statistischen Bundeamts angleicht.

Der hohe Anteil der jungen Teilnehmer spiegelt sich auch in den Ausprägungen der Haushalte wieder. Partnerhaushalte sind deutlich stärker vertreten.

Trotz der Abweichungen zur allgemeinen Verteilung nach dem Statistischen Bundesamt, sind alle Haushaltstypen und Haushaltsgrößen angemessen vertreten. Dies gilt genauso für die Wohnorte und deren Einwohnerzahlen. Hier sind alle Größenordnungen vertreten und ausreichend repräsentiert.

Die komplette Studie kann unter http://studie.inwb.org heruntergeladen werden.

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