Zeitgemäß aufgestockt
Für eine Erweiterung der Erich-Kästner-Schule im Darmstädter Stadtteil Kranichstein diente als Basis eine Aufstockung in Holzbauweise. Das optisch und technisch herausragend erweiterte Schulgebäude ist damit für die Zukunft 1 A aufgestellt. Das Bauvorhaben ist Preisträger db-Preis 2018 „Bauen im Bestand“ und war nominiert für den DAM-Preis 2020.
Die besonders stark wachsende Erich-Kästner-Grundschule in Darmstadt bietet rund 550 Schülerinnen und Schülern aus gut 40 Nationen Räume zum Lernen und benötigte dringend neue Erweiterungsflächen. Dem Voraus ging die Überlegung der Schulleitung, wie sich der Unterricht seit den 1970er Jahren und somit auch die Anforderungen an die räumliche Umsetzung verändert haben.
Lösungen hierfür fand man durch mehrere neu geplante Gebäude-Einheiten. Die Haupterweiterungsfläche mit Mensa und Ganztagsangeboten soll gemäß dem Wettbewerbsentwurf von dasch zürn + partner bis 2022 umgesetzt werden und erforderte den Rückbau eines Schulgebäudes. Sehr kurzfristig vor dem Rückbau sollten Ersatzflächen für acht Klassen neu geschaffen werden. Die beauftragten Architekten prosa Architektur + Stadtplanung aus Darmstadt planten hierfür die Aufstockung eines weiteren eingeschossigen Schulgebäudes.
Energetisch nicht mehr fit
Das Gebäude ist Teil eines rund 15000 Quadratmeter großen Schul-Areals. Zusammen mit einer großen Sporthalle und einem zusätzlichen zweigeschossigen Baukörper umgibt es einen gut proportionierten Pausenbereich. Innen ist der Schulbau klassisch der typischen Bauweise der 1970er Jahre gestaltet. Im Hinblick auf die entstandene Platznot und aus energetischen Gründen war eine Sanierung unumgänglich. Umgesetzt wurde die anspruchsvolle Aufstockung und weitere ergänzende Holzbauarbeiten von der Firma Holzbau Ochs aus Kirchberg (Hunsrück), Mitglied in der seit mehr als 30 Jahren deutschlandweit aktiven ZimmerMeisterHausGruppe.
Rückbau vor Erweiterung
Statt das Schulgelände durch ergänzende Bauten weiter zu versiegeln, wurde die Aufstockung des einzigen eingeschossigen Gebäudeteiles geprüft. „Wir haben hier verschiedene Optionen zusammen mit den Bauherren durchgesprochen“ sagt Projektleiter Gero Quasten. Schließlich hat sich der Raumgewinn durch Aufstockung und umfassende Erweiterung durchgesetzt. Für die vielfältig nutzbare Erweiterungsfläche mussten zunächst temporär und inzwischen dauerhaft – einige Gebäudeteile rückgebaut werden. Ersatzflächen für acht Klassen konnten so neu geschaffen werden. Das nach oben gewachsene Gebäude zeigt sich jetzt optisch passgenau – als weiteres optisch identisches Stockwerk auf dem vorhandenen Baukörper. Ergänzend wurden die beiden Stockwerke mit einem „angedockten“ Haupt-Treppenhaus mit Aufzug erschlossen. Als zweiter baulicher Rettungsweg dient eine weitere Außentreppe.
Struktur neu interpretieren
Der Flur blieb nach der Umgestaltung in der Mitte, jedoch strukturiert durch Aufweitungen und offenen Lernflächen, die dem aktuellen Unterrichtskonzept entsprechen. Alle Klassenräume wurden an die Ost- und Westfassade platziert, die Nebenräume rückten ins Zentrum des Gebäudes. Optisch konnte man den Flur damit mittig unterteilen und die Belichtung über Glastrennwände verbessern.
Durch die Entfernung tragender Wände im Erdgeschoss konnte hier nun der untere Flurbereich ebenfalls mit Tageslicht-Anknüpfung – jedoch von nördlicher Seite - aufgewertet werden. Verglaste Trennwände rückten die Nebenräume ins Zentrum und sorgen dort im Flurbereich für mehr Tageslicht. Der Mittelflur im Erdgeschoss bekommt jetzt natürliches Licht von der Nordseite. Hinsichtlich Gestaltung, Wärme- und Schalldämmung sowie Barrierefreiheit und Brandschutz ist das gesamte Schulgebäude inzwischen vorbildlich modernisiert.
Vertikal statt horizontal wachsen
Für die Aufstockung des Gebäudes fiel die Wahl auf einen klassischen Außenwandaufbau in Holzbauweise mit einer inneren Beplankung aus Gipskarton. Grundsätzlich orientierten sich die Planer am Grundriss des bestehenden Gebäudes. Dieses hat einen kreuzförmigen Grundriss mit einem Mittelflur, der bislang über einzelne Oberlichter punktuell belichtet wurde.
Zuerst mussten die Experten von Holzbau Ochs den eingeschossigen Bestandsbau anhand von Bestandsunterlagen und -plänen sowie durch umfangreiche Kontrollen vor Ort an der Bausubstanz auf seine Tragfähigkeit prüfen. Bauliche Mängel im Bereich der Fundamentierung musste man durch eine Abfangung beseitigen. Möglich war die Aufstockung schließlich durch die Leichtigkeit der Holz-Konstruktion. Diese Aufbauten hat der Bestandsbau locker verkraftet. Dafür mussten jedoch die vorhandenen Fundamente verstärkt werden.
An verschiedenen Stellen wurden ringförmig jeweils 1,25 m breite Teile des Fundamentes aufgegraben und durch eine neue tragfähige Betonfundamentierung ergänzt. Nach den umfassenden Arbeiten an den Fundamenten, konnten die vorgefertigten Holzbauelemente geliefert und somit die Aufstockung zügig aufgebaut werden.
Holzbalken als Basis
Um eine zuverlässige und zeitgemäße Umsetzung zu erzielen, waren Facharbeiter, Techniker und Ingenieure aus verschiedenen Fachabteilungen intensiv ins Projekt eingebunden. Für die neue Zwischendecken-Konstruktion war zudem ein ausgefeiltes statisches Konzept nötig. Für das neue Geschoss bildet jetzt eine Holzkonstruktion die tragende Struktur. Dafür wurde die komplette Dachabdichtung geöffnet und neue Unterzüge eingebaut sowie aus dem Bereich der bestehenden Balken entferntes Dämm-Material zügig entsorgt. Die alte Dachhaut schnitt man dafür an den entsprechenden Stellen ein und entfernte zunächst die bestehende Dämmung aus Foamglas. „Es war besonders wichtig“ dass auf keinen Fall Feuchtigkeit über den Beton in das Gebäude eindringen kann.“ erläutert Heinrich Werner Ochs, Geschäftsführer der ZimmerMeisterHaus-Manufaktur Ochs.
Geringe Lasten
Die beteiligten Tragwerksplaner von PfeiferINTERPLAN empfahlen ebenfalls die Bauweise mit stützenden Holzträgern. Nur so konnte mit vergleichsweise geringen Lasten die tragende Struktur des Erdgeschosses ohne größere Nachrüstungen genutzt werden.
Nachdem man neue Holzleimbau-Unterzüge in die Dachöffnungen eingepasst hatte, konnte man das Dach zügig durch eine Bitumenabdichtung wieder abdichten. Die darauf aufgebaute hölzerne Tragkonstruktion besteht aus zwei Balkenlagen. Die unteren Balken sind auf den eingepassten Unterzügen befestigt und die oberen verschraubte man mit der unteren Balkenlage. Im Attikabereich wurde der hölzerne Ringbalken auf die Attika gedübelt. Die auf dem Dach verlegten Balken variieren je nach Lage in ihrer Höhe. So werden die unterschiedlichen Höhen durch das Gefälle des Bestandsdaches ausgeglichen.
Außen und Innenwände
Insgesamt produzierte Ochs Holzbau 42 Stück Außen- und Innenwände für diese Aufstockung. Basis dafür ist die moderne Bautechnik, die durch digitales Gebäudeaufmaß und mittels Laserscanner äußerst präzise zeigt, wie die Pläne berechnet werden können. Vermessungen dieser Art können meist binnen weniger Stunden erfolgen. Die vorgefertigten Innenwände inklusive Dämmung und die Außenwände - ebenfalls vorgefertigt inklusive einer zusätzlichen 60mm starken Holzweichfaserplatte - wurden durch Firma Ochs geliefert und schließlich binnen einer Aufbauphase von rund zwei Wochen errichtet. Bei der Verschalung entschied man sich für Lärchenholz. Die unterschiedlich breiten und tiefen Latten wurden im wilden Verband montiert. Dabei wurden Latten mit drei verschiedenen Querschnitten verwendet.
Umbau bei laufendem Schulbetrieb
Da bei der Aufstockung in Holzbauweise weitestgehend auf Sonderlösungen verzichtet wurde, konnte der Bau in dem vorgegebenen, zeitlich sehr engen Rahmen und bei laufendem Betrieb umgesetzt werden. Vorrangig kommt es dabei neben zügiger Vorproduktion auf die schnelle Montage der vorgefertigten Bauelemente an, was bei diesem Bauvorhaben in einer extrem kurzen Bauzeit von Mitte Oktober bis Mitte Dezember 2017 realisiert werden konnte. Die ersten Bauarbeiten begannen Mitte Oktober mit der Bearbeitung der Dachabdichtung und Wärmedämmung. Schon bis Mitte Dezember konnten die Holzbau-Experten die Holzrahmenbauwände und Dachdecke einschließlich der Dachabdichtung und Fenster der Aufstockung montieren. Direkt im Anschluss folgten der Innenausbau und die Verschalung der Außenwände. Den weiteren Innenausbau stellte man bis Ende Mai 2018 fertig, so dass im Anschluss die Installation der Haustechnik, Einbau der Bodenbeläge und Türen und die Malerarbeiten erfolgten.
Man musste auf die Nutzung im Erdgeschoss bzw. Bestand entsprechend Rücksicht nehmen und Umbauten hier minimieren. Anfang Juli 2018 konnte man die neuen Klassenzimmer schließlich schlüsselfertig übergeben. Durch die Sicherheit in punkto Baufortschritt und zügigem Aufbau nach Plan konnte während der Bauphase der Schulbetrieb regulär fortgesetzt werden.
Die Wandkonstruktion liefert einen U-Wert von 0,18 W/m²K, so dass die Heizenergie minimiert werden kann. Die Anlage des EG kann das Obergeschoss mitversorgen, durch die Überbauung des Daches ist der Gesamtenergiebedarf des Gebäudes mit Aufstockung niedriger als ohne. Durch den kreuzförmig organisierten Grundriss mit dem mittigen öffenbaren Oberlicht lässt sich eine Querlüftung zur sommerlichen Auskühlung sehr einfach umsetzen. Je nach Jahres- und Tageszeit lässt sich hier der Schwerpunkt auf die Nord-Süd- oder die Ost-West-Achse legen.
Im Zuge der kurzfristig geforderten Flächen war eine Sanierung des Erdgeschosses nicht budgetiert. Dennoch lieferte der Entwurf schon die entscheidenden Vorbereitungen um mit wenig Aufwand auch das Erdgeschoss energetisch zu verbessern. Die Aufstockung hat die Dach-Sanierung schon vorweggenommen, da hier eine Außenfläche zur trennenden Geschossdecke wurde. Für eine Hüllflächenverbesserung mussten noch die relativ geringen Fassadenflächen im Erdgeschoss in Angriff genommen werden. Dies wurde unter Nutzung der Sommer und –Herbstferien 2020 mit ergänztem Budget durchgeführt.
Ziel erreicht
Veranschlagt waren für das Sanierungs-Projekt der Erich-Kästner-Schule in Darmstadt 2,7 Mio. Euro. Der Betrag wurde exakt eingehalten. Somit hat die Schule ein neues Klassenziel erreicht. Das Gebäude ist jetzt mit den aktuellen Räumen bestens aufstellt für die angestiegenen Ansprüche und heutigen Nutzungsanforderungen eines aktuellen Lehr- und Lernumfelds. Und für die kommenden Umgestaltungen nebst hohen Anforderungen in Bereich Energieeffizienz eines modernen Schul-Betriebes.
Im Hinblick auf die entstandene Platznot und aus energetischen Gründen war eine Sanierung des Schulbaus unumgänglich.
Für die Aufstockung des Gebäudes fiel die Wahl auf einen klassischen Außenwandaufbau in Holzbauweise mit einer inneren Beplankung aus Gipskarton.
Da weitestgehend auf Sonderlösungen verzichtet wurde, konnte der Bau in zeitlich sehr engen Rahmen und bei laufendem Betrieb umgesetzt werden.