Effizienzsteigerung und Emissionsvermeidung

Digitale Daten für eine bessere Klimabilanz

Wie hoch ist der Energieverbrauch in unseren Mehrfamilienhäusern? Welche Emissionen stehen damit in Verbindung? Wie lassen sich Verbrauch und Emissionen senken? Wie sorgen wir für eine bezahlbare und sichere Energieversorgung? Antworten liefert die aktuelle Verbrauchskennwerte-Studie von Techem.

Die Weltklimakonferenz in Dubai hat Ende 2023 eine allmähliche Abkehr von fossilen Energien beschlossen. Das Volumen der erneuerbaren Energien soll verdreifacht und die Energieeffizienz gesteigert werden. Nach Schätzungen des Umweltbundesamts sind Gebäude in Deutschland allerdings nach wie vor für etwa 35 Prozent des Energieverbrauchs und etwa 40 Prozent aller CO₂-Emissionen verantwortlich.  

Das Ziel, diesen Immobilienbestand bis 2045 klimaneutral zu machen, liegt in weiter Ferne. Der Expertenrat für Klimafragen hat in seiner Stellungnahme zum Klimaschutzprogramm der Bundesregierung bis 2030 „kumulierte Zielerreichungslücken in beträchtlicher Größe“ ausgemacht. Die Emissionsziele des Klimaschutzgesetzes übersteigt der Gebäudesektor allein 2022 um etwa 4 Millionen Tonnen CO₂-Equivalente.

Öl und Gas heizen 60 % der Mehrfamilienhäuser

Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, alle denkbaren Ansätze zur Effizienzsteigerung und Emissionsvermeidung genau zu betrachten. Hier liefert die aktuelle Verbrauchskennwerte-Studie von Techem wertvolle Einblicke: Auswertungen und Analysen von Erhebungen aus dem Jahr 2022 zu Verbrauch und Kosten für Heizung und Warmwasser aus 1,4 Millionen Wohnungen in rund 120.000 Mehrfamilienhäusern.

Beim Blick auf den heutigen Mix der Energieträger zeigt sich, dass auf Erdgas immer noch ein Anteil von etwa 52 Prozent der beheizten Fläche entfällt – ein konstanter Wert seit 2013. Der energetische Anteil an Heizölkesseln ist etwa von 16 Prozent im Jahr 2013 auf 10 Prozent gesunken, doch noch werden gut 60 Prozent der Mehrfamilienhäuser in Deutschland mit Öl und Gas fossil beheizt. Strombetriebene Wärmepumpen gewinnen mit 0,5 Prozent erst langsam an Relevanz.

Für eine kompetente politische Debatte und konkrete zielführende Ableitungen benötigen wir einen Blick auf die Details. Dazu liefert der neue Techem CO₂-Index wichtige Anhaltspunkte. Er zeigt das Verhältnis zwischen tatsächlichen CO₂-Emissionen und den Emissionszielen für 2030 in Mehrfamilienhäusern in Deutschland. Die Maßzahl erlaubt es uns, Fortschritte bei der Reduzierung der CO₂-Emissionen zu überwachen und zu bewerten.

Emissionsziele für 2030 um 60 Prozent überschritten

Der Index mit seinem mittleren Wert von 160 Prozent verdeutlicht, dass 2022 bei den Mehrfamilienhäusern die deutschen Emissionsziele für 2030 um 60 Prozent überschritten wurden. Anders ausgedrückt: Bis 2030 müssen die CO₂-Emissionen im Schnitt um gut ein Drittel reduziert werden.

Dabei variiert der Techem CO₂-Index je nach Energieträger. Für Heizöl liegt er bei 230 Prozent, für Fernwärme bei 155 Prozent und für Erdgas bei 150 Prozent. Gebäude, die elektrisch betriebene Wärmepumpen nutzen, liegen – basierend auf dem deutschen Strommix – im Jahr 2022 bei rund 90 Prozent und erreichen damit bereits heute die Emissionsziele 2030.

Fünf Schritte zur Dekarbonisierung der Wohngebäude

Daraus lassen sich fünf Schritte für eine Dekarbonisierung des Wohngebäudebestandes ableiten:

1. Grüne Elektrifizierung der Wärmeversorgung mit Wärmepumpen und Ausbau grüner Fernwärmenetze

2. Ausbau der Infrastruktur für eine elektrische und bezahlbare Energieversorgung

3. Flächendeckender Einsatz fernablesbarer Zähler und Heizkostenverteiler (Digitalisierung!)

4. Flächendeckender Einsatz von automatisch ablesbarer Funkmesstechnik und intelligenten Messsystemen (Smart Meter Gateway) für die Fernablesung aller Zähler und Heizkostenverteiler

5. Flächendeckende Einführung von automatisierten Systemen für Monitoring und optimierte Betriebsführung der Energie- und Wärmeversorgung

Der breite Einsatz von Wärmepumpen setzt voraus, dass die Wärmeversorgung der Gebäude mit niedrigen Systemtemperaturen möglich ist. Daher haben wir überprüft, wie viele der Radiator-Heizungsanlagen in Mehrfamilienhäusern bereits heute über ausreichende Heizflächen und Leistungsreserven verfügen.

Unsere Daten aus mehr als 120.000 Mehrfamilienhäusern zeigen, dass bereits die Hälfte der Heizungsanlagen über diese Reserve verfügt. In Gebäuden, in denen dies nicht der Fall ist, kommen Heizkörper mit höherer Leistung in Betracht. Etwa 40 Prozent der Gebäude können so zusätzlich für den Einsatz von Wärmepumpen vorbereitet werden. In Summe können also bis zu 90 Prozent der Heizungsanlagen von Mehrfamilienhäusern mit Wärmepumpen versorgt werden. Denkbar sind übergangsweise auch Hybridlösungen, d.h. eine Kombination aus Wärmepumpe und dem Heizkessel, der nur noch bei Spitzenlast betrieben wird.

Eine Wärmepumpenanlage ist rentabel, wenn der Strompreis (€/kWh) im Verhältnis zum Erdgaspreis (€/kWh) dauerhaft deutlich unterhalb der Jahresarbeitszahl liegt, die bei effizientem Betrieb Werte von drei und mehr erreicht. Diese zentrale Kennzahl gibt Auskunft über das Verhältnis von bereitgestellter Energie (also der abgegebenen Wärme) zur zugeführten Energie (Strom). Bisher weisen Wärmepumpen im Bestand zwar ordentliche Effizienzwerte auf, aber meist noch deutliches Verbesserungspotential. Um einen optimalen Betrieb zu erreichen, müssen Monitoring und Betriebsführung von Wärmepumpen verbessert werden. Im Vergleich zu Heizkesseln ist der Hebel für die Betriebsoptimierung bei Wärmepumpen deutlich größer: im Mittel 25 Prozent, bei einem Drittel der Anlagen sogar noch deutlich mehr.

Verbrauchsabrechnung, Monitoring und Betriebsoptimierung verringern die CO2-Emissionen

Und noch etwas ist interessant. Anerkannte Studien [1] weisen eine mittlere Reduktion der Endenergieverbräuche um etwa 20 Prozent nach, wenn die Kosten verbrauchsabhängig jährlich abgerechnet werden. Für den nationalen und internationalen Abrechnungsbestand von Techem resultiert aus diesem Effekt in Verbindung mit der Abrechnungsdienstleistung auf Basis der Heizkostenverordnung eine jährliche Reduktion der CO₂-Emissionen um circa 6,3 Millionen Tonnen CO₂ gegenüber einem Szenario ohne verbrauchsabhängige Kostenabrechnung. Durch den Einsatz effizienzsteigernder Lösungen wie Vorlauftemperaturadaption und Monitoring plus Betriebsoptimierung wurden in 2022 zusätzlich jährlich im Techem-Bestand circa 52 Kilotonnen CO₂e vermieden, wobei diese bislang nur in einem geringen Anteil der Anlagen eingesetzt werden.

Die Aufteilung der CO₂-Kosten zwischen Mietern und Vermietern erfolgt gemäß dem Gesetz zur Aufteilung der Kohlendioxidkosten (CO₂KostAufG) vom 5. Dezember 2022 bei Heizkostenabrechnungen künftig in Abhängigkeit von der spezifischen CO₂-Emission des Gebäudes. Dabei werden nur fossile Energieträger betrachtet. Es wurden zehn Emissionsklassen definiert, wobei die mittlere Klasse 6 (32 bis < 37kg CO₂/m² Jahr) recht gut den Durchschnitt aller heizölversorgten Mehrfamilienhäuser im Techem-Bestand repräsentiert. Fällt ein Gebäude in diese Klasse, erfolgt eine hälftige Aufteilung. Liegt die Emission höher, steigt der Anteil für die Vermieter. Bei Werten ab 52kg/m² pro Jahr tragen Mieter nur noch 5 Prozent der CO₂-Kosten und Vermieter 95 Prozent. Bei einem Wert unter 12kg/m² pro Jahr tragen Mieterinnen und Mieter die gesamten Kosten. 

Insgesamt verteilt sich über alle zehn Emissionsklassen hinweg das durchschnittliche Kostenverhältnis zwischen Mietern und Vermietern bei Gleichverteilung über alle Klassen auf 42 zu 58 Prozent. Das ist ein Anreiz für Vermieterinnen und Vermieter, in den energetischen Zustand und die Effizienz der Wärmeversorgungsanlage zu investieren. Berücksichtigt man die tatsächliche Verteilung innerhalb der Klassen im Feld, verändert sich das mittlere Kostenverhältnis zwischen Mietern und Vermietern auf 75 Prozent zu 25 Prozent. Das ist im Wesentlichen dadurch begründet, dass Mehrfamilienhäuser mit niedrigen Emissionswerten im Feld häufiger vertreten sind als solche mit höheren Werten. 

Die mögliche Reduktion des Endenergieverbrauchs im Gebäudebestand von etwa 15 Prozent durch Monitoring plus Betriebsoptimierung („Digitaler Heizungskeller“ – DHK) bewirkt in der Regel eine Verbesserung des Gebäudes um eine Emissionsklasse. Vermieterinnen und Vermieter sparen in einer durchschnittlichen DHK-Liegenschaft mit 22 Wohnungen bis zu 1164 Euro CO₂-Kosten pro Jahr (bei einem CO₂-Preis von 65 Euro pro Tonne). Jährlich werden je nach Emissionsklasse zwischen 3 und 12 Tonnen CO₂-Äquivalent (im Mittel gut 5 Tonnen) pro Mehrfamilienhaus vermieden. Die Optimierungspotenziale für Heizungsanlagen mit Wärmepumpen sind deutlich höher und werden Gegenstand weiterer Untersuchungen sein.

Effizienzsteigerung durch Digitalisierung

Neben bereits etablierten digitalen Produkten und Services spielen Gebäude- und Verbrauchsdaten eine entscheidende Rolle bei der verlässlichen Bilanzierung und Planung einer zukunftsfähigen Wärmeversorgung. Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, dass die Digitalisierung der Gebäudewirtschaft weiter an Fahrt aufnimmt. Auch eine offene Datenökonomie und die damit einhergehende verbesserte, automatisierte Datennutzung sind unerlässlich, um Energieeffizienzpotentiale zu erkennen und folglich zu heben und erneuerbare Energien in der Breite zu etablieren. Nur so kann der Gebäudesektor seiner hohen Verantwortung für die zukunftsfähige Energieversorgung in Deutschland gerecht werden.

Literaturverzeichnis:

[1] Prof. Dr.-Ing. Clemens Felsmann (S. 23), Auswirkungen der ver- brauchsabhängigen Abrechnung in Abhängigkeit von der energetischen Gebäudequalität in der EU, TU Dresden, 31. Oktober 2020
[1] Prof. Dr.-Ing. Clemens Felsmann, Dipl.-Ing. Juliane Schmidt (S. 23), Auswirkungen der verbrauchsabhängigen Abrechnung in Abhängigkeit von der energetischen Gebäudequalität, TU Dresden, Januar 2013

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