Gas und Wärmepumpe: Ein sparsames Duo
Die Aufgabe, bestehende Gebäude einem neuen Zweck zuzuführen, wird in der Stadtplanung immer bedeutender. Ein gelungenes Beispiel liefert hier ein ehemaliges, sehr geschichtsträchtiges Verwaltungsgebäude in Chemnitz, das zu einem Mehrfamilienhaus umgebaut wurde.
Die Stenderprojekt Immobilien und Bauträger GmbH mit Sitz in Chemnitz ist ein Projektentwickler für denkmalgeschützte Immobilien. Das Unternehmen hat sich auf die Sanierung und Renovierung von Einzeldenkmälern im Raum Chemnitz und Zwickau spezialisiert. Gründer und Geschäftsführer ist Rüdiger Stender. Nach fast 30 Jahren Tätigkeit am Markt kann sein Team mittlerweile zahlreiche prestigeträchtige Sanierungsreferenzen denkmalgeschützter Objekte im besagten Raum vorweisen.
Von Jugendstil bis Mauerfall
Das aktuellste Umbauprojekt, das im Dezember 2022 mit dem Einzug der ersten Bewohner abgeschlossen wurde, ist das 1925/26 errichtete Verwaltungsgebäude der Aktiengesellschaft (AG) Sächsische Werke an der Gaußstraße in Chemnitz. Die Sächsischen Werke waren 1923 gegründet worden und in den 20er und 30er-Jahren insbesondere im Braunkohlebergbau und der Stromerzeugung tätig, bis zu ihrer Liquidation 1947. Diese Hauptbetätigungsfelder spiegeln sich beispielsweise in vielfältigen figurativen Zierformen an der Jugendstilfassade wider, mit Motiven und Symbolen der Kohleförderung und der Elektroindustrie.
Nach der Schließung der Sächsischen Werke wurde das Gebäude zu DDR-Zeiten von der Wismut AG (ab 1954 SDAG Wismut) genutzt. Die SDAG war eine „Sowjetisch-deutsche Aktiengesellschaft“ und „Wismut“ war ein Tarnname für den von ihr durchgeführten Uranabbau, einem dunklen Kapitel in der DDR-Geschichte. Nach der Wende wurde das Gebäude dann von der Knappschaft genutzt.
Repräsentatives Wohnen
Dieses geschichtsträchtige Einzeldenkmal wurde für damalige Maßstäbe besonders repräsentativ und großzügig konzipiert. Der Eingangsvorbau zum Beispiel weist schon von außen hin auf die noble Innenausstattung mit ihren Säulen, Stuckdecken und edlen Holzvertäfelungen. In der Summe handelt es sich um ein einzigartiges Baudenkmal aus der Zeit des expressionistischen Jugendstils.
Ziel des Sanierungsprojekts war nun, das Gebäude in ein Mehrfamilienhaus mit 18 Wohnungen zu verwandeln. Die Bandbreite der geplanten Einheiten reicht von einer 2-Zimmer-Wohnung mit ca. 82 m² bis zu einer 5-Zimmer-Wohnung mit ca. 127 m². Insgesamt stehen heute 1.910 m² Wohnfläche zur Verfügung, die mit einer ungewöhnlichen Atmosphäre faszinieren: Sie werden modernem Wohnkomfort sowie einem exklusiven Interieurdesign gerecht und zollen zugleich dem Denkmalschutz Respekt.
Auf dem ca. 3.890 m² großen Grundstück ist außerdem eine Garagen- und Carportanlage mit 36 Pkw-Stellplätzen entstanden, des Weiteren wurden zwei Aufzüge installiert. Die Bauzeit begann im April 2020 und endete im Dezember 2022 mit dem Einzug der ersten Bewohner.
Beteiligte und Förderprogramme
Mit der Planung und Gestaltung wurde das Architektenbüro plan + projekt | puehn aus Lichtenstein betraut. plan + projekt | puehn ist ein Büro, das sich unter anderem auf das Thema Tragwerksplanung spezialisiert hat, die hier eine große Rolle spielte, denn das Gebäude wurde im Zuge seiner Sanierung komplett entkernt. Der Auftrag zur TGA-Bauleitung/Bauausführung (Heizung, Sanitär und Lüftung) ging an die Weigel & Unger Heizungs- und Sanitärtechnik aus Chemnitz. Zu ihren Aufgaben gehörte es, eine Sole-Wärmepumpe zu installieren und diese als Trinkwasser-Vorwärmsystem in die Gesamtanlage einzubinden.
Um alle Wohnungen zugänglich zu machen, musste ein zusätzliches Treppenhaus installiert werden. In dem Gebäude selbst galt es unter anderem viel Stuck aufzuarbeiten. Eine weitere Herausforderung bestand darin, den Bunker im Hof des Hauses zu entfernen. Hier befinden sich nun die Erdkollektoren für die verbaute Wärmepumpe.
Die Erwerber der Wohnungen haben im Rahmen ihrer Finanzierungen Programme und Mittel der KfW in Anspruch genommen. Dies kann auf Grundlage einer Ausführung als „Energieeffizienzhaus Denkmal“ auf Basis der EnEV 2014 erfolgen. Vorgabe war die Erfüllung der Anforderungen aus dem KfW-Effizienzhaus-Kredit-Programm 261 für Dämmung, Dach, Fassade, Heizungstechnik etc. gemäß Wärmeschutznachweis. Im konkreten Fall wurde an der Gaußstraße die Installation einer Wärmepumpe verlangt (20 % Regenerativ-Vorgabe).
Die Funktion der Sole-Wärmepumpe
Das hinter dem Gebäude verbaute Kollektorfeld (Kollektorleistung: 250 m DN 40; Umfassungsvolumen 228 m3, Wassertemperatur 8 °C) speist die Wärmepumpe. Diese erhitzt nachfolgend das Wasser auf 50 °C und leitet es weiter in einen Trinkwasser-Vorwärmspeicher. Der Warmwasser-Ausgang des Vorwärmspeichers führt in den Kaltwasseranschluss des Trinkwasserspeichers, vom Trinkwasserspeicher aus erfolgt die Verteilung im Gebäude. Wenn die Temperatur am Trinkwasserspeicher unter 45 °C sinkt, springt unterstützend ein Gaskessel ein. Die Wärmepumpe läuft permanent – zapft jemand Wasser, steht sofort weiteres warmes Wasser zur Verfügung. Die Wärmepumpe übernimmt also die Grundlast beim Warmwasser und reduziert somit den Gasverbrauch.
Heizung und Lüftung: eingesetzte Komponenten
Als neuer Gas-Brennwertkessel kommt der BGB 110I von BRÖTJE (www.broetje.de) zum Einsatz. Es handelt sich um einen bodenstehenden Kessel, der je nach Modell über eine Heizleistung von 50, 70, 90 oder 110 kW verfügt und speziell für Mehrfamilienhäuser im Bestand und Neubau sowie für Gewerbebetriebe konzipiert ist.
Die Trinkwasser-Vorerwärmung übernimmt die Sole-/Wasser-Wärmepumpe BSW NEO 8, ebenfalls von BRÖTJE. Die BSW kann ein besonders breites Spektrum von 3,3 bis 20 kW abdecken und eine Vorlauftemperatur von bis zu 62 °C liefern. Damit eignet sie sich sowohl für Neubauten als auch für Altbausanierungen.
Das Speichersystem besteht aus den BRÖTJE-Speichern EAS und EAS W mit jeweils 500 l Volumen. Hinzu kommen Ausdehnungsgefäße zur Geräteabsicherung im Trinkwasser-Kreislauf (3 x 35 l) und für den Heizkreis (800 l).
Alle Wohnungen verfügen durchgängig über Fußbodenheizungen. Die beheizte Grundfläche beträgt knapp 2.000 m3, davon sind 1.803 m3 mit Fußbodenheizung versehen; die übrigen Flächen entfallen auf die Treppenhäuser und den Eingangsbereich. Im Gebäude sind 308 Fußbodenheizungskreise verlegt. Alle Wohnungen haben zusätzlich einen Kaminofenanschluss.
Aufgrund versetzter Bäder waren elf Sanitärstränge notwendig. Verbaut wurden auch neun dezentrale Lüftungsstränge in fensterlosen Räumen, wie Gäste-WC oder Bad.
Perspektivisch ist die Nachrüstung der einzelnen Wohneinheiten mit Photovoltaik möglich. Platz für Kollektoren bietet das Dach über den Parkplätzen.
Fazit
Das ehemalige Verwaltungsgebäude der AG Sächsische Werke an der Gaußstraße in Chemnitz hat in einem Jahrhundert eine wechselhafte Geschichte erfahren, sowohl was die Besitzer als auch was die politischen Umstände angeht: von der Weimarer Republik über Nazi-Deutschland und die DDR bis zur Bundesrepublik. Es war Aufgabe und Herausforderung zugleich, daraus unter den Bedingungen des Denkmalschutzes und der Gebäudestruktur ein Mehrfamilienhaus zu entwickeln, das in jeder Hinsicht allen modernen Anforderungen entspricht – architektonisch, energetisch und nicht zuletzt auch in der technischen Gebäudeausstattung. Weigel & Unger-Geschäftsführer Markus Dittrich resümiert dazu: „Bei solchen Bauvorhaben läuft es nicht immer perfekt. Da bin ich froh, einen Partner wie BRÖTJE an der Seite zu haben, der da ist, wenn man ihn braucht. Wir haben eine sehr gute Partnerschaft.“ Das sah offenbar auch der Bauträger Stenderprojekt so. Das nächste Projekt ist von Stender jedenfalls bereits beauftragt und geplant.