Jetzt die Weichen für den Wohnungsbau stellen
Dr. Ingo Seidemann, Vorstandsvorsitzender des BFW Landesverbandes Mitteldeutschland, spricht Klartext.
Wer die Entwicklung Ostdeutschlands in den letzten Jahrzehnten aufmerksam verfolgt hat, spürt, wie sich in den politischen Landschaften ein lang aufgestauter Sturm entlädt. Die Ergebnisse der Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und – außerhalb unseres Verbandsbereiches – in Brandenburg sind keine plötzliche Böe, sondern das Echo von Jahren ungelöster Probleme und vertagter Entscheidungen. Die Fragen, die auf der Straße liegen, wurden zu lange ignoriert.
Nun stehen wir vor einer politischen Neuordnung, die uns in den Landtagen mit veränderten Mehrheitsverhältnissen konfrontiert. Und diese neuen Kräfteverhältnisse könnten einen neuen Blick auf die brennenden Themen der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft werfen – auf eine Branche, die in Ostdeutschland ihre ganz eigenen Geschichten erzählt.
Die Geschichte hat den Menschen im Osten Deutschlands keine großen Vermögen hinterlassen. Erst seit 1990 begannen hier viele, ihr Kapital aufzubauen, doch die Eigenkapitalquoten bleiben niedrig. Auch die Förderprogramme der Regional- und Landesbanken, die zinsvergünstigte Darlehen anbieten, haben ihre Fallstricke: Einkommensgrenzen, die einst großzügig schienen, sind für viele Familien inzwischen zu eng geschnürt. Der Traum vom Eigenheim, der für manche greifbar nah war, scheint für andere in unerreichbare Ferne zu rücken.
Noch gravierender wird die Lage durch die festgezurrten Kostenobergrenzen bei der Kreditvergabe, die sich am Quadratmeterpreis orientieren. Mit den stark gestiegenen Baukosten der letzten Jahre klafft hier eine gefährliche Lücke: Der Abstand zwischen dem, was Eigenkapital, Einkommen und Kredite hergeben, und den tatsächlichen Kosten des Wohneigentumserwerbes wird immer größer. Was einst ein kleiner Spalt war, ist zu einer Schlucht geworden, die immer mehr Menschen vom Eigenheim fernhält.
Unser Landesverband hat 2022 begonnen, Brücken über diese Schluchten zu bauen. Bereits seit 2023 liegen unsere Lösungsvorschläge den Landesregierungen und den kreditgebenden Instituten vor. Unser Ziel ist klar:
Ein weiteres, nicht minder wichtiges Thema ist der Fachkräftemangel, der auch vor unseren Bundesländern nicht Halt macht und gerade – auch mit Blick auf den großen Anteil ländlichen Raumes – junge Familien in die Ferne treibt. Es braucht kluge Anreize, um diese Abwanderung zu stoppen. Warum nicht ein bundesweit einheitlicher Verzicht auf die Grunderwerbssteuer für junge Familien, unter der Bedingung, dass sie sich verpflichten, mindestens zwölf Jahre an ihrem Wohnort zu bleiben? Wer bleibt, wird belohnt – wer geht, zahlt nach. Eine einfache, aber kraftvolle Maßnahme, die die drei Bundesländer festigen könnte.
Unsere Themenliste für den Dialog mit den neuen Landesregierungen ist lang und reich an Herausforderungen. Es ist an der Zeit, dass diese Aktualitäten in den verantwortlichen Ausschüssen und Fachgruppen nicht nur gehört, sondern auch mit uns gemeinsam diskutiert werden – damit wir gemeinsam Lösungen finden, die nicht nur versprochen, sondern auch gehalten werden.
Wir sind bereit – jetzt ist es an der Zeit, den Worten Taten folgen zu lassen. Wir sind dialogbereit!