Mehr Solarstrom, weniger Kosten
Mit dem „Solarpaket I“ will die Bundesregierung die stockende Energiewende im Gebäudesektor entscheidend vorantreiben. Die vereinfachten Regelungen für Mieterstrom bieten dabei wirtschaftliche Chancen sowohl für Mietende als auch Vermietende. Die Photovoltaik auf Mehrfamilienhäusern steht womöglich vor einem Durchbruch.
Strom vom eigenen Dach – günstig, unkompliziert und nachhaltig – das ist bisher vor allem für Eigenheimbesitzende Realität gewesen. In Mehrfamilienhäusern wurden Mieterstrommodelle, bei denen die Mietenden ihren Strom von der hauseigenen Solaranlage beziehen, hingegen oftmals als zu wenig praktikabel angesehen. Insbesondere der Aufwand, einen Stromtarif anbieten zu müssen, der sowohl den Solarstrom vom Dach als auch den Reststrombezug aus dem Netz umfasst, ist für viele Vermietende und Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) eine unüberwindbare Hürde.
Folglich wurden im vergangenen Jahr nur knapp 2.600 Photovoltaikanlagen mit insgesamt 43,6 Megawatt Leistung im Mieterstrommodell umgesetzt. Das entspricht nur 0,25 Prozent aller neu gebauten Anlagen und rund 0,3 Prozent der dort installierten Leistung.[1] Mit dieser Geschwindigkeit wird die Energiewende in den Städten nicht zum Erfolg führen. Für die Wohnungswirtschaft, die schon lange nach weniger komplizierten Alternativen zum im EEG definierten Mieterstrommodell sucht, bietet die neue gemeinschaftliche Gebäudeversorgung (GemGeV) nun eine praktikable Möglichkeit, den eigenen Bestand wirtschaftlich und ökologisch nachhaltig zu versorgen.
Die GemGeV ist Teil des am 26. April 2024 vom Bundestag beschlossenen „Solarpaket I“ und wird durch den eigens hierfür neu geschaffenen Paragrafen 42b des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) geregelt. Demnach kann Strom aus einer Photovoltaikanlage, die vom Vermietenden, der Eigentümergemeinschaft oder von Dritten betrieben wird, auf die Nutzenden von Wohnungen oder Gewerbeeinheiten aufgeteilt werden, wenn diese es wünschen. Anders als beim Mieterstrom nach EEG handelt es sich dabei um keine Vollversorgung, sondern um eine Verrechnung des jeweils verfügbaren Solarstroms.
Strom kann zwischengespeichert werden
Analog zur gängigen Praxis in Einfamilienhäusern wird der einer einzelnen Mietpartei zustehende Solarstromanteil einfach vom Gesamtstromverbrauch der jeweiligen Mietpartei rechnerisch abgezogen. Für den Reststrombedarf müssen Nutzende weiterhin jeweils individuelle Verträge mit einem Stromversorger ihrer Wahl schließen. Gut für Anlagenbetreibende und Mietende: Strom, der sich nicht unmittelbar im Haus nutzen lässt, muss nicht zwangsläufig ins Netz eingespeist werden, sondern kann auch in einer Batterie für die spätere Nutzung zwischengespeichert werden. Und die danach noch verbleibenden Überschüsse können wie bisher in das Stromnetz eingespeist werden.
Die Aufteilung und Abrechnung des erzeugten Stroms erfolgt dabei, wie bei der Heiz- und Nebenkostenabrechnung bereits üblich, nach einem vorab vereinbarten Schlüssel. So kann der Solarstrom nach Wohnungsgröße, zu gleichen Teilen (statisch) oder verbrauchsabhängig, also mengengewichtet (dynamisch) an die Mietenden vergeben werden. Der Gesetzgeber lässt hier den Eigentümern größtmögliche Freiheit. Damit die Stromlieferanten der Teilnehmenden wissen, welche Reststrommengen sie aus dem Netz beisteuern müssen, meldet der Messstellenbetreiber diese an die Stromlieferanten der Teilnehmenden. Besagter Aufteilungsschlüssel, ebenso wie der Preis für den Solarstrom und sonstige Vertragsbedingungen, werden im „Gebäudestromnutzungsvertrag“ zwischen Nutzenden und Anlagenbetreibenden festgehalten.
Intelligente Messsysteme für eine rechtssichere Abrechnung
Voraussetzung für die Solarstrom-Abrechnung ist die ebenfalls gesetzlich vorgeschriebene viertelstündliche Messung der Strombezugsmengen eines jeden Nutzenden. Sie wird vom Messtellenbetreiber mithilfe intelligenter Messsysteme (digitaler Stromzähler in Kombination mit Smart Meter Gateway) durchgeführt und ist die unverzichtbare Grundlage für eine rechtssichere Abrechnung. Techem (www.techem.com/de) als wettbewerblicher Messstellenbetreiber installiert und betreibt die digitalen Stromzähler sowie das sogenannte Smart Meter Gateway.
Durch das Smart Meter Gateway stehen die Verbrauchsdaten, die an den einzelnen digitalen Stromzählern gemessen werden, digital zur Verfügung. Der Datenaustausch zu den Stromnetzbetreiber und den Stromlieferanten ist dabei Teil des Messstellenbetriebs und erfolgt automatisch, ohne dass sich Nutzende oder Eigentümer darum kümmern müssten. Abrechnungsdienstleister wie Techem verarbeiten die Daten wiederum auch direkt und erstellen die Solarstrom-Abrechnung. Damit machen es wettbewerbliche Messstellenbetreiber ihren Kunden bei der Umsetzung von Projekten zur gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung also besonders einfach, weil sie Komplettlösungen aus Messstellenbetrieb und Solarstrom-Abrechnung aus einer Hand anbieten.
Digitale Erfassung reduziert Verwaltungsaufwände
Mit den Daten aus dem Smart Metering erhalten Immobilienverantwortliche zudem auch alles, was sie zur Umsetzung zentraler Monitoring- und Berichtsanforderungen, wie bspw. ein monatliches Finanzreporting oder ein wiederkehrendes ESG-Reporting benötigen. Mit dem Einbau der intelligenten Messsysteme erhalten die Verantwortlichen alle Angaben zu ihren Energieverbräuchen. Daraus lassen sich die Höhe der Energiekosten sowie der CO2-Emissionen einfach errechnen. Die digitale Erfassung und Übertragung reduziert zudem Verwaltungsaufwände und steigert die Prozesseffizienz.
Die Vorteile einer solchen Lösung sehen laut einer aktuellen Umfrage von Techem fast zwei Drittel der Vermietenden. 66 % der gewerblich Vermietenden und 64 % der privaten Vermietenden bevorzugen es, wenn ein Anbieter alle aus einem Mieterstrom-Projekt resultierenden Leistungen erbringt. Und auch den Mietenden können die Stromverbrauchsdaten via Mieter-App zur Verfügung gestellt werden. Diese Transparenz über den eigenen Stromverbrauch sensibilisiert zum sparsamen und kostenbewussten Umgang. Smart Metering schafft somit nicht nur Transparenz für Vermietende und Mietende, sondern ist auch Grundvoraussetzung für die Umsetzung der GemGeV. Die intelligenten Messsysteme sind ein wichtiger Baustein der Digitalisierung der Energiewende und für den CO2-neutralen Gebäudebestand.
Win-Win-Situation für Vermietende und Mietende
Mit dem neuen Modell der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung schafft der Gesetzgeber eine Win-Win-Situation für Vermietende und Mietende. Der zu erwartende Zubau von Photovoltaikanlagen kommt nicht nur dem Klima zugute. Mietende profitieren im Zuge der GemGeV von günstigem Solarstrom und partizipieren so, wie Eigenheimbesitzende schon lange, von den Vorteilen der Energiewende. Und für Vermietende lohnt sich die Investition in die Solaranlage, die intelligente Messtechnik und die Umsetzung des Modells der GemGeV, weil durch die Solarstromvermarktung im eigenen Objekt sich nicht nur die Mieterbindung erhöht, sondern gleichzeitig auch die Rendite auf das Investment der Solaranlage gegenüber der Volleinspeisung ins Netz deutlich verbessert wird.
Und nicht zuletzt profitieren alle von der klimafreundlichen Erzeugung auf dem Dach. Die Neueinführung der GemGeV wird gegenüber dem bisherigen Mieterstrommodell nach EEG zu einem deutlich beschleunigten Ausbau von PV-Anlagen auf den Dächern von Mehrfamilienhäusern führen. Die Zielmarke eines klimaneutralen Immobilienbestands bis 2045 wird somit ein Stück realistischer.
[1] pv magazine, Juni 2024