Baurechtsexpertin warnt vor Konfliktpotenzial mit neuem Gebäudeenergiegesetz
05.01.2024
Das neue Gebäudeenergiegesetz soll den Energiebedarf senken und Bewohner vor stark steigenden Energiepreisen schützen. Häufig kollidiert dieses jedoch mit den öffentlich-rechlichen Vorschriften.
Quelle: ARGE Baurecht
Deutschlands Bau- und Immobilienbranche steht vor einer Energiewende – spätestens nach dem Beschluss des EU-Parlaments im März 2023 für verschärfte Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) soll als Teil des Klimapakets „Fit for 55“ den Gebäudesektor bis 2045 energieeffizienter und frei von fossilen Energieträgern machen. Doch Rechtsanwältin Daniela Mechelhoff von der Arbeitsgemeinschaft für Bau- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltverein (www.arge-baurecht.com) weist auf das schwierige Zusammenspiel konkurrierender gesetzlicher Regelungen hin.
„Die Regelungen des Gebäudeenergiegesetzes kollidieren teilweise mit anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, wie beispielsweise dem Denkmalschutz oder Baumschutzsatzungen“, erläutert Mechelhoff. Idee des Gebäudeenergiegesetzes ist, dass durch besser gedämmte Häuser oder modernere Heizungen der Energiebedarf gesenkt werden kann. Gleichzeitig sollen die Bewohnerinnen und Bewohner über den geringeren Verbrauch vor der Kostenbelastung durch sprunghaft steigende Energiepreise geschützt werden.
„Insbesondere bei der Sanierung historischer Bausubstanz stehen das Gebäudeenergiegesetz und der Denkmalschutz im Konflikt“, warnt Mechelhoff. Das Kernproblem liegt in der unterschiedlichen Zielsetzung der beiden Gesetze. Während das Gebäudeenergiegesetz die Energieeffizienz und den Einsatz erneuerbarer Energien fördert, zielt der Denkmalschutz auf den Erhalt des Bestandes und kulturellen Erbes. „Der Einbau von energieeffizienten Fenstern oder Solaranlagen in denkmalgeschützte Gebäude kann die historische Substanz beeinträchtigen, was dem Denkmalschutzgesetz widerspricht“, erklärt die Fachanwältin für Verwaltungsrecht.
Neben dem Denkmalschutz stellen Baumschutzsatzungen eine weitere rechtliche Herausforderung dar. Die Installation von Photovoltaikanlagen auf Dächern kann durch große, schattenspendende Bäume beeinträchtigt werden. Die Beseitigung der Bäume verstößt jedoch gegen die Baumschutzverordnung. Mechelhoff betont: „Dieser Konflikt zwischen Umweltschutz und Energieeffizienz ist besonders heikel. Einerseits sollen Bäume zum Schutz des städtischen Grüns und der Biodiversität erhalten bleiben, andererseits sind sie ein potenzielles Hindernis für die Optimierung der Energieeffizienz durch Solaranlagen.“ Die Gestaltung von Dachflächen und Fassaden in geschützten Gebieten ist ebenfalls problematisch. „Maßnahmen, wie die Dämmung von Gebäuden, können Auswirkungen auf bestehende Lebensräume von Tieren haben und stehen somit teilweise im Widerspruch zu Naturschutzgesetzen“, erklärt Mechelhoff.
Naturschutz muss zurückstecken
Paragraph 2 des EEG (Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien) und die Landesbauordnung NRW (2018) zeigen bereits Ansätze, wie diese Herausforderungen angegangen werden können. Danach sollen andere öffentliche Interessen wie der Baumschutz, der Naturschutz allgemein oder auch der Denkmalschutz zukünftig weitreichend zurückstehen. „Die Bestrebung ist da, die Gesetzte auch auf Landes- und Kommunalebene im Sinne des Gebäudeenergiegesetzes anzupassen. Allerdings wird es auch zukünftig noch Bereiche geben, wie Baumschutzsatzungen, Naturschutz etc., die diesen Vorgaben entgegenstehen. Dann muss im Einzelfall entschieden werden, welches Rechtsgut überwiegt“, so Mechelhoff.