Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen im Spannungsfeld des Bundestagswahlkampfes: „Worten müssen Taten folgen“
Die Wohnungsmärkte in vielen deutschen Großstädten sind weiterhin angespannt, eine Trendwende steht noch aus. Im Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen haben das Bundesbauministerium und Spitzenverbände der Immobilienwirtschaft gemeinsame Empfehlungen erarbeitet, wie mehr bezahlbarer Wohnraum für alle Menschen in Deutschland geschaffen werden kann. Kommt die Umsetzung angesichts des nahenden Bundestagswahlkampfes zum Erliegen? Welche Hürden müssen jetzt beseitigt und welche Maßnahmen als nächstes angepackt werden? Darüber diskutierten Spitzenvertreter der Verbände der BID Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland und des Bundesbauministeriums auf ihrem gemeinsamen Messestand auf der Immobilienmesse Expo Real in München.
Gunther Adler, Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, würdigte bei der Eröffnung des gemeinsamen Messestandes die vertrauensvolle und erfolgreiche Zusammenarbeit mit der BID. „Das Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen hat eine neue Dynamik in den Wohnungsbau gebracht. Um Wohnen bezahlbar zu machen, hat der Bund Geld mobilisiert, Bauland bereitgestellt und die Vereinfachung von Standards vorangebracht. Die Akzeptanz des Neubaus ist gestiegen. Mit allen Partnern arbeiten wir daran, dem Wohnungsbau einen weiteren kräftigen Schub für die nächsten Jahre zu geben. Bund, Länder und Gemeinden haben mit der „Wohnungsbau-Offensive“ viele Anregungen und Forderungen der Bau- und Wohnungswirtschaft aufgegriffen und umgesetzt. Nun erwarte ich, dass die Chancen genutzt werden. Lokale und regionale Bündnisse sind hierfür ein wichtiges Instrument, denn viele Probleme müssen auf Landes- und Kommunalebene gelöst werden. Deshalb freue ich mich, dass sich jetzt auch viele Initiativen auf diesen Ebenen finden.“
„Angesichts des immensen Wohnraumbedarfs müssen Worten nun schleunigst Taten folgen. Daran werden sich Bund, Länder und Kommunen messen lassen müssen", fordert Andreas Ibel, BID-Vorsitzender und BFW-Präsident. "Der nahende Bundestagswahlkampf darf jetzt nicht zum Stillstand bei der Umsetzung der notwendigen Maßnahmen führen. Vor allem dürfen die gemeinsam erarbeiteten Daten und Ergebnisse des Bündnisses nicht immer wieder in Frage gestellt werden. Sie müssen auch während des Wahlkampfes und in der nächsten Legislaturperiode als Arbeitsgrundlage anerkannt werden und gelten!“
Mehr Bauland ausweisen
Ibel machte deutlich, dass die Baulandbereitstellung der Flaschenhals für mehr bezahlbaren Wohnraum sei: „Um Wohnungen an den richtigen Stellen zu schaffen, müssen die Kommunen ausreichend Bauland bereitstellen. Dabei darf die Vergabe nicht nur im Höchstpreisverfahren, sondern muss auch nach Konzeptqualität erfolgen! Zudem muss Bauland auch in Randgebieten zumindest vorübergehend beschleunigt und in einem vereinfachten Verfahren ausgewiesen werden.“
Baurecht überarbeiten
Dringend nötig sei nun auch eine mutigere Reform des Baugesetzbuches und der Baunutzungsverordnung, so ZIA-Präsident Dr. Andreas Mattner. „Das Baurecht und damit auch die Baunutzungsverordnung müssen an die Anforderungen eines modernen städtebaulichen Leitbilds mit einem gesunden Mix aus Wohnen, Arbeiten und Versorgung angepasst werden. Deshalb muss sichergestellt sein, dass der neue Gebietstyp „Urbanes Gebiet“ auch tatsächlich eine höhere bauliche Dichte ermöglicht. Zudem müssen die veralteten Vorgaben der TA Lärm parallel an aktuelle städtische Lebensbedingungen und den Stand des technisch Möglichen angepasst werden.“ Mattner begrüßte ferner die sich abzeichnenden Ergebnisse der Diskussion um den Klimaschutz, insbesondere, dass die EnEV nicht weiter für Privatbauten verschärft wird.
Bauen beschleunigen
„Wir müssen nun gemeinsam mit der Politik eine Investitionsoffensive starten, damit schnellstmöglich kostengünstig Wohnungen für alle Wohnungssuchenden in den Städten entstehen können“, sagte GdW-Präsident Axel Gedaschko. „Dafür muss dringend die Vergabe von Bauland beschleunigt werden. Darüber hinaus sollte Wohnbebauung nach § 34 BauGB im Innenbereich von Städten erleichtert werden.“ An der Schnittstelle von Städtebaurecht und Immissionsschutzrecht sollte den Kommunen zur Erleichterung des Bauens in stark verdichteten städtischen Gebieten mehr Flexibilität eingeräumt werden. "Um den Wohnungsbau wirklich anzukurbeln, brauchen wir endlich auch bessere steuerliche Bedingungen für den Wohnungsbau“, so Gedaschko. Dafür sei eine Erhöhung der linearen Abschreibung für Abnutzung (AfA) von zwei auf mindestens drei Prozent sowie eine Investitionszulage für den Wohnungsneubau notwendig.
Steuerwettlauf beenden
Allem voran müsse der wohnungspolitische Steuerwettlauf von Ländern und Kommunen endlich ein Ende haben, betonte IVD-Präsident Jürgen Michael Schick: „Die Sätze zur Grunderwerbsteuer müssen bundesweit wieder auf einen investitionsfreundlichen Satz gesenkt werden. Deshalb muss der Länderfinanzausgleich so angepasst werden, dass Länder mit einem niedrigen Steuersatz nicht mehr benachteiligt werden.“ Auch beim Gesetzentwurf zur Grundsteuerreform gibt es Korrekturbedarf, so Schick: “Die ständigen Anhebungen der Grundsteuer-Hebesätze lassen befürchten, dass die Kommunen die anstehende Gesetzesreform für verdeckte Steuererhöhungen nutzen könnten. Mieter und Selbstnutzer dürfen hier nicht stärker zur Kasse gebeten werden!“
Eigentum fördern
DDIV-Präsident Wolfgang D. Heckeler warnte, dass die Bundesregierung das Eigentumssegment nicht aus den Augen verlieren dürfe. „Eigentum trägt einen entscheidenden Anteil daran, angespannte Wohnungsmärkte in Ballungsräumen nachhaltig zu entlasten. Die Einführung einer Freizugsprämie für selbstnutzende Wohnungseigentümer könnte auch unteren und mittleren Einkommensschichten den Sprung ins Eigenheim ermöglichen. Die größte Hürde ist schließlich oftmals das erforderliche Eigenkapital von etwa 20 bis 30 Prozent. Dies gilt insbesondere seit der im März in Kraft getretenen Wohnimmobilienkreditrichtlinie.“ Mit einer Koppelung der Prämie an Einkommensgrenzen könnte diese zielgruppengerecht wirken, so Heckeler.
„Das Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen ist erfolgserprobt", sind sich die BID-Vertreter einig. Nun gehe es darum, die Umsetzung zu beschleunigen. „Jetzt sind alle Teile der Bundesregierung, die Länder und die Kommunen gefragt, mit der Immobilienbranche an einem Strang zu ziehen. Nur so können wir die gesamtgesellschaftliche Aufgabe stemmen und für mehr bezahlbaren Wohnraum für alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland sorgen“, resümierte der BID-Vorsitzende Andreas Ibel.