Erster Gewerbespeicher in einem Mieterstromprojekt
Die Zahl installierter Stromspeicher in Wohngebäuden ist laut Bundesverband Energiespeicher (BVES) im letzten Jahr um die Hälfte gestiegen. Bisher wurden sie als Hausspeicher in Ein- und Zweifamiliengebäuden realisiert. Jetzt wird in einem Münchner Mieterstromprojekt der erste Gewerbespeicher in einem KfW-Effizienzhaus 40 Plus installiert. Der Speicher hat eine Kapazität von 79 Kilowattstunden (kWh). Typische Speicher für Ein- und Zweifamilienhäuser haben meist eine Kapazität von 5 bis 10 kWh.
Dass es bisher keine Gewerbespeicher in Mehrparteiengebäuden gibt, liegt vor allem an der geringen Zusatzrendite. „Das Delta zwischen selbst erzeugtem und genutztem Strom und Strom aus dem öffentlichen Netz ist einfach zu gering“, berichtet Florian Henle, Geschäftsführer des Energieversorgers und Mieterstrom-Dienstleisters Polarstern (www.polarstern-energie.de). Da habe sich die Investition in einen großen Batteriespeicher nicht gerechnet. „Das ändert sich mit der geplanten Direktförderung von Mieterstrom und dem steigenden Interesse an KfW-40-Plus-Gebäuden, für die ein Speicher Voraussetzung ist.“ Angesichts der Direktförderung sowie den sinkenden Speicherpreisen rechnet Polarstern bereits ab Mitte des Jahres daher auch bei Mieterstromprojekten mit einer zunehmenden Speichernachfrage.
Erster großer Speicher in ökologischer Musterhaussiedlung
Im Münchner Stadtteil Bogenhausen entsteht auf dem Gelände der alten Prinz-Eugen-Kaserne ein neues Stadtquartier. Das Münchner Architekturbüro NEST baut dort eine Wohnanlage mit 55 Mietwohnungen. Die Fertigstellung der 1- bis 4-Zimmer-Wohnungen ist für Frühjahr 2018 geplant. Das Gebäude wird nach dem Passivhaus-Standard gemäß KfW-40 Plus gebaut. Der benötigte Strom wird zu einem großen Teil über eine Solaranlage auf dem Dach mit 79 kWp gewonnen. Sie erzeugt rund 80.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr. Zusammen mit dem installierten Stromspeicher liegt die Eigenverbrauchsquote bei mehr als 88 % und der Autarkiequote bei mehr als 40 %. Das bedeutet für die Mieter nach aktuellem Stand rund 15 % niedrigere Stromkosten verglichen zum örtlichen Grundversorgertarif.
Der vor Ort erzeugte Strom speist auch die Ladestationen für Elektroautos in der Tiefgarage. Sie runden das Energiekonzept des Gebäudes ab. „Wir verstehen ein Gebäude immer ganzheitlich. Immobilien-, Energie- und Mobilitätskonzept müssen zusammenpassen“, sagt Michael Joachim vom Architekturbüro NEST. „Bei einem super gedämmten Haus, ein Energiekonzept wie vor 10 Jahren und ein veraltetes Mobilitätsangebot umzusetzen, ist wenig zukunftsweisend.“
Besonderheiten bei der Installation von Gewerbespeichern
Die größte Herausforderung bei der Installation von Gewerbespeichern sind die Ausmaße. Der im genannten Mieterstromobjekt eingebaute Gewerbespeicher wiegt mehrere Tonnen bei einer Höhe von deutlich über zwei Metern. „Den bekommt man kaum durch eine normale Türe durch“, bringt es Michael Joachim auf den Punkt. Ein kleinerer Speicher sei keine Option gewesen, da die KfW-40 Plus-Förderkriterien hohe Speicherkapazitäten erfordern. „Letztlich haben wir uns für einen modularen Speicher entschieden, der sich in Teilen transportieren lässt.“ Das sei zwar zur Installation in der Bauphase nicht notwendig, doch für den Reparaturfall oder um den Speicher am Ende seiner Lebenszeit wieder herauszubekommen, wolle schließlich keiner Wände einreißen müssen.
„Bei der Planung eines Energiekonzepts mit Mieterstrom und Stromspeicher ist es wichtig, dass neben dem Immobilienbesitzer und dem Mieterstromdienstleister auch Architekt und TGA-Planer frühzeitig mit im Boot sind“, betont Florian Henle von Polarstern. Für Bestandsgebäude wiederum sind meist Speicher zu empfehlen, die außerhalb des Gebäudes installiert werden können. Das reduziert den Installationsaufwand deutlich.