Energiekosten: Mieterstrom im sozialen Wohnungsbau

Mieterstromprojekte erhöhen nicht nur die Unabhängigkeit von steigenden Strompreisen und senken die Energiekosten der Mieter. Sie steigern auch die Attraktivität der Immobilie und erleichtern es Immobiliengesellschaften und Bauherren, hohe KfW-Förderungen zu erhalten.

Die Kombination von bezahlbarem Wohnraum und effizienter Energieversorgung wird angesichts der zunehmenden Verstädterung und steigender Mieten immer wichtiger. Gerade Studenten und Familien mit geringerem Einkommen können sich kaum noch Wohnungen in den Ballungsräumen leisten. Dabei steigen mit dem Bevölkerungswachstum nicht nur die Mieten, auch die CO2-Emissionen in den Städten nehmen zu.

Die dezentrale Energieversorgung in der Stadt kann hier maßgeblich zur Lösung dieser Herausforderungen beitragen: Mieterstrom senkt direkt die Wohnnebenkosten der Mieter – und das dauerhaft – und verringert gleichzeitig die in der Energieversorgung und im Verkehrswesen verursachten CO2-Emissionen. So unterstützt Photovoltaikstrom neue Mobilitätskonzepte und ersetzt bisher genutzte fossile Brennstoffe.

Genauso werden mit jeder erneuerbar er­­zeugten Kilowattstunde CO2-Emissionen in der fossilen Stromerzeugung vermieden. Damit verbessert die dezentrale Energieerzeugung direkt und indirekt nachhaltig die Lebensqualität in der Stadt.

Das Mieterstrom-Modell

Bei Mieterstromangeboten haben die Mieter grundsätzlich die freie Möglichkeit, einen speziellen Mieterstromtarif zu beziehen. Durch die Kombination von vor Ort erzeugtem Strom und Strom aus dem öffentlichen Netz bietet er ihnen einen klaren Preisvorteil: Eine Kilowattstunde Mieterstrom ist rund 10% günstiger als Strom aus dem öffentlichen Netz.

Verstärkt wird der Effekt mit der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), durch die ab 2017 voraussichtlich nur noch eine reduzierte EEG-Umlage auf Mieterstrom entfällt. Ein typischer Mieter mit einem Jahresstromverbrauch von rund 3000 kWh spart dann auch deutlich mehr. Aber auch für den Immobilienbesitzer hat Mieterstrom große Vorteile: Er steigert den Immobilienwert und erhöht seine Rendite gegenüber der Netzeinspeisung im zweistelligen Bereich.

Und das funktioniert so: Auf dem Dach erzeugt eine Photovoltaikanlage bei Sonneneinstrahlung Strom. Dieser wird bevorzugt in das Hausnetz des Gebäudes eingespeist und deckt entweder direkt den aktuellen Energieverbrauch der Mieter oder lädt – sofern vorhanden – einen Batteriespeicher. Erst wenn die vor Ort erzeugte Energie nicht abgenommen werden kann, wird der überschüssige Strom in das öffentliche Netz eingespeist. Und falls mehr Energie benötigt wird, als vor Ort bereitgestellt werden kann, beziehen die Mieter Strom aus dem öffentlichen Netz. Anstelle oder ergänzend zu einer Photovoltaikanlage auf dem Dach funktioniert Mieterstrom auch mit einem Blockheizkraftwerk im Keller des Gebäudes.

Arbeitet der Immobilienbesitzer mit einem Partner zusammen, der ihn bei Finanzierung, Wartung und Betrieb der Energieerzeugungsanlagen unterstützt, reduziert das seinen Aufwand erheblich, zumal hier tiefes Energiemarkt-Knowhow und Schnittstellenkompetenz bei Mieterstromprojekten erforderlich sind. Der Partner verantwortet in der Regel auch die ganzen Energiemarktthemen wie beispielsweise die Abführung von Umlagen und Netzentgelten, die Tarifgestaltung, die Reststromlieferung, die verbrauchsgenaue Abrechnung sowie den Kundenservice.

Damit ist der Immobilienbesitzer nicht selbst Anlagenbetreiber und es fällt für ihn keine Gewerbesteuer an, stattdessen erhält er zusätzliche Pachteinnahmen von seinem Mieterstrompartner.

Städtische Projekte

Allein in München wurden zwischen 2010 und 2014 über 6000 Wohnungen im geförderten Wohnungsbau bewilligt und die gleiche Zahl noch einmal fertigstellt – mit steigender Tendenz. 2010 wurden 800 Wohnungen, 2014 fast doppelt so viele bewilligt. Zu den nach dem so genannten „München Modell“ geförderten Gebäuden gehört ein Mehrfamilienhaus mit 300 Mietern im Münchner Stadtteil Aubing. Seit November 2015 beziehen sie Mieterstrom von Polarstern und decken 60% ihrer benötigten Energie mit einer Photovoltaikanlage und einem Blockheizkraftwerk. Die Photovoltaikanlage auf ihrem Dach hat eine Höchstleistung von 90 kWp und das Blockheizkraftwerk im Keller hat eine elektrische Leistung von 20 kW. Das bringt einem typischen Mieter Stromkostenersparnisse von 20% – verglichen zum Grundversorgertarif.

Seit Anfang 2016 unterliegen alle Neubauten der strengeren Energieeinsparverordnung (EnEV). Um ihre Kriterien zu erfüllen, haben Immobilienbesitzer mehrere Möglichkeiten in der verbesserten Gebäudedämmung und einer effizienten Energieversorgung. Letztlich geht es darum, die so genannten Transmissionswärmeverluste und den Primärenergiebedarf zu reduzieren. 

Weil viele der theoretisch möglichen Maßnahmen in der Praxis durch falsches Nutzerverhalten nicht den erhofften Effekt haben, sind ergänzende Maßnahmen der eigenen Energieerzeugung bei Immobilienbesitzern und Bauherren beliebt, wie zum Beispiel Mieterstrom in Mehrparteiengebäuden.

Dabei können Mieterstromprojekte sogar die Chance verbessern, hohe KfW-Förderungen wie zum Beispiel KfW-40-Plus zu erhalten. Mieterstrom wirkt hier wie ein Steigbügel, indem es hilft, die strengen Anforderungen an den jährlichen Primärenergiebedarf zu erfüllen.

In einem Projekt im Münchner Norden wird derzeit ein Mehrparteiengebäude mit 65 Wohneinheiten und Gewerbe umgesetzt. Auch dieses Gebäude wird durch ein spezielles Fördermodell unterstützt und bietet bezahlbaren Wohnraum. Gleichzeitig erfüllt es mit KfW-40-Plus die höchsten Energieeffizienzanforderungen der KfW-Förderung. Das ermöglichen eine Photovoltaikanlage mit 88 kWp Leistung auf dem Dach, ein Batteriespeicher mit 90 kWh und eine Wärmepumpe.

Das steigert den Grad der Energie-Eigenversorgung deutlich. So wird der Strom vom Dach des Gebäudes direkt zur Stromversorgung der Mieter eingesetzt. Wird vor Ort mehr Strom erzeugt als benötigt, wird der Batteriespeicher gefüllt. Scheint keine Sonne und ist der Speicher leer, werden die Mieter durch Polarstern mit wirklich Ökostrom aus 100% bayerischer Wasserkraft beliefert. Insgesamt kann nach aktuellen Berechnungen durch die lokale Stromerzeugung 50% des Energieverbrauchs an Strom und Wärme gedeckt werden. Die Mieter sparen somit jährliche Energiekosten in Höhe von schätzungsweise 15%.

Dezentrale Energieerzeugung

verbessert nachhaltig die

Lebensqualität in der Stadt.

Durch die Kombination von vor Ort erzeugtem Strom und Strom aus dem öffentlichen Netz bietet Mieterstrom einen klaren Preisvorteil.

Mieterstrom funktioniert mit einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach ebenso wie mit einem Blockheizkraftwerk im Keller des Gebäudes

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 05/2018 Vattenfall kooperiert mit Hanseatischer Baugenossenschaft

Grüner Strom vom Dach

Vattenfall hat mit der Hanseatischen Baugenossenschaft Hamburg (HBH) im Käthnerort den ersten von insgesamt 12 Standorten in der Elbmetropole mit Photovoltaik ausgestattet. Die 30 Mietparteien...

mehr

Mieterstrom: Raus aus der Nische

Was bringt Mieterstrom? Die Vorteile von Mieterstrom liegen auf der Hand: Die Immobilienwirtschaft erhält durch Mieterstrom-Projekte neue Möglichkeiten zur energetischen Weiterentwicklung und...

mehr
Ausgabe 04/2015

Mieter profitieren von Strom aus dem Keller

Ursprünglich eine Lösung für die Industrie und Eigenheimbesitzer, stehen Eigenstromproduktion und ähnliche Angebote nun einem breiteren Kreis offen: den Mieterinnen und Mietern. Der GdW als...

mehr
Ausgabe 12/2017 Intelligente Vernetzung

Wegweisend und innovativ

Zur lokalen Versorgung mehrerer Wohneinheiten mit vor Ort erzeugtem Strom werden zunehmend komplexe Mieterstromkonzepte umgesetzt. Sie bieten Haushalten ein Plus an Komfort, erleichtertes...

mehr
Ausgabe 12/2016

Selbst erzeugte Energie für Mieter

Herr Henle, wieso lohnt sich Mieterstrom für einen Investor im sozialen Wohnungsbau? Mit Mieterstrom sinken die Stromkosten nachhaltig um rund 10% – im Falle einer reduzierten EEG-Umlage um 20% –...

mehr