Statistische Analyse: Mietpreisbremse schwächt Wohnungsneubau in NRW

Nach der Bundestagswahl steht fest: Die Pläne für eine Mietpreisbremse werden eine große Rolle in den Koalitionsverhandlungen spielen. Dabei soll sie sich nach den Plänen der Parteien an der ortsüblichen Vergleichsmiete orientieren. Dadurch aber bräche der Wohnungsneubau in Städten wie Dortmund und Mülheim an der Ruhr ein. Das ist das Ergebnis einer statistischen Auswertung von Wohnungsangeboten, die das Forschungsinstitut InWIS Forschung & Beratung GmbH im Auftrag des VdW Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen vorgenommen hat. Das Fazit von VdW-Verbandsdirektor Alexander Rychter: „Die Mietpreisbremse hätte große Auswirkungen auf NRW – mit ihr geriete der dringend notwendige Neubau in Gefahr. Die Politik verwechselt eindeutig das Brems- mit dem Gaspedal!“

Eine Woche nach der Bundestagswahl ist zwar noch nicht endgültig entschieden, welche Parteien miteinander koalieren werden. Doch in den Programmen aller wahrscheinlichen Koalitionspartner im Bundestag ist von einer Mietpreisbremse bei Wiedervermietung die Rede. Den Plänen zufolge soll, ob nun nur in einzelnen Regionen oder generell, der Mietpreis bei Wiedervermietung nicht höher als 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen dürfen. Der VdW Rheinland Westfalen hat jetzt ermitteln lassen, was diese Regelung für den Neubau und den Bestand bedeuten würde. Auch der Neubau wäre von der Mietpreisbremse bei Wiedervermietung betroffen, weil die Wohnungsmiete, sollte der erste Mieter nach relativ kurzer Zeit wieder ausziehen, auf einen absolut unrentablen Preis reduziert werden müsste, der den Baukosten in keiner Weise entspricht.

InWIS hat mit den Städten Mülheim an der Ruhr (schrumpfende Stadt), Dortmund (ausgeglichener Wohnungsmarkt), Münster und Bonn (von Wohnungsknappheit geprägte Märkte) unterschiedlich geprägte Kommunen für NRW untersucht. Anhand der qualifizierten Mietspiegel dieser Städte wurde die ortsübliche Vergleichsmiete  einer typischen Neubauwohnung (75 m²) und eine typische Wohnung aus den 50er-/60er-Jahren (zwischen 50 und 80 m²) ermittelt. Anschließend wurde überprüft, zu welchem Preis solche Wohnungen im Zeitraum von Anfang 2012 bis Mitte 2013 bei ImmobilienScout 24 in diesen Städten angeboten wurden.

Laut Torsten Bölting, Geschäftsführer der InWIS Forschung & Beratung GmbH, ist das Ergebnis besonders für den Neubau erschreckend: „Die Folgen der Mietpreisbremse wären für den Neubau dramatisch. In Dortmund etwa liegen knapp 85 % der angebotenen Neubauwohnungen über dem Wert, den die Mietpreisbremse zulassen würde. Man kann davon ausgehen, dass diese Wohnungen bei der geplanten Mietpreisdeckelung nicht gebaut worden wären.“ Hintergrund für die gestiegenen Preise von Neubauwohnungen auch in schrumpfenden und stagnierenden Märkten ist die Verteuerung der Baukosten. Diese sind zwischen 2005 und 2012 um mehr als 23 % gestiegen, was laut VdW-Verbandsdirektor Alexander Rychter auch auf die energetischen Anforderungen an das Bauen zurückzuführen ist. In diesem Jahr soll erneut die Energieeinsparverordnung verschärft werden. Einem neuen Vorschlag zufolge sollen die energetischen Anforderungen um 25 % verschärft werden. „Das widerspricht jeder Politik, die Wohnen bezahlbar halten will. Die Dämmungen sollen immer dicker, die Gebäudehüllen immer dichter werden, damit weniger Energie verbraucht wird. Das kostet aber Geld und schlägt sich in den Mieten nieder“, sagt Rychter dazu.

In Bezug auf die Wohnungen aus den 50er-/60er-Jahren fanden die InWIS-Forscher heraus, dass in den untersuchten Städten bis zu 56 % der angebotenen Wohnungen über dem laut Mietpreisbremse zulässigen Wert liegen (10 % über ortsüblicher Vergleichsmiete). InWIS-Geschäftsführer Torsten Bölting: „Es ist zu befürchten, dass die Investitionen in diese Bestände auf ein Minimum zurückgehen, weil sie schlicht und ergreifend nicht mehr wirtschaftlich darstellbar wären.“

Zusammenfassend sagt VdW-Verbandsdirektor Alexander Rychter: „Die Mietpreisbremse hilft einkommensschwachen Mietern kein bisschen. Im Gegenteil: Sie verschlimmert die Situation, weil sie Investitionen in Neubau und Bestand massiv behindert.“ Die komplette Auswertung steht unter www.vdw-rw.de zum Download bereit.

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