Studie: Deutscher Hochbau bleibt auf Wachstumskurs
Der deutsche Hochbau verzeichnet das dritte Jahr in Folge Wachstum. Das Marktvolumen stieg 2016 um 1,4 % auf 221,3 Mrd. €. Der Wohnungsbau wuchs im vergangenen Jahr um 2 % und bleibt die treibende Kraft in der Baubranche. Die positive Entwicklung wurde durch ein leichtes Wachstum von 0,2% im Nichtwohnungsbau unterstützt. Dies sind zentrale Ergebnisse der jährlich erscheinenden Hochbauprognose der internationalen Unternehmensberatung OC&C Strategy Consultants.
Für das Jahr 2017 prognostiziert die Analyse dem Hochbau in Deutschland eine leicht abnehmende Dynamik mit einem Wachstum von 1,2 %. Für die Jahre bis 2019 rechnen die OC&C-Experten mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von 1 %. Die stabile wirtschaftliche Lage sollten Bauunternehmen nutzen, um sich im Hinblick auf aktuelle Branchentrends wie z.B. die Digitalisierung oder die Industrialisierung der Bauerstellung zukunftssicher aufzustellen.
Der positive Trend der vergangenen Jahre im deutschen Hochbau hielt auch 2016 an: Das Marktvolumen wuchs im Vergleich zum Vorjahr um 1,4 % auf 221,3 Mrd. €. Wesentliche Triebfeder war dabei der Wohnungsbau (+2 %). Die Baubranche – und insbesondere der Wohnungsbau – haben im vergangenen Jahr von unterschiedlichen Faktoren profitiert, wie Axel Schäfer, einer der für den Bausektor verantwortlichen OC&C-Partner, erläutert: „Die milde Witterung hat 2016 zur niedrigsten Winterarbeitslosigkeit seit zehn Jahren geführt. Zudem blieb der Wohnungsbau für gewerbliche und private Bauherren aufgrund geringer Zinssätze und hoher Wohnraumnachfrage eine attraktive Anlageoption. Der ungebrochene Trend zur Urbanisierung sorgt in Verbindung mit dem demografischen Wandel vor allem in Groß- und Universitätsstädten weiterhin für steigende Mietpreise und niedrige Leerstandsquoten. Mehrgeschosswohneinheiten waren entsprechend der Haupttreiber der positiven Entwicklung.“
Mit einem prognostizierten Wachstum von 1,8 % für 2017 wird der Wohnungsbau auch zukünftig ein Garant für die Stabilität der Branche bleiben. Dabei wird insbesondere der gewerbliche Neubau mit einem veranschlagten Wachstum von 9 % in diesem Jahr (+11,5 % in 2016) die positive Dynamik beflügeln. Auch der private Wohnungsneubau ist ein Wachstumstreiber und wird 2017 mit einem prognostizierten Wachstum von +2,2 % einen Beitrag zur erfreulichen Gesamtentwicklung der Branche leisten.
Mit Blick auf den Nichtwohnungsbau sehen die Experten der Strategieberatung OC&C leicht positive Tendenzen bei der Investitionsbereitschaft, wobei sich der öffentliche Bau aufgrund steigender Steuereinnahmen und des Investitionsbedarfes bei öffentlichen Gebäuden etwas erfreulicher als der Wirtschaftsbau entwickeln dürfte. Über alle Segmente hinweg wird das Neubaugeschäft eine bessere Entwicklung nehmen als der deutlich größere Renovierungsmarkt, für den die Studie im Jahr 2017 ein leichtes Wachstum von 0,2 % annimmt.
Insgesamt wird die Wachstumsdynamik des Hochbaus in Deutschland in diesem Jahr anhalten: Die aktuelle Prognose geht für die Hochbaubranche von einem Gesamtwachstum von 1,2 % im Jahr 2017 aus. Auch in den Jahren 2018 und 2019 prognostiziert die Studie der Baubranche weiteres Wachstum, jedoch mit einem leicht abflachenden Trend (durchschnittlich ca. 1 %).
Volle Auftragsbücher und Anzahl der Baugenehmigungen auf sehr hohem Niveau
Die gute Lage des deutschen Hochbaus spiegelt sich auch in den prall gefüllten Auftragsbüchern der Bauunternehmen wider. Die Auftragseingänge waren 2016 (insgesamt +13,3 %, im Wohnungsbau sogar +15 %) durchgängig höher als 2015. Und die Entwicklung in den ersten Monaten dieses Jahres gibt auch für 2017 Anlass zu Optimismus.
Die positive Auftragsentwicklung steht in engem Zusammenhang mit den erteilten Baugenehmigungen, die im vergangenen Jahr sowohl im privaten (+5,9 %) als auch im gewerblichen Wohnungsbau (+29,1 %) auf sehr hohem Niveau lagen. So wurden im vergangenen Jahr in Deutschland 375.400 Wohnungen genehmigt – mehr Baugenehmigungen für Wohnungen gab es zuletzt 1999. Auch im Wirtschaftsbau (+19,2 %) und im öffentlichen Bau (+18,6 %) entwickelten sich die Genehmigungen sehr positiv. Die steigende Auftragslage hat aber auch Schattenseiten: Der Fachkräftemangel macht sich verstärkt bemerkbar und viele Unternehmen stoßen an Kapazitätsgrenzen.
Wirtschaftsbau: Die Nachfrage hat sich stabilisiert
Der Wirtschaftsbau hat sich nach einer schwierigen Phase erholt und war 2016 mit einer Entwicklung von +0,1 % stabil. Für die Jahre bis 2019 geht die Hochbauprognose von einer weiterhin stabilen Entwicklung mit einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 0,2 % aus. Gerade Unternehmen werden jedoch aufgrund unsicherer wirtschaftspolitischer Rahmenbedingungen in wichtigen Exportmärkten – ausgelöst etwa durch den Brexit oder Ankündigungen zur US-Wirtschaftspolitik – mögliche Investitionen genau abwägen.
„Obwohl die Unsicherheiten der Weltwirtschaft auch Deutschland berühren, sind wir hinsichtlich der Entwicklung des Wirtschaftsbaus für die nähere Zukunft verhalten optimistisch. Die Zuversicht stützt sich neben der zu erwartenden soliden gesamtwirtschaftlichen Entwicklung auf die steigende Anzahl an Baugenehmigungen, günstige Finanzierungsbedingungen sowie grundsätzlichen Investitionsbedarf aufgrund ausgelasteter Produktionskapazitäten“, erklärt Dr. Björn Reineke, ein weiterer für den Bausektor verantwortlicher OC&C-Partner.
Die gute Nachfragesituation schafft ideale Bedingungen für Investitionen in die Zukunft
Nachfrageseitig ist die Marktlage am Bau derzeit sehr stabil. Zeitgleich finden in der Branche jedoch erhebliche Veränderungen statt. Ein Thema, das zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist die Digitalisierung, die sich in den verschiedensten Bereichen auswirkt: Beispielsweise bei der Entwicklung „smarter“ Bauprodukte, der Innovation von Geschäftsmodellen, der Optimierung von Produktion und Supply Chain, der Marktbearbeitung und auch der Gebäudeerrichtung. Eine wichtige Veränderung in diesem Bereich ist die verstärkte Nutzung von Daten und die Umstellung auf das sogenannte Building Information Modelling (BIM). Bei BIM handelt es sich um ein digitales 5D-Datenmodell, das den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes darstellen kann.
Vernetztes Arbeiten zwischen Projektbeteiligten wird derzeit vielfach durch ineffiziente Schnittstellen zwischen Planung, Ausführung und Betrieb behindert. Digitale Planungstools wie BIM setzen unter anderem hier an. Ab 2020 sollen alle großen Infrastrukturprojekte mit BIM geplant werden. Für den Bund und Bauherren von Großprojekten werden nachweisbare BIM-Kompetenzen in Zukunft daher eine immer größere Rolle für Auftragsvergabe spielen. Viele Unternehmen sind auf die Umsetzung indes noch nicht ausreichend vorbereitet. Doch die gute wirtschaftliche Situation bietet ihnen hervorragende Rahmenbedingungen, um jetzt in solche Zukunftsthemen zu investieren.
„Wir erwarten, dass sich der Hochbau in den kommenden Jahren insgesamt positiv entwickeln wird. Das Marktvolumen wird sich langfristig zwischen ca. 200-240 Mrd. € bewegen. Die stabile wirtschaftliche Lage sollte Bauunternehmer dazu animieren, Investitionen in die Zukunft zu tätigen. Die Digitalisierung der Branche wird voranschreiten. Daher sind die Unternehmen gut beraten, beispielsweise in digitale Planungsinstrumente wie BIM zu investieren“, fasst Axel Schäfer zusammen.