Aus Hackschnitzeln und Biogas wird Wärme
Weitingen in Baden-Württemberg zeigt, wie die Energiewende gelingen kann. Hier wird Wärme aus regionaler Biomasse für 300 Haushalte erzeugt – versorgungssicher, kosteneffizient und mit Beteiligung der Menschen vor Ort. Für das Verteilnetz kommen vorgedämmte und sehr langlebige Rohrleitungssysteme zum Einsatz.
Weitingen ist ein Ortsteil von Eutingen im Gäu, einer Gemeinde mit rund 6000 Einwohnern im Landkreis Freudenstadt (Nordschwarzwald). Hier betreibt die GäuWärme GmbH ein Nahwärmenetz, dass knapp 300 der 470 Weitinger Haushalte versorgt. Gründer und Geschäftsführer ist Steffen Frank: Heizungsbaumeister und ein echter Macher. Denn ohne sein Engagement gäbe es die GäuWärme nicht.
Frank hatte vor etwas mehr als zehn Jahren die Idee, das eigene Haus sowie eine Handvoll Nachbargebäude mit Wärme aus einem gemeinsamen Biomasse-Kessel zu versorgen. In Gesprächen mit Ortvorsteher, Gemeinderäten und örtlichen Unternehmern entstand daraus der Plan, sukzessive ein Nahwärmenetz aufzubauen, mit dem weite Teile von Weitingen versorgt werden können. Um die Akzeptanz in der Bürgerschaft zu gewährleisten, beteiligte sich die Gemeinde als Gesellschafterin an der GäuWärme GmbH, die im Jahr 2014 an den Start ging.
Wertschöpfung in der Region
Neben privaten Haushalten versorgt die GäuWärme u. a. auch die örtliche Schule, das Rathaus und die Sporthalle. Zur Wärmeerzeugung dienen zwei Hackschnitzelkessel des österreichischen Herstellers Fröling mit einer thermischen Leistung von insgesamt 1750 kW. Um die Spitzen im Wärmenetz zu kompensieren ist ein Pufferspeicher mit 50 m³ Wasser eingebunden. Bei Volllast benötigen die Kessel rund 300 kg Hackschnitzel pro Stunde, der Gesamtverbrauch im Jahr summiert sich auf etwa 6000 m³.
Das verwendete Holz kommt überwiegend aus dem gemeindeeigenen Wald und wird von lokalen Betrieben aufbereitet. Das heißt: kurze Transportwege, niedrige Emissionen und Wertschöpfung in der Region. Ebenfalls ins Wärmenetz eingebunden ist die Biogasanlage eines benachbarten Hofes. Die sorgt im Sommer für die komplette Trinkwassererwärmung, sodass die Hackschnitzelkessel für vier bis fünf Monate vom Netz gehen können.
Bis vor kurzem speisten zudem zwei Holzgas-Blockheizkraftwerke mit einer thermischen Leistung von 220 kW und einer Stromleistung von 2 x 50 kW in das System ein. Nach nur fünf Jahren Laufzeit musste Steffen Frank die BHKWs jedoch wieder vom Netz nehmen und demontieren. „Die anfallende Asche gesetzeskonform zu entsorgen, war wirtschaftlich nahezu unmöglich“ resümiert Frank, nicht ohne Seitenhieb auf die Politik.
Rein technisch wäre das in Weitingen durchaus möglich gewesen, die bürokratischen Hürden sind jedoch hoch. So fällt die Asche beispielsweise unter das Abfallwirtschaftsgesetz und darf daher rechtssicher nur in entsprechend zugelassenen Öfen verbrannt werden. Doch bei der GäuWärme blickt man nach vorn. Zurzeit wird als Backup für die Hackschnitzelkessel ein Flüssiggas-BHKW installiert, das zudem als Notstromaggregat dienen soll. Denn natürlich muss die Wärmeversorgung der Einwohner auch bei einem längeren Stromausfall jederzeit gewährleistet sein.
Ringnetz mit 15 Kilometer Rohrleitung
Das Leitungsnetz besteht aus mehreren Ringen und hat eine Gesamtlänge von mehr als 15 km. Im Winter wird das Netz mit einer Vorlauftemperatur von 80° C gefahren (Rücklauf: ca. 50 °C), im Sommer mit 70 °C (Rücklauf ca. 55 °C). Die Leitungen enden im Gebäude des Verbrauchers in Übergabestationen der Rebaro Fernwärmetechnik GmbH. Diese bringen über einen Wärmetauscher das Wasser auf eine Temperatur, die man im Haushalt verwenden kann, zum Heizen und für Warmwasser.
Als Hauptleitung kommt überwiegend RAUTHERMEX in der Ausführung UNO 90 (Durchmesser des Mediumrohres = 90 mm) zum Einsatz, sowie DUO-Leitungen mit zwei Mediumrohren in den Abmessungen 2 x 40, 50, 63 und 75 mm. Als Hauszuleitungen dienen DUO 25 und 32. Die exzellenten Wärmedämmeigenschaften des Polyurethanschaums halten die Verluste beim Wärmetransport besonders gering. Im Winter, so die Erfahrung von Steffen Frank, beträgt der Verlust lediglich rund ein Grad pro Kilometer Leitung. Durch den gewellten Außenmantel ist das Rohrsystem gleichzeitig sehr flexibel und ermöglicht geringe Biegeradien.
Die Mediumrohre PE-Xa SDR 11 für den Heizwassereinsatz sind besonders temperaturbeständig. Grundlage dafür ist eine spezielle REHAU-Materialrezeptur. In Kombination mit der Verwendung von korrosionsfreien Materialien, wasserdichter Nachisolierung an den Verbindungstellen und Längswasserdichtheit der vorgedämmten Rohrleitungen ist das Gesamtsystem extrem langlebig.
Bewährte Qualität
Die Verlegung erfolgte teils durch einen Tiefbauunternehmer, teils durch das Unternehmen von Steffen Frank selbst. Verbunden wurden die Rohre mit Hilfe der Schiebehülsen-Technik, einer von REHAU (www.rehau.com/de) entwickelten und Jahrzehnte lang bewährten Methode zur schnellen und dauerhaft dichten Verbindung von PE-Xa-Rohren. Sie besteht lediglich aus einem Fitting und der Schiebehülse. Zusätzliche Dichtelemente werden nicht benötigt, da das Rohr selbst als Dichtung fungiert. Vier Dichtrippen garantieren die absolute Sicherheit der Verbindung.
In den vergangenen zehn Jahren hat die GäuWärme rund 6,4 Mio. Euro in das Weitinger Nahwärmenetz investiert. Die angeschlossenen Haushalte zahlen derzeit 14,7 ct pro Kilowattstunde Wärme, einen Grundpreis gibt es nicht. Über eine Preisgleitklausel im Wärmeliefervertrag kann der Preis einmal im Jahr an die Marktgegebenheiten angepasst werden. In die Berechnung fließen u.a. der Hackschnitzelpreis, die Abschreibung der Investitionen und Lohnkostensteigerungen ein. Die Datenbasis liefert das statistische Bundesamt, sodass die Preisberechnung für die Verbraucher transparent und nachvollziehbar ist.
Unter dem Strich ist das Nahwärmeprojekt im Nordschwarzwald ein Vorzeigeprojekt für das Gelingen der Wärmewende – Rohrleitungssysteme von REHAU tragen ihren Teil dazu bei.