Niedrigenergiehausstandard

Besser als neu?

Dieses Beispiel einer klassischen 60er-Jahre-Wohnanlage zeigt, wie Unternehmen die Herausforderungen an die Bausubstanz angehen und durch energetische Sanierung den Nied­rigenergiehausstandard erzielen.

Aktuell liegt die jährliche Sanierungsquote im vermieteten Bestand bei 1-2%. Gebäude werden maximal alle 50 Jahre modernisiert und müssen dann den zwei großen Zukunftstrends – dem demografischen Wandel und dem Klimaschutz – gerecht werden. Laut einem aktuellen Deloitte-Gutachten muss mit einer Investition von rund 150 Mrd. € bis 2020 keine andere Branche einen so hohen Beitrag zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen leisten wie die Immobilienwirtschaft. Das nachfolgende Beispiel zeigt, wie Unternehmen die Herausforderungen gemeistert haben.

 

Eckernförde Wilhelmsthal

Eckernförde Wilhelmsthal – ein Quartier, das in die Jahre gekommen war. Für Bundesbedienstete in den 60er Jahren errichtet, entwickelten sich die 350 überwiegend 3-Zimmer-Wohnungen für die Siedlungsbaugesellschaft Hermann und Paul Frank mbH & Co. KG durch Leerstand, hohe Fluktuation, Überalterung und etliche so­­zial schwa­chen Mieter all­mäh­lich zum Problemfall.

Was 2004 noch hoffnungslos aussah, ist heute landesweites Vor­zeigeprojekt. Innerhalb von nur vier Jahren setzte die Frank-Gruppe einen dreiteiligen Aktionsplan für die Wohnsiedlung – bestehend aus Sanierung, Mo­­dernisierung und Wohnumfeldverbesserung – um.

Mit Erfolg: Das sanierte Wohnquartier erhielt am 12. September 2008 den ersten Preis beim Wettbewerb „Vorbild im Klimaschutz: Mehr Qualität – weniger Kohlendioxid“ des schleswig-holsteinischen Innenministeriums in der Kategorie für Wohnanlagen mit mehr als drei Geschossen. Das Unternehmen habe das Quartier in Eckernförde vorbildlich saniert und modernisiert, so das Urteil der Jury. Durch hochwertige Gebäudehülledämmung und den Einbau einer neuen Heiztechnologie wie etwa einer zentralen Pelletheizung könnten 82% CO2 eingespart werden.

Außerdem gebe es neue Wohnformen sowie al­­tengerechte Wohnungen und die Mieter würden unmittelbar da­zu angeregt, in ihrem Alltag Energie einzusparen.

 

Gebäudeoptimierung: Niedrigenergiehausstandard

Technisch veraltet und zeitgemäßen Ansprüchen an Wärmedämmung und Energiever­sor­gung nicht entsprechend, wurde die Wohnsiedlung aus den 60er Jahren einer kompletten ­energetischen Sanierung unterzogen und auf Nied­­­­­rigenergie-Standard gebracht. Jährlich werden so 3900 Tonnen CO2 eingespart.

Die alten Boiler wurden durch Solarkollektoren ersetzt, die seither für die Warmwasserbereitung zuständig sind. Die alte Heizungsanlage musste modernen Gas- und Pelletheizungen weichen.

Erstmals in Deutschland wurde eine so große Wohnanlage mit Holzpelletheizungen ausgestattet. Im Keller, unter dem Dach und vor den Fassaden wurde eine 12 cm dicke Wärmedämmung angebracht, und die Fenster wurden erneuert. Die Wärmeverluste wurden an den Außenwänden auf ein Drittel reduziert, an der obersten Ge­­schossdecke auf ein Sechstel und auf der Kellerdecke um ein Achtel. Mit 47,5 kWh/m² Wohnfläche liegt der Heizenergiebedarf deutlich unter Neubauten, die nach der Ener­gieeinsparverordnung gebaut wurden. Schulungen der Mieter für richtiges Lüften, Heizen und Stromsparen gehörten ebenso zum ökologischen Gesamtpaket.

Der neugeschaffene Mietertreff „Dat Holthuus“, ein für die Bewohner mit diversen Angeboten wie Schulungen für treibstoffsparendes Fahren in Kooperation mit dem ADAC, demnächst Car-Sharing zusammen mit den Stadtwerken, Schulungen für energiesparendes Kochen oder auch die Jugendgruppe „Umweltdetektive“, hat sich be­­währt. Doch in Eckernförde ging es der Frank-Gruppe nicht nur um die energetische Sanierung und eine Wohnumfeldverbesserung, die Wohnungen wurden auch durch weitere Modernisierungsmaßnahmen aufgewertet. So wurden Einbauküchen installiert, Bäder erneuert, Türen ersetzt, Rauchmelder eingebaut und Laminat verlegt. Zudem wich die ehemalige Monostruktur von 3-Zimmer-Wohnungen einem Wohnungsmix aus größeren und kleineren Wohnungen mit zusätzlichen Extras wie Balkonen, Freisitzen und Mietergärten.

Ein Wohnblock wurde komplett mit seniorengerechten, kleineren Wohnungen gestaltet. Gelder für die umfangreichen Maßnahmen erhielt die Siedlungsbaugesellschaft Frank unter anderem von der KfW, dem Land sowie im Rahmen des Zukunftsinvestitionsprogramms (ZIP) des Bundesumweltministeriums.

 

Qualitätspass für Eckernförde-Wilhelmsthal

Das Wohnquartier Eckernförde-Wilhelmsthal erhielt nicht nur den schleswig-holsteinischen Klimaschutzpreis, sondern wurde auch mit dem Landes-Qualitätspass ausgezeichnet, einem 2001 vom Land eingeführten Qualitätssicherungsverfahren, das mit einem Zertifikat ab­­schließt und gesicherte Planungs- und Ausführungsqualität, Transparenz und Vergleichbarkeit von Gebäudestandards bieten soll.

In den untersuchten Feldern Energie, Gebäude und Nutzung übertraf die Wohnsiedlung alle An­­forderungen. Bei der energetischen Optimierung wurden nicht nur die Anforderungen von Altbauten, sondern auch die von Neubauten übererfüllt. Es wurde ein energetischer Standard realisiert, der im Mittel im Bereich einer Unterschreitung der Anforderung der Energieeinsparverordnung um ca. 20% zum Ziel hat. Erreicht wurde dies durch die Minimierung von Wärmebrücken, die Optimierung der Wärmedämmung und eine zu­­kunftsfähige Energieversorgung – und dies mit einem hohen Anteil erneuerbarer Energien.

Neben der Qualitätssicherung durch die betreuenden Ingenieure wurde eine zusätzliche Qualitätssicherung insbesondere durch die Luftdichtheitsprüfungen der Arbeitsgemeinschaft zeitgemäßes Bauen eingesetzt. Auch im Bereich der Gebäudehülle gab es eine zusätzliche Qualitätssicherung durch das Ingenieurbüro MSG+P aus Eckernförde.

 

Fazit

Die Anstrengungen haben sich gelohnt: Nicht nur die Energiesparrekorde können sich sehen lassen, die Leerstandsquote in Eckernförde-Wilhelmsthal ist von 10 auf unter 2% und die Mieterfluktuation von 25 auf unter 10% gesunken. Die Frank Siedlungsbau hat inzwischen mit der Frank Eco zwei GmbH eine eigene Gesellschaft gegründet. Spezialisiert auf die energetische Optimierung von Be­­standsimmobilien, berät sie bei der Planung, Finanzierung, Durchführung und Qualitätssicherung von Sa­­nie­run­gen.

Derzeit setzt die Frank-Gruppe zu­­dem weitere innovative Ideen im eigenen Be­­stand um. Im Rahmen der Innovativen Bauausstellung in Kiel 2008 stellte sie beispielsweise ein aktuelles Projekt in Kiel-Holtenau vor, das den Wert Standard EnEV Neubau -50% erreicht und bereits von der dena als bundesweites Pilotprojekt anerkannt wurde.

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