Elektromobilität

Bequem laden am Wohnort

Beim Ausbau der Ladeinfrastruktur für die E-Mobilität kann die Wohnungswirtschaft eine Führungsrolle übernehmen. Die Bundesregierung hat ein umfangreiches Förderprogramm gestartet. Zudem gibt es Förderprogramme in einzelnen Bundesländern.

An die aktuellen Vorreiter in Sachen Elektromobilität – Norwegen, die Niederlande und China – kommt Deutschland nicht heran. Auch das Ziel von einer Million Elektroautos bis 2020 wird nicht zu erreichen sein. Doch mit der Förderung für elektrisch-angetriebene Fahrzeuge und für die Ladeinfrastruktur erlebt die Elektromobilität auch hierzulande allmählich einen Aufschwung. Anfang 2018 waren rund 53.900 reine Elektroautos und 236.700 Hybridfahrzeuge in Deutschland zugelassen. Ende des ersten Quartals 2018 lag der Marktanteil bei zwei Prozent. Im Vergleich: In Norwegen ist fast jedes zweite zugelassene Auto (47,9%) ein E-Auto.

Förderprogramme für Ladeinfrastruktur für E-Mobilität

Erneut kann die Wohnungswirtschaft eine wichtige Führungsrolle übernehmen. In Sachen Energieeffizienz und Beteiligung von Mietern an der Energiewende in Form von Mieterstrom hat die Branche bereits gezeigt, dass sie eine große Verantwortung für das Gelingen der Energiewende und den Klimaschutz übernimmt. Jetzt kann die Wohnungswirtschaft auch beim Thema Elektromobilität die Vorreiterrolle übernehmen und am Ausbau der Ladeinfrastruktur maßgeblich beteiligt sein. „Statistiken zeigen, dass ein Auto im Durchschnitt 23 Stunden am Tag steht“, so Lennart Bernstein von LichtBlick. „Und dann steht es entweder bei der Arbeit oder vor der Wohnung. Besonders Mieter stellt dies bei einem E-Auto vor neue Herausforderungen: Wo können sie ihr Auto einfach und kostengünstig über Nacht laden?“ Mit Hilfe der Wohnungswirtschaft und der Installierung von Lademöglichkeiten auf den Parkflächen der Mieter kann eine erhebliche Lade-Lücke geschlossen werden.

Der Ausbau der Ladeinfrastruktur muss finanziell nicht allein von der Wohnungswirtschaft getragen werden. Die Bundesregierung hat ein umfangreiches Förderprogramm gestartet: Bis 2020 fördert das Bundesverkehrsministerium den Aufbau von mindestens 15.000 Ladestationen mit 300 Millionen Euro. Zudem gibt es mitunter Förderprogramme in den einzelnen Bundesländern. So hat Nordrhein-Westfalen die Förderung „progres.nrw“ initiiert. Bis Ende November 2018 können Unternehmen, die in Nordrhein-Westfalen ansässig sind, Fördergelder von einem Gesamtvolumen in Höhe von 20 Millionen Euro für den Ausbau von Ladesäulen beantragen.

Gesetzliche Vorgaben der EU

Es werden zukünftig zudem gesetzliche Vorgaben auf die Wohnungswirtschaft zukommen. So wurde auf EU-Ebene eine Richtlinie zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden verabschiedet. Diese beinhaltet auch den Aufbau einer Ladeinfrastruktur vor Wohngebäuden. In der Richtlinie heißt es, dass an Wohngebäuden, die neu gebaut oder umfassend renoviert werden, Leerrohre für eventuelle Ladestationen verlegt werden müssen. In Wohngebäuden mit mehr als zehn Parkplätzen, die neu gebaut oder einer größeren Renovierung unterzogen werden, müssen alle Parkplätze mit Leerrohren ausgestattet werden. Diese Pflicht greift bei Renovierungen, wenn diese den Parkplatz oder die Elektroinstallation des Gebäudes umfasst. Die Vorgaben müssen nach Inkrafttreten der Richtlinie im Mai 2018 innerhalb von 20 Monaten in nationales Recht umgewandelt werden. Ab spätestens 2025 müssen die Maßnahmen dann umgesetzt werden. „Wie genau diese Vorgabe der EU im deutschen Recht aussehen wird, zeigt sich erst in den kommenden Monaten“, so Bernstein. „Die Richtlinie macht jedoch deutlich, dass auch der Gesetzgeber von der Wohnungswirtschaft Maßnahmen zum Ausbau der Elektromobilität einfordert.“

Umsetzung gemeinsam mit Mietern

Bei der Installierung von Lademöglichkeiten auf den Parkplätzen gilt es vorab einiges abzuwägen und zu planen: Muss zusätzlicher Parkraum geschaffen werden, damit E-Auto- Parkplätze nicht von Benzin- oder Dieselfahrzeugen zugeparkt werden können? Wie erfolgt der Zugang zu den Ladesäulen und die Abrechnung des Ladevorgangs? Wie werden die Mieter grundsätzlich in den Prozess eingebunden? „Vor allem über die Fragen rund um den Ladevorgang sollten sich die Wohnungsbaugesellschaften rechtzeitig auf ein Modell einigen“, so Bernstein. „Der Anschluss an den Strom kann beispielsweise über einen zentralen Zähler erfolgen. Für die Abrechnung wird über IT-Systeme ermittelt, welcher Mieter wann an welcher Ladesäule geladen hat. Die Mieter können hier allerdings nicht ihren individuellen Stromanbieter wählen. Bei einer anderen Variante ist der Stromanschluss direkt an den Stromzähler des Mieters angeschlossen. Er lädt sein Auto mit der Stromqualität und zu dem Preis wie sein Haushaltsstrom. Größter Nachteil bei der Variante ist, dass von jeder einzelnen Ladestation die Kabel zu den jeweiligen Zählern verlegt werden müssen.“ Für die Umsetzung wird es keine für alle Wohnungsprojekte einheitliche Lösung geben. Um eine größtmögliche Akzeptanz bei den Mietern zu schaffen, werden diese im Idealfall in das Projekt eingebunden und können sich im Vorfeld in die Planungsüberlegungen einbringen.

In die Zukunft gedacht

Gerade bei neuen Wohnungsprojekten ist es wichtig heute schon die Zukunft mitzudenken. LichtBlick hat in Hamburg mit dem 3E-Mehrfamilienhaus, auch SchwarmHaus genannt, die Zukunft bereits erfolgreich erprobt. 3E steht für Eigenerzeugung, Eigenverbrauch und Elektromobilität. In dem 10-Parteienhaus wird mit einer PV-Anlage und einem Blockheizkraftwerk (BHKW) Energie erzeugt. Der Strom kann – wird er nicht direkt genutzt – in stationären Speichern und in Batterien von Elektroautos zwischengespeichert werden. Die mit dem BHKW erzeugte Wärme wird im Haus zum Heizen und für Warmwasser genutzt. Die Bewohner im Haus können sich so zu rund 80 % mit der vor Ort erzeugten Energie versorgen. Die E-Autos fahren mit 100 % CO2-freiem Strom und leisten so einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz – zugleich dienen sie als Zwischenspeicher und unterstützen so die Energiewende. „Unser SchwarmHaus ist kein Forschungsprojekt, das irgendwann einmal in der Zukunft umgesetzt werden kann“, so Bernstein. „Alle Komponenten für Mieterstrom – entweder nur mit Solarstrom oder in Kombination mit einem BHKW – sowie für die integrierte Elektromobilität lassen sich heute schon umsetzen. Wenn neue Wohnungsprojekte geplant sind, sollten sie gleich in die Zukunft gedacht werden.“

Bis 2020 fördert das Bundesverkehrsministerium den Aufbau von mindestens 15.000 Ladestationen mit 300 Mio. €.

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